Im Kampf gegen die Pandemie

Halbzeitbilanz im Lockdown: Eindringliche Appelle und neuer Termin

Benedikt Dittrich17. November 2020
Die Ministerpräsident*innen der Länder und die Bundesregierung verzichteten am Montag auf weitreichende Verschärfungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie.
Die Ministerpräsident*innen der Länder und die Bundesregierung verzichteten am Montag auf weitreichende Verschärfungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Stattdessen gab es vor allem eindringliche Appelle – und einen neuen Termin.

Die Ministerpräsident*innen der Länder und die Bundesregierung verzichteten am Montag auf weitreichende Verschärfungen im Kampf gegen die Corona-Pandemie. Stattdessen gab es vor allem eindringliche Appelle – und einen neuen Termin.

Inmitten des zweiten Lockdowns haben die Bundeskanzlerin und die Ministerpräsident*innen eine erste Bilanz gezogen. Weitreichende Verschärfungen im Kampf gegen das Coronavirus wurden noch nicht beschlossen. Stattdessen: Eindringliche Appelle an die Bevölkerung, weiterhin Kontakte einzuschränken.

Keine Regeln, nur Appelle

Am Montagvormittag war noch die Rede von einer Vielzahl von neuen Verschärfungen, neuer Regeln für den Schulbetrieb und vieles mehr. Nach den Diskussionen zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und den Ministerpräsident*innen war davon hingegen nicht mehr viel übrig. Stattdessen appellierten Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie die Vertreter der Ministerpräsidentenkonferenz, Michael Müller und Markus Söder, eindringlich, Kontakte weiter zu beschränken. Dabei demonstrierten sie zwar Einigkeit im Vorgehen, neue Regeln sollen aber erst kommende Woche beschlossen werden. Ein neues Treffen ist für Mittwoch, den 25. November anberaumt.

Im Vorfeld gab es von verschiedenen Ministerpräsident*innen Kritik daran, dass eine Beschlussvorlage zuvor in den Medien kursierte. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig, gehörte zu diesen Kritiker*innen. Die Sozialdemokratin monierte, dass das Vorgehen des Kanzleramts zu Verunsicherung in der Bevölkerung führe und geplante Verschärfungen im Schulbetrieb unverhältnismäßig seien.

Mehr Zeit für Beratungen

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hatte im Vorfeld empfohlen, über weitere Beschlüsse erst kommende Woche zu entscheiden – eine Empfehlung, auf die sich die Ministerpräsident*innen offenbar am Abend einigen konnten. Hintergrund ist offenbar die Forderung, mehr Zeit für Beratungen in den Länder über Beschlussvorlagen zu haben, ließ Müller am Montagabend durchblicken. Das war dieses Mal offenbar nicht der Fall. „Wir müssen uns zwischen den 16 Ländern auch noch beraten können", so Müller. Man wolle wieder dahin zurückkehren, früh genug einen gemeinsamen Entwurf zu entwickeln. Malu Dreyer, Ministerpräsidentin in Rheinland-Pfalz, erklärte in ihrer Ansprache im Anschluss, dass man außerdem das Infektionsgeschehen noch weiter beobachten wolle.

Nächstes Treffen am 25. November

Am 25. November soll nun darüber entschieden werden, wie es nach dem November weitergeht. „Wir wollen Planbarkeit geben", so die Bundeskanzlerin. Sie lobte darüber hinaus die Bemühungen in der Bevölkerung, die Infektionszahlen zu senken, aber erinnerte noch einmal daran: „Jeder Kontakt der nicht stattfindet ist gut für die Bekämpfung der Pandemie.“ Ziel sei weiterhin, die Neuinfektionen wieder auf 50 pro 100.000 Einwohner*innen in Deutschland zu senken, um die schnelle Kontaktnachverfolgung durch die Gesundheitsämter zu ermöglichen.

Für Hotspots, also Regionen in denen die Infektionszahlen besonders hoch sind, seien die gemeinsamen Maßnahmen aber womöglich noch nicht ausreichend. Eine dieser Hotspots ist die Bundeshauptstadt Berlin. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller berichtete von erstmals bis zu 1000 Patient*innen in Berlin, die gerade zeitgleich in Krankenhäusern behandelt würden. „Wir können das bewältigen, aber es wird schwieriger", so der SPD-Mann, „und diese Situation müssen wir in den kommenden Wochen und Monaten entschärfen.“

Die neuen Appelle im Überblick

Kontaktbeschränkungen: Damit Infektionen sich nicht weiterverbreiten, sollen private Kontakte weiter eingeschränkt werden. Private Zusammenkünfte sollen sich nur noch auf zwei Haushalte beschränken, die nicht wechseln sollen. Das schließe auch Kinder und Jugendliche ein, heißt es in dem Papier. Private Feiern werden als „inakzeptabel" bezeichnet, außerdem soll auf alle nicht absolut notwendige Reisen verzichtet werden.

Prävention: Während Labore und Gesundheitsämter bei den Corona-Teste und der Kontaktverfolgung vielerorts nicht mehr hinterherkommen, appellieren die Ministerpräsident*innen und Kanzlerin Merkel an die Eigenverantwortung: Wer Erkältungssymptome habe, solle sich im Zweifel von sich aus in Quarantäne begeben - nach telefonischer Rücksprache mit den Hausärzt*innen. Außerdem sollen besonders gefährdete Personengruppen vorsorglich mit „FFP2“-Masken versorgt werden. Diese Masken sollen effektiver als die verbreiteten OP- oder selbstgenähten Masken vor der Verbreitung des Coronavirus schützen, da sie aus- und eingeamtete Luft besser filtern. FFP2-Masken werden bei der Behandlung von infektiösen Patient*innen genutzt, um medizinisches Personal zu schützen. Geplant sind 15 Masken pro Person, „eine pro Winterwoche“, heißt es im Beschluss, „gegen eine geringe Eigenbeteiligung“.

Impfen: Bis ins erste Quartal 2021 sollen alle Vorbereitungen getroffen werden, dass in Deutschland kurzfristig die geplanten Impfzentren geöffnet werden können. Voraussetzung ist ein ausreichend verfügbarer Impfstoff, den die Ministerpräsident*innen demnach für Anfang des Jahres 2021 erwarten.

Dauer des Lockdowns: Wie es im Dezember mit den Beschränkungen weitergeht, ist noch unklar. MIchael Müller betonte die Notwendigkeit eines langfristigen Konzepts für die kommenden Wintermonate, Bayerns Ministerpräsident Markus Söder blickte zwar positiv auf das Weihnachtsfest, aber pessimistisch auf Silvester. „Wir haben wenig Hoffnung, dass Ende November wieder alles gut ist.“

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach mahnte indes in einer ersten Reaktion, dass nun wertvolle Zeit verloren geht – er befürchtet, dass die Maßnahmen kommende Woche härter ausfallen könnten.

Der Artikel ist zuerst auf vorwaerts.de erschienen

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