Interview mit Frank Mentrup

Karlsruhe: „Task Force für die Fußgängerzone“

Karin Billanitsch05. Dezember 2018
„In Karlsruhe gibt es seit Jahren stadtweite Sicherheitsumfragen, die das subjektive Sicherheitsempfinden abfragen“: Oberbürgermeister Frank Mentrup
Wie Karlsruhe auf typische Problemlagen reagiert und was für ein gutes Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger getan wird. Ein DEMO-Gespräch mit Oberbürgermeister Frank Mentrup.

Nennen Sie bitte Beispiele für typische Problemlagen und wie die Stadt damit umgeht?

Im Jahr 2017 wurde von der Partei „Die Rechte“ in Karlsruhe der „Tag der deutschen Zukunft“ als Versammlung angemeldet. Bei dieser Versammlung hatten die Veranstalter ursprünglich mit 1.000 Teilnehmern gerechnet, letztlich waren es etwa 300 Personen. Diese wurden durch eine gemeinsame Gegendemonstration der Stadtgesellschaft jedoch um ein Vielfaches übertroffen.

Durch konsequente Anwendung und Ausschöpfung der versammlungsrechtlichen Möglichkeiten, eine intensive Abstimmung aller beteiligten Behörden sowie die frühzeitige Information der Öffentlichkeit konnte letztendlich ein überwiegend konfliktfreier Verlauf der Versammlungen gewährleistet werden. Dem DGB als Veranstalter der Gegendemons­tration ist es zudem gelungen, durch kreative Ideen in der öffentlichen Darstellung weit im Vordergrund zu stehen.

Außerdem gab es von Februar 2015  an zunächst wöchentlich, dann in größeren Zeitabständen stattfindende Aufzüge der rechten Szene in einer Pegida-ähnlichen Motivation – zuletzt im Juli 2017. Zeitgleich fanden jeweils auch immer Gegendemonstrationen statt. Aufgrund der Häufigkeit und der aus Sicherheitsgründen erforderlichen umfangreichen Absperrungen im Zusammenhang mit den Aufzügen gab es hier immer wieder Beschwerden seitens der betroffenen Anwohnenden und Gewerbetreibenden.

Grundsätzlich gilt: Die Versammlungsbehörde erstellt für jede Demonstration eine einzelfallbezogene Gefahrenprognose. Im Zweifel kann die Versammlungsbehörde beschränkende Maßnahmen anordnen. Das Grundrecht der Versammlungsfreiheit und die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzen hierfür jedoch hohe juristische Hürden. In der breiten Öffentlichkeit kann oftmals nur schwer verdeutlicht werden, dass das Grundrecht der Versammlungsfreiheit für alle gilt.
Dem Terrorschutz kommt inzwischen ein hoher Stellenwert in der Beurteilung von Gefährdungslagen bei kommunalen Großveranstaltungen zu. Zusammen mit den Sicherheitsbehörden wird dies für die jeweilige Veranstaltung einzeln thematisiert und umgesetzt. Zielsetzung ist es einerseits, die Zufahrtswege durch bauliche Einrichtungen zu sichern. Je nach Veranstaltungsfläche und zeitlicher Dauer werden entweder mobile Sperren oder statische Anlagen eingesetzt. Neben der wahrnehmbaren Präsenz uniformierter Kräfte kommt andererseits auch der Anwesenheit zivil gekleideter Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eine große Bedeutung zu.

Wie sieht die Präventionsarbeit in der Kommune Karlsruhe, auch mit Blick auf die Mitgliedschaft bei
EFUS (European Forum for Urban Security), aus?

Bei der Stadt Karlsruhe gibt es nicht „die eine“ Stelle für Kommunale Kriminalprävention. Die verschiedenen Fachdienststellen der Stadtverwaltung (Ordnungs- und Bürgeramt, Sozial- und Jugendbehörde) gehen in eigener Verantwortung ihre jeweiligen Themen an. Auch der Stadtjugendausschuss Karlsruhe e.V. ist mit entsprechenden Projekten tätig. Hierbei erfolgt auch immer eine enge Zusammenarbeit mit dem Referat Prävention beim Polizeipräsidium Karlsruhe.

Gibt es kommunale Aufklärungs­arbeit über Suchtverhalten? Ich denke da an Anti-Drogen oder Anti-Alkohol-Kampagnen.

Es gibt verschiedene Angebote des Präventionsbüros der Stadt Karlsruhe sowohl in den Räumlichkeiten der Jugend- und Drogenberatungsstelle als auch in den Schulen. Zusätzlich führen Jugendschutzteams aktive Alkoholprävention auf Großveranstaltungen vor Ort durch. Bewährt hat sich auch eine enge Zusammenarbeit mit vielen Veranstaltungs- und Clubbetreibern in der Innenstadt unter dem Titel „Sicheres Nightlife“. Weitere Maßnahmen und Projekte werden in Kooperation mit anderen Fachstellen erarbeitet und gezielt platziert. Für das Jahr 2019 ist beispielsweise eine vielseitige und interaktive Teilnahme an der Aktionswoche Alkohol geplant.

Wie ist die Zusammenarbeit zwischen Kommunalem Ordnungsdienst und der Polizei organisiert?

