Interview mit OB Lutz Trümper

„Die Intel-Ansiedelung ermöglicht Magdeburg eine neue Perspektive”

Carl-Friedrich Höck12. April 2022
Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper
Der Hardware-Gigant Intel will in Magdeburg Milliardensummen investieren. Die das Unternehmen nach Sachsen-Anhalt gelockt wurde und was das für die Stadtentwicklung bedeutet, erklärt Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) im Interview.

DEMO: Herr Trümper, der Chiphersteller Intel will in Magdeburg mehrere Fabriken bauen und 17 Milliarden Euro investieren. Was bedeutet das für die Menschen in der Region?

Lutz Trümper: Das ist eine Investition mit einem Volumen, das bis vor Kurzem für uns unvorstellbar war. Die Summe entspricht dem Vierfachen dessen, was Tesla in Brandenburg investiert. Für die Menschen hier bedeutet es, dass die Industrieentwicklung der Stadt Magdeburg eine ganz neue Richtung einschlägt. Wir sind eine Maschinenbaustadt und werden es auch bleiben. Aber in der Mikroelektronik oder Halbleitertechnik waren wir bisher nicht bekannt. Die Ansiedelung von Intel ermöglicht uns eine neue Zukunftsperspektive. Für die Stadtentwicklung ist das ein enormer Gewinn.

Wie ist es der Stadt gelungen, diesen Weltkonzern dorthin zu locken?

Das war nicht die Stadt allein. Wir haben eng mit dem Land zusammengearbeitet. Es gab eine Gruppe, in der das Wirtschaftsministerium und die Staatskanzlei vertreten waren, der Ministerpräsident selbst und auch meine Leute. Wir haben elf Monate lang intensiv gearbeitet und mussten sehr viele Fragen klären.

Am Anfang hat Intel viele Standorte begutachtet. Wir wussten nie, welche das waren. Aber wir waren im Rennen, haben den roten Teppich ausgelegt und alle Fragen so gut es ging beantwortet. Ausgewählt wurden wir, weil wir das beste Angebot gemacht haben und den Eindruck erweckt haben: Wir sind die Stadt, die das wirklich will und wo es keine großen Widerstände gibt. Die Lage ist natürlich auch ein entscheidender Faktor: Zwischen Berlin, Hannover, Hamburg und Leipzig entstehen viele Partnerschaften und es können viele Arbeitskräfte akquiriert werden.

Was bedeutet die Ansiedlung für die künftigen Gewerbesteuereinnahmen? Erhält die Stadt auf einen Schlag neue finanzielle Spielräume?

Das wird am Ende auch zu besseren Steuereinnahmen führen, keine Frage. Aber der Prozess dauert länger, denn am Anfang wird investiert, und wenn jemand investiert, kann er die ersten Jahre Investitionskosten abschreiben. Mittelfristig wird die Ansiedlung einen Effekt auf Kaufkraft, Lohnsteuern und natürlich auf die Gewerbesteuern haben. Das ist gut für die Stadt, sonst hätten wir auch nicht so darum gekämpft.

Sie haben es angesprochen: Es gibt bei solchen großen Ansiedlungsprojekten meistens auch kritische Stimmen. Da wird zum Beispiel gefragt: Hat die Stadt überhaupt genug Strom und Wasser für die großen Produktionsanlagen? Bereitet Ihnen das Sorgen?

Das ist in der öffentlichen Diskussion bisher noch kein großes Thema gewesen. Aber was Sie ansprechen, waren natürlich auch für uns zentrale Fragen, die wir klären mussten. Darüber wurde monatelang diskutiert, auch mit vielen Technikern, mit großen Energieversorgern und allen weiteren, die bei dem großen Konzert eine Rolle spielen. Am Ende haben wir Lösungen gefunden.

Sie sind seit 2001 Oberbürgermeister von Magdeburg, also mehr als 20 Jahre. Wie hat sich die Stadt seitdem gewandelt aus Ihrer Sicht?

Es gibt sehr viele Orte in der Stadt, die sich zum Positiven verändert haben. Das betrifft die Wohnsituation, die Sanierung der Häuser, den Zustand von Straßen, die Infrastruktur, Sporteinrichtungen und Theater. Für Industrieansiedlungen haben wir neue Flächen ausgewiesen – die Planungen dafür haben schon begonnen, bevor die Anfrage von Intel kam. Die Stadt hat sich gut entwickelt. Das ist natürlich nicht das Werk eines Oberbürgermeisters, sondern von ganz vielen Menschen, die da mitgewirkt haben.

Das Amt eines Oberbürgermeisters ist anstrengend, man hat viele Termine und selten frei. Was hat Sie motiviert, diese Arbeit mehr als zwei Jahrzehnte lang auszuüben?

Wenn alle an einem Strang ziehen, macht das richtig Spaß. Mit kreativen Ideen seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kann man Entscheidungen treffen, die die Stadt voranbringen. Ich glaube, das haben wir im Magdeburg gut hingekriegt. Ein Beispiel: Anfang der 1990er Jahre ist die Industrie hier zu großen Teilen zusammengebrochen. Wir haben viele Fördermittel eingeworben, um neue Industrie anzusiedeln. Wenn man dann sieht, was man mit seiner Arbeit zustande bringt, ist das höchst motivierend. Als Oberbürgermeister trägt man große Verantwortung, aber man kann auch viel bewegen.