Neues Berechnungsmodell

Was die Grundsteuerreform für Hausbesitzer bedeutet

Karin Billanitsch30. Oktober 2019
Ob durch die Reform die Grundsteuer für Hausbesitzer teurer wird, legen die Kommunen mit den Hebesätzen fest.
Die Grundsteuer ist ist eine der wichtigsten Geldquellen für die Gemeinden, Städte und Landkreise. Nun soll sie reformiert werden. Die SPD hat sich mit dem wertorientierten Modell durchgesetzt.

Nach einem langen Ringen hat sich der Bundestag auf eine Reform der Grundsteuer geeinigt. Es waren zähe Verhandlungen, denn für die Änderungen brauchte die Regierungskoalition aus SPD und CDU auch Stimmen aus der Opposition. Dass der Bund die Grundsteuer neu regeln muss, ist die Folge eines Urteils des Bundesverfassungsgerichtes im April 2018: Die obersten Verfassungsrichter erklärten die Grundsteuer für verfassungswidrig. Die Berechnung verstoße gegen den Gleichheitssatz des Grundgesetzes. Die seit Jahrzehnten veralteten Grundstückswerte dürfen nur noch übergangsweise – höchstens bis zum Jahresende 2024 – verwendet werden.

Die Grundsteuer wird bislang in drei Schritten berechnet: Zunächst wird der Wert des Grundstücks bestimmt. In Westdeutschland liegen der Berechnung Einheitswerte von 1964 zugrunde, in Ostdeutschland stammen die Einheitswerte sogar von 1935. Dieser Wert wird mit einer Steuermesszahl – je nach Art der Bebauung – multipliziert. Im dritten Schritt wird dieser Betrag nun mit einem Hebesatz multipliziert, den die örtliche Kommune festlegt. Das Problem: Je nach Lage des Grundstücks konnte sich der Wert in den nachfolgenden Jahrzehnten so ganz unterschiedlich entwickeln, etwa wenn das eine Dorf ländlich blieb und das andere in die Stadt eingemeindet wurde, weshalb dann die Grundstückpreise explodierten. Bei der Grundsteuer konnte das aber nicht berücksichtigt werden. Für solche Verzerrungen gebe es keine Rechtfertigung, so die Richter des Bundesverfassungsgerichts.

Hartes Ringen um Details der Reform

Es sollte also ein neues Bewertungsmodell gefunden werden, um dessen Ausgestaltung politisch hart gerungen wurde. Federführend war dabei das Bundesfinanzministerium unter Minister Olaf Scholz (SPD). Dabei hat die SPD sich mit einem wertabhängigen Modell durchgesetzt: Wichtig sind der Wert des Bodens (Bodenrichtwert) und eine statistisch ermittelte Nettokaltmiete. Auch die Fläche des Grundstücks, die Immobilienart und deren Alter sollen eine Rolle spielen. Die Steuermesszahl soll gesenkt werden. Immobilien des sozialen Wohnungsbaus, kommunale sowie gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaften und Wohnungsgenossenschaften sollen unter bestimmten Voraussetzungen durch einen zusätzlichen Abschlag auf die Steuermesszahl begünstigt werden.

Das heißt, dass bei gleicher Fläche der Villenbesitzer in einer teuren Lage mehr Grundsteuer zahlen muss als der Hausbesitzer in einer schlechteren Randlage, erläutert die SPD-Fraktion in einer Mitteilung. Das sei gerecht und trage den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts Rechnung, hieß es.

Verhandlungen mit der Opposition

Bis zuletzt war mit der Opposition verhandelt worden, weil das Grundgesetz geändert werden musste und dafür eine Zweidrittelmehrheit nötig war, unter anderem wegen einer eigenen Regelung für die Bundesländer.  „Das war Gegenstand von zusätzlichen Beratungen mit Grünen und FDP“, bestätigte der SPD-Abgeordnete Bernhard Daldrup. Die FDP befürchtete ein „Bürokratiemonster“ und wollte dem entgegenwirken. „Es ging ihr darum, dass der Steuerzahler quasi zwei Steuererklärungen abgeben müsste, nämlich eine nach dem Flächenmodell – falls es denn so etwas gibt, das wissen wir ja noch gar nicht – und eine nach dem Bundesmodell“, so Daldrup. Die FDP habe damit aber „etwas in die Welt gesetzt, dass niemand zu dem Zeitpunkt beabsichtigt habe, um das dann abzuräumen“. Das sei durch sprachliche Klarstellungen verdeutlicht worden.

Bernhard Daldrup, Kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion

Der zweite Punkt, der eine Rolle spielte, sei die Grundsteuer C gewesen, so Daldrup weiter. Die SPD hat nach seinen Worten dafür gesorgt, dass die geplante Grundsteuer C für baureife, aber noch unbebaute Grundstücke nicht nur auf Kommunen anwendbar ist, die einen gespannten Wohnungsmarkt haben, sondern dass es ein allgemeines Instrument der Stadtentwicklungspolitik wird.

Öffnungsklausel: „Kleinstaaterei statt Föderalismus“

Die „Öffnungsklausel“ für die Bundesländer war auf Drängen von Bayern eigeführt worden, die einen Sonderweg mit einer reinen Flächensteuer gehen wollen. Ob andere Bundesländer vom Bundesmodell abweichen wollen und damit ein deutschlandweiter Flickenteppich droht, „das wissen wir nicht ganz genau“, merkt Daldrup an. „Auch von Bayern wissen wir zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr als die Drohung“, so Daldrup. Ob andere Länder einen Sonderweg gehen werden, sei derzeit völlig unbekannt.

Daldrup sieht die Regelung kritisch: „Es ist keine Ausprägung von Föderalismus, sondern von Kleinstaaterei. Das wollen wir eigentlich nicht.“ Jeder, der in Zukunft zwei Grundstücke in zwei verschiedenen Bundesländern hat, muss damit rechnen, jeweils auf unterschiedliche Weise zur Grundsteuer herangezogen zu werden. Mit Blick auf die Unternehmen sei das keineswegs wirtschaftsfreundlich, sondern eher wirtschaftsbehindernd.

Kommunen entscheiden über Höhe der Grundsteuer

Was bedeutet nun die Grundsteuerreform für Eigentümer und Mieter? „Es wird fraglos Verschiebungen geben“, stellt Daldrup klar. Das Bundesverfassungsgericht hat festgestellt, dass die bisherige Regelung gegen den Gleichheitsgrundsatz verletzt – dieses Gebot der Gleichbehandlung soll durch die Grundsteuerreform wiederhergestellt werden. Dabei soll – so lautet das politische Versprechen – allerdings das Gesamtaufkommen durch die Grundsteuer bei rund 15 Milliarden Euro stabil bleiben: Dafür müssten die Kommunen mitziehen und ihre Hebesätze im Gegenzug senken. Dass eine Kommune das nicht tut, das könne passieren, räumt Daldrup ein. „Es ist eine Frage der kommunalen Selbstverwaltung“, verdeutlicht Daldrup. „Wir als Sozialdemokraten sind stolz darauf, dass wir die kommunale Selbstverwaltung haben und respektieren.“ Daran, dass der Reform noch etwas im Weg steht – die Entscheidung des Bundesrates steht ja noch aus – glaubt Daldrup nicht. „Ich bin davon überzeugt, dass wir eine verfassungskonforme Lösung gefunden haben.“