Neue Studie

Grundsteuer-Vorschlag des Ifo-Instituts stößt auf Kritik

Carl-Friedrich Höck17. September 2018
Dortmunder Reihenhaussiedlung
Dortmunder Reihenhaussiedlung: Macht die Grundsteuer bald keinen Unterschied mehr zwischen Luxuswohnungen auf Filetgrundstücken und einer Siedlung am Stadtrand?
Das Ifo-Institut will die Grundsteuer vereinfachen. Der Vorschlag: Sie soll sich nur noch nach Flächen bemessen, nicht nach dem Wert der Grundstücke und Häuser. Die SPD-Bundestagsfraktion stellt sich klar dagegen. Der DStGB will den Gesetzentwurf der Bundesregierung abwarten und dann bewerten.

Überraschend ist das Ergebnis nicht, zu dem die Grundsteuer-Studie des Ifo-Instituts gekommen ist. In Auftrag gegeben wurde sie von dem Eigentümerverband „Haus & Grund“ sowie dem Zentralen Immobilien-Ausschuss e.V. (ZIA). Die fordern seit längerem, die Grundsteuer nur nach Flächen zu bemessen. Und so kommt auch die am Montag vorgestellte Ifo-Studie zu dem Schluss: „Aus finanzwissenschaftlicher Perspektive sprechen die besseren Argumente für eine Grundsteuer, die auf Grundstücks- und Gebäudeflächen basiert.“

Die Quadratmeterzahl entscheidet

Das bedeutet: Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer soll in Zukunft nicht mehr der Wert des Grundstückes oder des Gebäudes sein. Stattdessen sollen nur noch die Fläche des Grundstücks sowie die Wohn- und Nutzfläche der darauf stehenden Gebäude in die Berechnung einfließen. Auf den so ermittelten Wert könnten die Kommunen dann weiterhin den Hebesatz anwenden, über deren Höhe sie selbst entscheiden. So jedenfalls schlägt es das Ifo-Institut vor.

Dass die Grundsteuer reformiert werden muss, ist unstrittig. Die derzeitige Berechnungsmethode wurde im April vom Bundesverfassungsgericht für rechtswidrig erklärt. Denn sie basiert auf Grundstückswerten, die vor vielen Jahrzehnten ermittelt wurden und heute teils willkürlich anmuten. Bis zum Jahr 2025 muss nun eine neue Berechnungsgrundlage angewandt werden. Für die Städte und Gemeinden geht es um viel Geld: Rund 14 Milliarden Euro spült ihnen die Grundsteuer jedes Jahr in die Kassen.

Die Zeit für eine Grundsteuer-Reform drängt

Finanzminister Olaf Scholz will bis Ende des Jahres Eckpunkte für eine Reform vorlegen. Eine Mehrheit der Bundesländer unterstützt ein Konzept, nach dem die 35 Millionen Grundstücke und Gebäude bis 2022 neu bewertet werden sollen. Ist das Grundstück bebaut, fließt nach diesem Konzept auch der Wert des Gebäudes in die Berechnung ein. Eine entsprechende Gesetzesinitiative hat der Bundesrat im November 2016 beschlossen. Auch die kommunalen Spitzenverbände stellten sich zunächst hinter den Entwurf.

Dem Ifo-Institut und seinen Auftraggebern ist das zu umständlich. Neue Verkehrswerte zu ermitteln „ist mit einem erheblichen Aufwand verbunden, der sich angesichts des relativ geringen Grundsteueraufkommens (…) kaum rechtfertigen ließe“, wendet Ifo-Präsident Clemens Fuest ein. Und Kai Warnecke, Präsident von Haus & Grund, meint: „Das Flächenmodell ist gerecht, denn wer mehr Flächen bewohnt, zahlt mehr.“

Luxusappartement oder Doppelhaushälfte

Genau das sehen jedoch viele anders. Etwa Bernhard Daldrup, der kommunal- und baupolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. „Käme es zu einem reinen Flächenmodell bei der Grundsteuer, wie auf der Basis des Ifo-Gutachtens von Haus & Grund und ZIA vorgeschlagen, würde das faktisch dazu führen, dass ein Luxusappartement am Berliner Gendarmenmarkt so gering besteuert wird wie eine gleichgroße Doppelhaushälfte am Stadtrand.“ Das passiere nämlich, wenn man den Wertbezug der Grundsteuer völlig abschaffe, „und das wäre ungerecht“. Für die SPD-Bundestagsfraktion sei ein solches Flächenmodell nicht zustimmungsfähig. Daldrup glaubt deshalb auch nicht, dass das Bundesfinanzministerium so etwas vorschlagen wird. „Wir wollen eine gerechte Steuer, darum muss der Wertbezug erhalten bleiben.“

