Geflüchtete

Integrationskosten: Länder und Kommunen wehren sich gegen Kürzungen

Carl-Friedrich Höck22. März 2019
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher, SPD: „Wir sind an einer gemeinsamen Lösung mit der Bundesregierung interessiert“. (Archivbild von einem CDU-Parteitag in Hamburg im Dezember 2018)
Damit Kommunen Geflüchtete unterbringen und integrieren können, unterstützt der Bund sie mit fast fünf Milliarden Euro pro Jahr. Künftig soll es deutlich weniger sein. Länder und Kommunen kritisieren das als inakzeptabel.

Einhellig haben sich die Ministerpräsidenten am Donnerstag gegen Pläne des Bundes ausgesprochen, die Finanzhilfen für flüchtlingsbezogene Kosten zusammenzustreichen. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz Peter Tschentscher (SPD) kündigte an, dass die Länderchefs sich deswegen noch einmal mit dem Bundesfinanzminister und gegebenenfalls auch mit der Bundeskanzlerin zusammensetzen wollen. „Wir sind an einer gemeinsamen Lösung mit der Bundesregierung interessiert“, sagte Tschentscher.

Künftig nur 1,3 statt 4,7 Milliarden vom Bund?

Im laufenden Jahr beteiligt sich der Bund mit 4,7 Milliarden Euro an den Kosten, die den Kommunen bei der Aufnahme und Integration von Geflüchteten entstehen. So übernimmt der Bund etwa die Wohnkosten anerkannter Geflüchteter – sofern diese noch kein ausreichendes Einkommen haben –, zahlt für sie eine Integrationspauschale und unterstützt Länder und Kommunen auch mit einem Pauschalbetrag für Asylbewerber im laufenden Verfahren.

Wenn der aktuelle Haushaltsentwurf umgesetzt wird, würde der Bund seine Zuschüsse bis zum Jahr 2022 auf 1,3 Milliarden Euro reduzieren. So rechnen es zumindest die Länder vor. Denn ab dem kommenden Jahr will der Bund für die Integrationsausgaben eine Gesamtpauschale zahlen. Für jeden Asylbewerber würde er dann über fünf Jahre verteilt 16.000 Euro bereitstellen, beginnend mit dem Zeitpunkt der Anerkennung. Für geduldete und ausreisepflichtige Menschen gäbe es dann gar kein Geld mehr. Aus Sicht des Landkreistages unverständlich: „Nicht anerkannte Flüchtlinge verbeiben in vielen Fällen in Deutschland“, wendet dessen Präsident Reinhard Sager ein. Die Kommunen müssten sich auch um diese Menschen kümmern und ihre Existenz finanziell absichern.

Städtetag: Integration ist Daueraufgabe

Ähnlich äußert sich der Deutsche Städtetag. Die Kürzungspläne seien „völlig inakzeptabel“, schimpft Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy in einem Interview mit der Passauer Neuen Presse. „Wir haben drei Migranten-Gruppen, für die wir Aufwendungen haben: Asylbewerber, deren Verfahren noch läuft. Da geht es um Verpflegung und Unterkunft. Bei anerkannten Asylbewerbern geht es um Kita, Schulen und Wohnen. Und es gibt eine dritte Gruppe, für die 180 000 Geduldeten kommen die Kommunen auch auf.“ Auch diesem Bedarf müsse der Bund Rechnung tragen. Integration sei eine Daueraufgabe. „Da kann man nicht einfach mit dem Rotstift rangehen“, so Dedy.

Zwar ist die Zahl der neu nach Deutschland kommenden Asylbewerber deutlich zurückgegangen. Im vergangenen Jahr wurden 185.853 Asylanträge gestellt. Doch die Kommunen betonen, dass es oft viele Jahre dauert, bis die Menschen selbst für ihren Lebensunterhalt aufkommen können. Weshalb „die Zahl derer, für die die Kommunen über die Jobcenter die Mieten zu zahlen haben, auch bei moderatem Flüchtlingszuzug ansteigt“, wie Landkreistag-Präsident Sager betont. Selbst Geflüchtete mit einem Job seien oft im Niedriglohnsektor beschäftigt und bekämen ergänzende Leistungen des Jobcenters.

Wie ein Kompromiss zwischen Bund und Ländern genau aussehen könnte, blieb am Donnerstag zunächst offen. Tschentscher forderte im Namen der Länder, dass die bisher gezahlten 1,8 Milliarden Euro für die Unterkünfte der Flüchtlinge vom Bund weiter übernommen werden – was sich auch der Städtetag wünscht. Dazu solle noch eine Integrationspauschale kommen.