Kommunalpanel 2021

KfW: „Den Kommunalfinanzen droht Long Covid“

Carl-Friedrich Höck06. Mai 2021
Investitionen kosten viel Geld. Ohne gesicherte Einnahmen lassen sie sich schwer planen.
Das dicke Ende kommt erst noch – das lässt sich aus dem KfW-Kommunalpanel 2021 schließen. Finanziell sind die Kommunen halbwegs gut durch das vergangene Corona-Jahr gekommen. Doch der Blick in die Zukunft bereitet den Kämmerern Sorgen.

Dank Hilfsmaßnahmen von Bund und Ländern konnten die Kommunen das Jahr Corona-Jahr 2020 mit einem Finanzierungsüberschuss abschließen. Zu diesem Ergebnis kommt das KfW-Kommunalpanel 2021. Hierfür hat das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) 765 Kämmereien befragt. Grund für Entwarnung sieht die KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib trotzdem nicht. Die Kommunen seien bisher mit einem blauen Auge durch die Pandemie gekommen. Die Langzeitfolgen würden aber erst noch voll zu Buche schlagen. „Den Kommunalfinanzen droht Long Covid“, sagte bei der Vorstellung des neuen Kommunalpanels am Donnerstag.

Trübe Zukunftsaussichten und Unsicherheit

Der Grund ist die Unsicherheit über die weitere Entwicklung der Finanzlage. Sie wirkt sich auf die Investitionspläne aus. Bereits im Jahr 2020 führte das zu Problemen: Die Kommunen fuhren in den ersten drei Quartalen die größten Defizite seit der Finanzkrise ein, nicht zuletzt aufgrund wegbrechender Gewerbesteuereinnahmen. Erst im vierten Quartal wurden diese Ausfälle durch Bund und Länder kassenwirksam ausgeglichen. Für 2021 und die Folgejahre sind die Aussichten weiter ungewiss. Das drückt auf die Stimmung der Kämmerer.

„Investitionen lassen sich aber nur langsam wieder steigern, wenn erst einmal auf die Bremse getreten wurde“, heißt es im KfW-Bericht. Das liegt unter anderem an der Personalnot in den planungsrelevanten Bereichen. Wegen der Krise befürchten 65 Prozent der Kommunen, dass sich die Personalsituation weiter verschlechtern wird.

Investitionsrückstand wächst leicht an

Schon vor der Krise wuchs der von den Kommunen wahrgenommene Investitionsrückstand Jahr für Jahr an. Dieser Trend hat sich fortgesetzt: Im Jahr 2020 schätzten die Kämmerer den Investitionsrückstand auf insgesamt 149 Milliarden Euro – gegenüber dem Vorjahr ein leichtes Wachstum von zwei Milliarden. Der wahrgenommene Investitionsrückstand gibt an, wieviel Geld die Kommunen nach eigener Einschätzung in die Hand nehmen müssten, um die Infrastruktur auf den notwendigen Stand zu bringen.

Immerhin: Bisher haben die Kommunen ihre Investitionsausgaben trotz Krise nicht zurückgefahren. Im Gegenteil: Sie rechnen für das Jahr 2021 sogar mit einem neuen Höchststand von 39,2 Milliarden Euro. Zugleich gehen 57 Prozent der Kommunen davon aus, dass sie ihre Investitionen kürzen müssen, wenn die Einnahmen auch in diesem Jahr wegbrechen. Und schon jetzt reichen die steigenden Ausgaben nicht aus, um den Verfall der Infrastruktur zu stoppen.

Der Schuldenberg könnte wachsen

Weil aufgrund der Corona-Krise die Eigenmittel zurückgehen, verkaufen Kommunen zunehmend Anlagevermögen, um Investitionen zu finanzieren. 55 Prozent der Kämmereien geben an, dass sie künftig stärker auf Kredite zurückgreifen werden.

Die größten Investitionsbedarfe bestehen weiterhin bei den Schulgebäuden (46,5 Milliarden Euro), Straßen (33,6 Milliarden Euro) und Verwaltungsgebäuden (16,4 Milliarden Euro). Bei den Straßen konnten die Kommunen etwas aufholen, auf den anderen beiden Feldern ist der Rückstand weiter gestiegen.

Laut dem KfW-Kommunalpanel verschieben sich die Investitionsschwerpunkte der Kommunen. 64 Prozent gehen davon aus, dass sie künftig mehr in die Querschnittsaufgabe Digitalisierung investieren müssen. Danach folgen Klimaschutz (32 Prozent) und demografischer Wandel (22 Prozent).

Kultur und Sport wären die größten Verlierer

Doch falls die kommenden Haushalte defizitär ausfallen, müssen die Kommunen auch den Rotstift ansetzen. Das dürfte vor allem zulasten der freiwilligen Aufgaben gehen. 42 Prozent der befragten Kämmereien gehen davon aus, dass sie bei Haushaltsdefiziten Mittel im Kulturbereich kürzen müssen. 32 Prozent würden Ausgaben für den Sport streichen.

Befragt wurden die Kämmereien auch, welche Maßnahmen von Bund und Ländern sie sich wünschen, um finanziell handlungsfähig bleiben zu können. Kurzfristig wäre vor allem die Kompensation von Steuerausfällen hilfreich, gaben die Kommunen an. Langfristig wurde am häufigsten der Wunsch nach strukturellen Reformen genannt, also zum Beispiel eine Anpassung der staatlichen Finanzmittelverteilung. Dahinter folgen neue Förderprogramme und eine Entlastung der Kommunen bei den Sozialausgaben.

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