Der Diskurs wird zuweilen quer durch die Parteilinien geführt. Ein Beispiel: Als Hamburger Bürgermeister hatte sich der Sozialdemokrat Olaf Scholz (SPD) noch gemeinsam mit Bayern gegen die Mehrheit der Bundesländer gestemmt und ebenfalls ein Flächenmodell befürwortet. In seiner neuen Rolle als Bundesfinanzminister scheint er daran jedoch nicht mehr festzuhalten. Was Scholz Ende des Jahres als Kompromiss vorschlägt, kann also durchaus mit Spannung erwartet werden.

Die Arbeitsgruppe Finanzen der SPD-Bundestagsfraktion hat sich bereits auf einige Grundsätze verständigt: Das derzeitige Aufkommen soll für die Kommunen erhalten bleiben. Die Bemessungsgrundlage soll weiterhin bundeseinheitlich geregelt sein. Erhalten bleiben soll auch das kommunale Hebesatzrecht. Und: Die Grundsteuer soll weiterhin sowohl Grund und Boden als auch die wirtschaftliche Nutzung, also den Wert der Gebäude, berücksichtigen.

DStGB fordert aufkommensneutrale Grundsteuerreform

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) hält sich derweil mit Vorschlägen zurück. Man habe nun 20 Jahre lang neue Modelle debattiert, merkt der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Uwe Zimmermann an. Jetzt brauche man einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, und den werde man dann bewerten. Die neue Grundsteuer müsse auf jeden Fall aufkommensneutral sein, also „nicht mehr und nicht weniger“ als 14 Milliarden Euro erbringen – wie bisher auch.

Das vom Ifo-Institut präferierte Modell sieht Zimmermann skeptisch. „Bei der Berechnung gibt es ziemlich viele Unbekannte“, sagt er und verweist auf Steuermesszahlen und Hebesätze. Doch auch den Gesetzentwurf des Bundesrates von 2016 hält Zimmermann für überholt. Denn die Länder waren von einem Einführungszeitraum von zehn Jahren ausgegangen. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts muss die neue Berechnungsgrundlage aber schon 2025 angewandt werden. „Ein Einführungszeitraum von zehn Jahren steht auf keinen Fall mehr zur Verfügung”, betont Zimmermann.

Zur Ifo-Studie:
www.cesifo-group.de (PDF am unteren Ende der Seite)

Berechnung der Grundsteuer

Derzeit erfolgt die Berechnung der Grundsteuer in drei Schritten.

Zunächst wird der Wert des Grundstücks bestimmt. In Westdeutschland liegen der Berechnung Einheitswerte von 1964 zugrunde, in Ostdeutschland stammen die Einheitswerte sogar von 1935. Dieser Wert wird mit einer Steuermesszahl - je nach Art der Bebauung  - multipliziert. Im dritten Schritt wird dieser Betrag nun mit einem Hebesatz multipliziert, den die örtliche Kommune festlegt. Die Hebesätze unterscheiden sich stark und stiegen in letzter Zeit deutlich an.

Eigentlich wollte der Bund die Einheitswerte alle sechs Jahre aktualisieren. Weil dies zu aufwändig schien, wurde darauf jedoch verzichtet. Je nach Lage des Grundstücks konnte sich der Wert in den nachfolgenden Jahrzehnten so ganz unterschiedlich entwickeln, etwa wenn das eine Dorf ländlich blieb und das andere in die Stadt eingemeindet wurde, weshalb dann die Grundstückpreise explodierten. Bei der Grundsteuer konnte das aber nicht berücksichtigt werden. Selbst Neubauten wurde so bewertet, als wären sie 1964 bzw 1935 erstellt worden.

Für diese Verzerrung gab es keine Rechtfertigung, so die Richter des Bundesverfassungsgerichts. Sie verstieß gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes.

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