In Karlsruhe arbeiten der Kommunale Ordnungsdienst (KOD) und das Polizeipräsidium Hand in Hand. Sowohl auf Leitungs- als auch auf Arbeitsebene gibt es regelmäßige Abstimmungen und immer wieder gemeinsame Einsätze. Da der Kommunale Ordnungsdienst über keine eigene Leitstelle verfügt, übernimmt hier das Führungs- und Lagezentrum des Polizeipräsidiums die Koordination. Melden Bürgerinnen und Bürger der Polizei über Notruf Vorkommnisse, die in den Zuständigkeitsbereich des Kommunalen Ordnungsdienstes fallen, so werden diese direkt an den Ordnungsdienst weitergeleitet. Der KOD wird von der Bevölkerung und der Kommunalpolitik sehr anerkannt. Gerade hat der Gemeinderat beschlossen, ihn zu den bestehenden 23 Stellen ab 2019 nochmals um zehn Stellen aufzustocken.

Nennen Sie bitte gute Beispiele für städtebauliche Kriminalprävention, wie zum Beispiel Sanierungsmaßnahmen im öffentlichen Raum.

Wir gehen Rückmeldungen von Bürgerinnen und Bürgern, die über unsere Behördennummer oder unsere Feedback-Mail unkompliziert an uns herangetragen werden, zügig nach. So gibt es etwa zum Thema Sauberkeit ein eigenes Kleinteam der Abfallwirtschaft, das sofort auf Zuruf tätig wird. Bei den Themen Helligkeit zur Vermeidung unübersichtlicher oder dunkler Orte ist unser Stadtplanungsamt aufgefordert, umgehend entsprechende städtebauliche Maßnahmen zu erarbeiten. Für den Bereich der Fußgängerzone haben wir eine Art Task Force eingerichtet, in der in einer Arbeitsgruppe aus Stadtplanung, Ordnungsdienst und Abfallwirtschaft in Abstimmung mit dem Einzelhandel umgehend reagiert werden kann.

Wie wird dem individuellen Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger Rechnung getragen? In welchen Umgebungen fühlen sie sich „sicher“ und wo bedroht?

In Karlsruhe gibt es seit Jahren stadtweite Sicherheitsumfragen, die das subjektive Sicherheitsempfinden abfragen, sowie die Faktoren, an denen sich das festmacht, wie etwa Vermüllung, Ruhestörungen, alkoholisierte Personen oder Dunkelheit. Diese Erkenntnisse fließen auch in die Einsatzplanung des Kommunalen Ordnungsdienstes ein. Trotz verbesserter Sicherheitslage nimmt das subjektive Sicherheitsempfinden derzeit ab. Daher soll nach der Auswertung der aktuellen Umfrage vom Sommer dieses Jahres in ausgewählten Stadtteilen ein spezifisches Sicherheitsaudit unter wissenschaftlicher Begleitung durch die Universität Heidelberg stattfinden.

Wie fördert die Stadt ehrenamtlich Engagierte in der Feuerwehr und sichert den Feuerwehr-Nachwuchs? 

Die Stadt Karlsruhe hat eine gut aufgestellte Freiwillige Feuerwehr mit mehr als 650 Aktiven verteilt auf 16 Abteilungen. Die Abteilungen werden adäquat ausgestattet und stark in das Einsatzgeschehen einbezogen. Diese Faktoren bilden den Grundstein einer für ehrenamtlich Engagierte attraktiven Freiwilligen Feuerwehr. Darüber hinaus steht die Branddirektion im regelmäßigen Austausch mit dem Stadtfeuerwehrverband Karlsruhe e.V. und unterstützt gemeinsame Projekte zur Förderung des Ehrenamtes wie Sportveranstaltungen, Wettkämpfe, Nachwuchskampagnen und vieles mehr.

Als wichtiger Meilenstein in Bezug auf die Förderung des Ehrenamtes bei der Feuerwehr tritt 2019 eine neue Entschädigungssatzung in Kraft. Darin werden Anreize geschaffen, damit sich mehr Feuerwehrangehörige auch für die Übernahme einer Funktion entscheiden.

Wichtigstes Element der Nachwuchssicherung ist die Jugendfeuerwehr. In Karlsruhe sind in jeder der 16 Abteilungen der Freiwilligen Feuerwehr auch Jugendabteilungen angesiedelt. Die Jugendfeuerwehr hat einen hohen Stellenwert und wird entsprechend gefördert. Innerhalb der Jugendabteilungen (ab 10 Jahren) können seit wenigen Jahren auch Kindergruppen (ab 6 Jahren) eingerichtet werden. Der Zulauf ist enorm, und es konnten bereits die ersten Kinder in die Jugendfeuerwehren übernommen werden. Weitere Maßnahmen zur Nachwuchsgewinnung sind das aktive Werben für das Ehrenamt bei Messen und anderen Veranstaltungen.

Noch eine Frage zum Thema ­Katastrophenvorsorge: Welche Methoden nutzen Sie, um sich auf extreme Ereignisse wie etwa Starkregen/Überschwemmungen einzustellen?

Die Stadt Karlsruhe ist mit ihren ­Kooperationspartnern intensiv in der ­Katastrophenschutzplanung engagiert. So findet alle zwei Jahre der Tag des Katastrophenschutzes unter großer Beteiligung der Öffentlichkeit statt. Die Stadt stellt sich auch auf einen längeren Stromausfall ein und hat in den letzten Jahren das Sirenennetz zur Warnung der Bevölkerung erneuert. Für den eigentlichen Kriseneintritt steht ein leistungsfähiger Verwaltungsstab zur Verfügung, der regelmäßig trainiert und auch bei entsprechenden Lagen bereits aktiviert wurde.