Dach- und Fassadenbegrünung gegen Klimawandel

Großer Bedarf an Informationen über Kosten und Pflege

Uwe Roth27. Juli 2022
Dächer und Fassaden sind gute Pflanzflächen. Kommunen bieten Anreize, um so Grün in ihre hitzegeplagten Innenstädte zu bekommen. Doch Eigentümer bleiben zögerlich. Der Bundesverband GebäudeGrün steuert mit einer Aktionswoche im September dagegen.

Begrünte Flachdächer sind kein ungewöhnlicher Anblick. Doch die Pflanzen vegetieren oftmals vor sich hin. Professionelle Pflege kostet. Wenn Regen ausbleibt, richten Dachstauden, Kräuter und Gräser wenig gegen Trockenheit aus. Dabei sind die Vorteile einer gut gepflegten Dachbegrünung unbestritten: Sie filtert CO2 und Feinstaub aus der Luft, speichert Wasser und dämmt gegen Hitze und Lärm. „Viele fürchten die Pflegekosten und dass die Pflanzen Schäden anrichten könnten“, weiß Gunter Mann, Präsident des Bundesverbands GebäudeGrün e.V. (BuGG) in Berlin.

Noch größer sei das Misstrauen gegenüber einer Begrünung von Fassaden, sagt der Experte, der sich seit einem viertel Jahrhundert wissenschaftlich mit dem Thema beschäftigt. Eine Befürchtung – neben der Kostenfrage sowie möglicher Schäden – sei, dass das Gebäude zu einem großflächigen Insektenhotel werden könnte. Der BuGG-Präsident kennt die Argumente zu genüge. „Wenn wir den Klimawandel ernstnehmen und mehr Grün in der Stadt haben wollen, dann müssen wir die Natur akzeptieren, so wie sie ist.“ Ein Beitrag gegen das Insektensterben sei doch ebenso willkommen.

Europas größte senkrechte Grünanlage in Düsseldorf

Eine begrünte Fassade erregt Aufmerksamkeit, weil es sie selten gibt. In Düsseldorf gedeiht mitten in der Stadt Europas größte nichtbegehbare Grünanlage. Am Gebäudekomplex „Kö-Bogen 2“ wurzeln 30.000 Bäumchen. Aneinandergereiht sind dies acht Kilometer Hainbuchenhecken. Schöpfer ist kein Landschaftsarchitekt, sondern der international renommierte Architekt Christoph Ingenhoven, der in seiner Heimatstadt dieses Vorzeigeprojekt realisiert hat. Damit hat er in anderen Städten bereits Neugierde geweckt: In Stuttgart lässt Ingenhoven ein Gebäude der neuen Calwer Passage mit 41 verschiedenen Pflanzensorten in mehr als 2.000 Kübeln bestücken.

Aber es geht auch einige Nummer kleiner. Laut BuGG kosten bodengebundene Fassadenbegrünungen (mit Kletterhilfe) je nach Aufbau und Größe etwa 100 bis 300 Euro pro Quadratmeter. Wandgebundene Begrünungen sind in Herstellung und Unterhaltung erheblich aufwendiger und von der Kostenseite mit den vorgehängten und hinterlüfteten Naturstein-Fassaden vergleichbar. Die Herstellungskosten beginnen etwa ab 400 Euro und können bis über 1.000 Euro je Quadratmeter gehen (weitere Informationen zur Fassadenbegrünung).

Kommunen geben Finanzierungshilfen

Viele Kommunen geben inzwischen Finanzierungshilfen: In Dortmund können seit Juli Gebäude-Eigentümer*innen Förderanträge für die Begrünung von Dächern und Fassaden stellen. 650.000 Euro stellt die Stadt bereit, um solche Vorhaben zu unterstützen. Die Stadt Ulm fördert ebenfalls die Fassadenbegrünung. Pro Objekt werden 80 Prozent der Kosten übernommen. Die Förderobergrenze beträgt 1500 Euro. Weitere Beispiele sind laut foerderungsportal.de Hannover, München, Hamburg, Halle (Saale), Steinhagen, Neuss, Siegen und Wesel.

„Der Gebäudebegrünungsmarkt wächst weiter“, bilanziert Gunter Mann. Doch richtig zufrieden ist er mit dem Wachstum nicht. „Auch wenn 2020 deutlich mehr begrünt wurde als 2019, so blieb der Anteil der Dachbegrünung an neu entstandener Flachdachfläche mit etwa acht Prozent gleich gering.“ GebäudeGrün hat in einer Umfrage bei verschiedenen Zielgruppen abgefragt, warum nicht mehr Dach- und Fassadenbegrünungen umgesetzt wurden. Dabei habe sich herausgestellt, dass tatsächlich weiterhin „die Sorgen um Herstell- und Pflegekosten, um Schäden am Gebäude und fehlendes (Fach)Wissen Hemmnisse und Hürden darstellen“.

Gesucht werden versierte Landschaftsgärtner

Aufgrund dessen plant der BuGG vom 19. bis 24. September eine bundesweit angelegte Image- und Aufklärungskampagne pro Gebäudebegrünung und Entsiegelung in Form einer Aktionswoche. Mehr Informationen zur Aktionswoche. Die Veranstaltungen sollen auch Landschaftsarchitekten. Wer sich für eine Fassadenbegrünung interessiert, kann noch lange nicht sicher sein, dass er in seiner Nähe einen Fachbetrieb findet, der die Wünsche des Gebäudebesitzers erfüllt. „Gärtner brauchen eine spezielle Fortbildung“, sagt Gunter Mann. Doch die rechne sich, ist er überzeugt. In vielen Innenstädten fehle der Platz für mehr Bodengrün. Da müsse die Kommune in die Senkrecht ausweichen.

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