KfW-Studie

Der Investitionsstau bei Schulen wächst

Carl-Friedrich Höck16. August 2018
Lehr-Skelett
Erschreckende Zahlen liefert das KfW-Kommunalpanel. Denn neben Lehrern und Skeletten für den Unterricht benötigen Schulen auch funktionsfähige Gebäude.
Obwohl die Kommunen zunehmend Geld investieren, sind immer mehr Schulgebäude marode oder noch gar nicht gebaut. Der Investitionsrückstand beträgt laut der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) fast 48 Milliarden Euro. Das sind 15 Milliarden mehr als noch vor einem Jahr.

Für die Schülerinnen und Schüler ist es eine schlechte Nachricht. Die Kommunen kommen mit dem Bau und der Sanierung der Schulgebäude nicht hinterher. Der Investitionsrückstand ist laut KfW-Kommunalpanel 2018 binnen eines Jahres um weitere 14,9 Milliarden Euro angestiegen – auf nun 47,7 Milliarden. Auch im Kitabereich ist der Investitionsstau angestiegen. Hier liegt der Rückstand laut KfW bei 7,6 Milliarden Euro, fast drei Milliarden mehr als im Vorjahr. Damit macht der Bildungsbereich nun den größten Anteil am Investitionsrückstand der Kommunen aus.

Geld ist da – aber das reicht nicht

Auf den ersten Blick überrascht diese Entwicklung. Schließlich melden die Kommunen Milliardenüberschüsse. Erst im vergangenen Jahr hat der Bund zudem ein 3,5 Milliarden Euro schweres Schulsanierungsprogramm aufgesetzt, mit dem die Infrastruktur in finanzschwachen Kommunen verbessert werden soll.

Laut KfW-Chefvolkswirt Jörg Zeuner gibt es drei Gründe, weshalb der Investitionsstau trotzdem wächst. Erstens ist der Bedarf an Gebäuden gestiegen. Die Zahl der angehenden Schüler hat zugenommen. In Deutschland leben mittlerweile 450.000 Unter-Sechsjährige mehr als noch vor acht Jahren. Hinzu kommt der flächendeckende Ausbau der Ganztagsbetreuung. Auch hierfür benötigen die Kommunen mehr Schulräume.

Teure Preise, zu wenig Personal

Zweitens wird in Deutschland derzeit viel gebaut, was die Preise nach oben treibt. „Ein Großteil der Ausgaben wird durch steigende Baupreise regelrecht aufgefressen“, resümiert Zeuner. Der dritte Grund: Angedachte Investitionsmaßnahmen werden ausgebremst, weil weder in den Kommunalverwaltungen noch in der Wirtschaft die notwendigen Kapazitäten vorhanden sind. Zum Beispiel fehlt es an Personal, das die Baumaßnahmen planen kann. „Das ist das Ergebnis einer haushaltspolitischen Prioritätensetzung der letzten Jahrzehnte, die sich nicht am Unterhalt und Ausbau der Infrastruktur orientiert hat“, kritisiert Zeuner.

Mit dem jetzigen Investitionsniveau würde der Abbau des Investitionsrückstandes bei Schulen und Kitas fast sieben Jahre dauern, rechnet die KfW vor. Dabei seien zusätzliche Bedarfe wie der Ausbau von Ganztagsschulen und der Unterhalt der bestehenden Infrastruktur noch gar nicht berücksichtigt.

Investitionsrückstand war 2017 vergleichsweise niedrig

Das KfW-Kommunalpanel beruht auf einer jährlichen repräsentativen Befragung von Kämmerern in Städten und Gemeinden. Die so ermittelten Zahlen geben wieder, welchen Investitionsrückstand die Kommunen selbst wahrnehmen. Insgesamt beträgt er laut KfW in diesem Jahr rund 159 Milliarden Euro. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr, als die Kommunen den Investitionsstau noch auf 126 Milliarden Euro bezifferten. Wiederum ein Jahr zuvor lag der von den Kommunen wahrgenommene Rückstand zehn Milliarden Euro darüber (bei 136 Milliarden Euro), die Zahlen schwanken also im Verlauf der vergangenen Jahre.

Auf den Bildungsbereich entfallen aktuell etwa 35 Prozent des kommunalen Investitionsrückstandes. Den zweitgrößten Anteil machen mit 25 Prozent die Bedarfe bei Straßen und Öffentlichem Personennahverkehr aus. Mit 15 Prozent auf dem dritten Platz liegt laut KfW-Panel die Verwaltungsinfrastruktur.

Landkreise sehen Sonderprogramme als Teil des Problems

Dabei erhöhen die Städte und Gemeinden ihre Investitionsausgaben durchaus. Laut einer Prognose der kommunalen Spitzenverbände steigen die Sachinvestitionen der Kommunen von 24,42 Milliarden Euro in 2017 auf 26,3 Milliarden in 2018. Auch für die kommenden Jahre rechnen die Städte, Gemeinden und Landkreise mit einem stetigen Wachstum der Investitionsausgaben.

Dass der Investitionsrückstand dennoch steigt, kommentiert der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages Hans-Günter Henneke folgendermaßen: „Zum Problem leisten paradoxerweise auch die Investitionsförderprogramme des Bundes einen Anteil. Denn erwartet wird von Kreisen und Städten stets, dass sie derartige Finanzspritzen von jetzt auf gleich einsetzen, eigene Vorhaben zurückstellen und dementsprechend Personal- und Planungsressourcen schaffen.” Das sei aber zu einem wesentlichen Teil kontraproduktiv. Nur der, der eine dauerhaft aufgabenadäquate Finanzausstattung habe, könne auch entsprechende vorausschauende Personalplanungen vornehmen. „Aufgrund von Investitionsprogrammen werden gerade keine Neueinstellungen vorgenommen”, glaubt Henneke.

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