Flächennutzung

Kampf für neue Flächen

Michael Kniess26. Februar 2019
Im idyllischen Weiden in der Oberpfalz gibt es einen Streit der Stadtspitze mit Naturschützern. Zankapfel ist ein neues Gewerbegebiet.
In Weiden setzen sich die Stadt und die Bürger für ein neues Gewerbegebiet ein – Naturschützer und Grüne blocken.

Für die einen sind sie ein unverzichtbarer Baustein, wenn es um die Zukunft von Stadt und Region geht. Für die anderen sind sie ein Paradebeispiel für den Flächenfraß in Bayern. Die Rede ist von rund 72 Hektar, die zum Zankapfel geworden sind. Da ist einerseits die Stadt Weiden in der Oberpfalz, die daraus ein Gewerbegebiet machen will. Da ist anderseits eine Allianz aus Bund Naturschutz und Grünen-Politikern, die genau das verhindern möchte.

Streit um Staatsforstflächen

Der Stein des Anstoßes: Das Gelände, auf dem Weiden-West IV entstehen soll, ist Staatswald. Damit daraus ein Gewerbegebiet wird, muss die Stadt den Wald vom Freistaat erwerben. Dieser Umstand ist den Naturschützern ein Dorn im Auge. Sie bemängeln vor allem, dass für das Projekt zahlreiche Bäume gefällt werden müssten. Die Tatsache, dass die Stadt Weiden bereits längst Ausgleichsflächen im Steigerwald zur Aufforstung gekauft hat, lassen die Naturschützer dabei außer Acht.

Für Weidens Oberbürgermeister Kurt Seggewiß ist die Kritik vor allem deshalb schmerzhaft, weil die Stadt bereits in den Jahren 2011 bis 2013 als ersten Schritt alle denkbaren Flächenpotenziale einer Stärken-/Schwächen-Analyse unterzogen hat. „Diese artenschutzrechtliche Prüfung ist zwingende Voraussetzung gewesen, um überhaupt in Verhandlungen über Staatsforstflächen eintreten zu können“, betont der SPD-Politiker.

Weidens Oberürgermeister Kurt Seggewiß: „Sorgsamer und sparsamer Umgang mit Flächenressourcen“

Kurt Seggewiß weiter: „Wir sind erst in das politische Entscheidungsverfahren gegangen, als klar war, dass wir das Gewerbegebiet auch ökologisch vertretbar umsetzen können.“ Letztlich sei die Entwicklung eines Gewerbegebiets Weiden-West IV ein Beweis dafür, dass die Stadt in hohem Maße ihrer Verantwortung für sorgsamen und sparsamen Umgang mit Flächenressourcen stets Rechnung getragen habe. Seit fast 30 Jahren habe man keine Gewerbegebietsentwicklung in der Fläche betrieben.

Weidens Baudezernent Oliver Seidel verweist zudem darauf, dass das Planungsrecht ureigenes Recht und Aufgabe der Kommunen sei: „Es gibt bundesweite rechtliche Rahmenbedingungen, in denen klar geregelt ist, wie man mit Eingriffen in die Natur umzugehen hat, damit diese auch ausgeglichen sind. Danach richten wir uns.“ Für ihn ist es vielmehr ein Bestandteil der Daseinsfürsorge, den Städten die Nutzung von Flächen zu ermöglichen, um sich nachhaltig entwickeln zu können.

„Guter Ausgleich zwischen Naturschutz und Stadtentwicklung gelungen“

Davon ist auch der SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Weiden und Generalsekretär der Bayern-SPD Uli Grötsch überzeugt: „Ich bin der Meinung, dass ein sehr guter Ausgleich zwischen den Belangen des Naturschutzes, der Entwicklung der Stadt Weiden und der ganzen Region gelungen ist. Für die Nordoberpfalz hat die wirtschaftliche Entwicklung von Weiden einen sehr hohen Stellenwert. Viele Menschen aus der ganzen Region pendeln jeden Tag nach Weiden ein. Wir brauchen qualifizierte Arbeitsplätze in Weiden, um der Abwanderung in die Ballungsräume entgegenzuwirken.“

Wichtig für Stadt, Region und Bayern

So haben es auch beinahe dreiviertel der beim Bürgerentscheid befragten Weidener und Weidenerinnen gesehen. Kurt Seggewiß hebt nachdrücklich die breite Akzeptanz des Gewerbegebietes bei der Bevölkerung und die aktive Unterstützung der Wirtschaft für Weiden-West IV hervor: „Unternehmer, Industrie- und Handwerkskammer, Wirtschaftsclub, Arbeitsagentur, Bürger – alle sind sie auf unserer Seite. Wir wollen unseren Kindern und Kindeskindern Arbeitsmöglichkeiten hier vor Ort geben.“

Auch deshalb nennt Stadtkämmerin Cornelia Taubmann das neue Gewerbegebiet unverzichtbar. Es gebe für heimische und Unternehmen, die sich neu ansiedeln wollen, keine geeigneten Flächen mehr. Ein Scheitern von Weiden-West IV werde darüber hinaus für ganz Bayern Konsequenzen haben, ist Kurt Seggewiß überzeugt: „Gewerbegebiete anderswo im Freistaat sind überhaupt nicht mehr weiter ausbaubar. Weiden-West IV ist deshalb eine Chance für ganz Bayern.“

Bund Naturschutz will Widerstand fortsetzen

Der Bund Naturschutz fühlt sich dagegen nicht an den Bürgerentscheid gebunden und hat angekündigt, seinen Widerstand fortzusetzen. Doch trotz des Gegenwindes sind Oberbürgermeister Kurt Seggewiß, Stadtkämmerin Cornelia Taubmann und Baudezernent Oliver Seidel überzeugt, die Planreife für das Gewerbegebiet West IV erreichen zu können. Für ihre Stadt, die Region und ganz Bayern. Spätestens Ende 2020 soll ein rechtskräftiger Bebauungsplan vorliegen und das Gewerbegebiet endlich in die Umsetzung gehen.