Tourismus

Heilbronner Image blüht auf

Uwe Roth25. Juni 2019
BUGA Heilbronn
Schöner Wohnen auf einem Gartenschaugelände inmitten zahlloser Blumen: Für 700 Heilbronner ist das bereits Realität geworden.
Bei der Organisation der Bundesgartenschau 2019 macht die Heilbronn mit einem innovativen Konzept von sich reden. Rund um die Blumenschau entsteht ein neues Stadtquartier.

Schöner Wohnen auf einem Gartenschaugelände inmitten zahlloser Blumen und 1.000 junger Bäume: Für 700 Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt Heilbronn, 50 Kilometer nördlich von Stuttgart, ist das Realität geworden. Noch bis 6. Oktober müssen sie über den Sommer mit den Besucherscharen der Bundesgartenschau (BUGA) vor ihren Balkonen und Terrassen zurechtkommen. Danach haben sie ihr grünes Wohnviertel in bester Innenstadtlage weitgehend für sich. Bereits drei Wochen nach Eröffnung am 17. April waren trotz kühlen Wetters knapp 285.000 Gäste auf das 40 Hektar große Gelände am Neckar gekommen.

„Ein Experiment”

Das Ensemble aus 22 Gebäuden mit 374 Wohnungen sowie einer Jugendherberge mit 180 Betten ist auf dem ­BUGA-Gelände der erste Bauabschnitt des neuen Stadtquartiers Neckarbogen. Eine Blumenschau mit einer Bauausstellung zu kombinieren, das ist innovativ in der rund 70-jährigen Geschichte der BUGA. „Das neue Format ist durchaus ein Experiment“, sagt SPD-Oberbürgermeister Harry Mergel. „Aber es hat sich schon eines gezeigt: Es zieht die Aufmerksamkeit auf sich.“ Bislang sei die Resonanz durchweg positiv gewesen.

Heilbronn mit seinen 125.000 Einwohnerinnen und Einwohnern hat ein Imageproblem. Im Zweiten Weltkrieg ist die Kernstadt weitgehend zerstört worden. Architektonische Bausünden bis in die 1970er Jahre prägen in Teilen das Stadtbild. An Geld mangelt es der Kommune nicht. Rund 200 Millionen Euro wurden in die Gartenschau investiert. 61 Millionen Euro kamen vom Land Baden-Württemberg. Drei Viertel der Mittel gaben die Planer aus, um die Stadt dauerhaft zu verändern. Sie verlegten eine Bundesstraße, die bereits lange im Stadtbild störte, um Platz für die BUGA zu schaffen.

Imagewandel

„Heilbronn war bisher als wenig attraktiv verkannt“, findet der OB. Nun mache die Stadt „von sich reden als ­innovativ, mutig und zukunftsfähig“. Der Imagewandel habe die Bürgerinnen und Bürger und den Gemeinderat erreicht: „In der Stadtgesellschaft ist eine Veränderung eingetreten. Die Heilbronner sind wieder stolz auf ihre Stadt.“ Eine ausgewiesene Touristenstadt werde Heilbronn durch die BUGA zwar nicht, weiß Mergel. Die Gäste sollen aber den Eindruck mit nach Hause nehmen: „Heilbronn ist eine klasse Stadt. Wiederkommen lohnt sich.“

Am Ende sollen im Stadtquartier Neckarbogen 3.500 Menschen wohnen. Trotz der 1A-Lage gibt es günstige Wohnungen. Gebaut werden sie vom kommunalen Unternehmen Stadtsiedlung. „Es hat sich dazu verpflichtet, ungefähr die Hälfte seiner Wohnungen als geförderte Wohnungen anzubieten.“ Im Frühjahr 2018 habe der Gemeinderat einen „Baulandpolitischen Beschluss“ gefasst. Demnach werden bei jeder Aufstellung eines Bebauungsplanes mit mehr als zwölf Wohneinheiten Vorgaben für den Anteil geförderter Wohnungen festgelegt.

Auch Schwerin profitierte von BUGA

Wie nachhaltig positiv eine BUGA wirkt, darüber kann in Heilbronn nur spekuliert werden. In Schwerin hingegen zieht man zehn Jahre danach eine positive Bilanz. „Die BUGA 2009 war nicht nur ein Besuchermagnet, sondern auch ein finanzieller Erfolg“, teilt eine Sprecherin von Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) mit. 1,83 ­Millionen Menschen besuchten die Schau. 320.000 davon waren Busreisende. Der erwirtschaftete Überschuss habe bei fünf Millionen Euro gelegen. Der reine Überschuss betrug vier Millionen Euro. Davon seien 1,5 Millionen Euro in eine Bürgerstiftung geflossen, die Projekte in Sport, Kultur, Bildung und der Jugendarbeit unterstütze.

Es wurden nach ihren Angaben mehr als 47 Millionen Euro in die Schau investiert. In Schwerin (rund 100.000 Einwohner) und dem Umland seien Investitionen von 350 Millionen Euro ausgelöst worden. Die Gästezahl sei in der Hauptstadt von Mecklenburg-Vorpommern um rund 50 Prozent angewachsen. OB Badenschier stellt fest: „Die BUGA war das größte Stadtentwicklungsvorhaben in der Geschichte der Landeshauptstadt.“ Mit ihr seien viele Investitionen in Angriff genommen worden, die ohne sie nicht so schnell möglich gewesen wären. „Wir haben die Lebensqualität in der Stadt durch die BUGA schon jetzt nachhaltig gesteigert.“ Schwerin nutze das Großereignis konsequent als Instrument der Stadtentwicklung und darüber hinaus der Wirtschafts- und Tourismusförderung.

Dass eine solche Großveranstaltung, die eine jahrelange Vorbereitung und kommunalpolitische Beschlüsse benötigt und manchmal die Geduld der Bürgerinnen und Bürger strapaziert, die Stadtgesellschaft positiv verändert, betätigt der Schweriner Oberbürgermeister: „Ein ­neues Wir-Gefühl ist entstanden: Die Schweriner haben ihre Sache als Gast­geber und Multiplikatoren gut gemacht.“ Sie hätten Gäste geworben und an den Erfolg geglaubt. Voller Stolz seien „sie selbst zu den besten Botschaftern ihrer Stadt geworden“.­