Stadtreinigung und Sauberkeit

Hersteller sollen für Abfall mitzahlen

Karin Billanitsch21. August 2020
Überfüllter öffentlicher Abfallkorb und Müll auf dem Boden: Die Kosten für die Beseitigung von immer mehr Plastik-Einweg-Verpackungen trägt die Allgemeinheit.
Zigarettenkippen, Kaffee-To-Go-Becher oder Plastikverpackungen verunreinigen Parks, Straßen und Plätze. Die Reinigung kostet die Kommunen jedes Jahr rund 700 Millionen Euro. Bundesumweltministerin Svenja Schulze will die Hersteller mit in die Verantwortung nehmen.

Die Städte, Landkreise und Gemeinden in Deutschland zahlen jährlich rund 700 Millionen Euro, um Parks und Straßen von Zigarettenkippen, To-Go-Bechern und anderen Einwegplastik-Produkten zu reinigen sowie öffentliche Abfallbehälter zu leeren und die Abfälle zu entsorgen. Das ist das Ergebnis einer Studie des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), die Bundesumweltministerin Svenja Schulze und VKU-Präsident Michael Ebling in Berlin vorstellten.

8,30 Euro pro Jahr und Einwohner

„Für jeden Bürger sind das pro Jahr 140 Liter Straßenmüll, das ist eine Badewanne voll. Für jeden Einwohner entstehen Kosten von 8,30 Euro“ macht Schulze die Dimensionen deutlich. Davon entfallen allein auf die Entsorgung von Zigarettenkippen rund 225 Millionen Euro, zitiert Schulze aus der VKU-Studie, die Infratest durchgeführt hat. Für die Entsorgung von To-go-Bechern aus Plastik fallen demnach rund 120 Millionen Euro pro Jahr an.

Svenja Schulze betonte, es sei „nur gerecht, wenn wir künftig die Kosten anders verteilen, die Bürger entlasten und im Gegenzug die Einwegplastik-Hersteller zur Kasse bitten. Neben mehr Kostengerechtigkeit sollte aber auch ein Plus für die Umwelt dabei herauskommen.“

Schulze: Neues System bedeutet Paradigmenwechsel“

Sie umreißt in Grundzügen ihr Vorhaben: Die Hersteller als Verursacher sollen an den Kosten der Entsorgung von Straßenkehricht und der Leerung von Straßenabfallkörben stärker beteiligt werden, etwa die Hersteller von Plastikverpackungen oder die Tabakindustrie. „Das ist ein Paradigmenwechsel“, betonte die Umweltministerin.

Michael Ebling, VKU-Präsident und Oberbürgermeister von Mainz, verdeutlichte den Hintergrund: „Die Ergebnisse verdeutlichen das Ausmaß der Mengen an Plastikabfällen, die im öffentlichen Raum anfallen.“ Die Studie „Ermittlung von Mengenanteilen und Kosten für die Sammlung und Entsorgung von Einwegkunststoffprodukten im öffentlichen Raum“ wurde mit Blick auf die Kunststoffrichtlinie erstellt, die die EU im Mai 2019 verabschiedet hat und bis Juni 2021 in nationales Recht umgesetzt werden muss. Die EU-Richtlinie ermöglicht erstmals, Hersteller mit in die Verantwortung zu nehmen.

Studie liefert Gesprächsgrundlage

Dank der Studie wisse man nun auch, dass die in der EU-Kunststoffrichtlinie definierten Einwegkunststoffe einen signifikanten Anteil an der Gesamtabfallmenge ausmachten, sagte Ebling. Auf dieser Grundlage könne man nun mit den Herstellern ins Gespräch kommen könne, führte die Ministerin weiter aus: „Wir müssen festlegen, wie nehmen wir das Geld ein, wie verteilen wir es wieder?“

Die gesetzliche Grundlage für dieses neuen System muss noch durch den Bundestag gehen.

Städtetag begrüßt Studie

Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, begrüßte die Studie: „Finanziert wird die Stadtreinigung durch die Allgemeinheit. Deshalb ist es gut, dass nun konkrete Zahlen zur Menge des Abfalls und den Entsorgungskosten vorliegen.“ Auf dieser Grundlage müssten politisch die Weichen gestellt werden, damit sich die Hersteller an den Entsorgungskosten des Verpackungsmülls beteiligten. Dedy: „Nach dem Grundsatz: Wer bestimmte Einweg-Produkte und To-Go-Becher herstellt und daran verdient, muss auch die Folgen bezahlen.“ Dabei müsse sichergestellt werden, dass dieses Geld vor Ort bei den Kommunen und ihren Entsorgungsbetrieben ankomm

Stärkung der Kommunen

Wie Svenja Schulze anmerkte, werde ein Teil des Einwegplastiks ohnehin bereits im nächsten Sommer aus den Parks verschwinden: „Dann tritt das Verbot von Plastiktellern und -besteck, Strohhalmen und Styroporbechern in Kraft.“

Schulze beabsichtigt eine Stärkung der Kommunen mit dem Geld: „Ich bin dafür, dass das neue System die Kommunen auch dabei unterstützt, mehr Reinigungspersonal einzustellen, neue Kehrmaschinen anzuschaffen oder zusätzliche Papierkörbe und Aschenbecher aufzustellen.“ Ebling forderte die Festlegung einer klaren mehrjährigen Finanzierung. Das Geld soll auch in mehr Aufklärung der Bürger fließen.

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