Familienpolitik

Die Kinderbetreuung wird besser – aber große Unterschiede in den Ländern

Karin Billanitsch28. August 2018
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey besucht ein Kita. Ihr „Gute-Kita-Gesetz“ soll die Qualität in der Kinderbetreuung weiter verbessern.
Wie aus dem neuen Ländermonitor der Bertelsmann Stiftung zur frühkindlichen Bildung hervorgeht, verbesserte sich die Qualität der Kinderbetreuung in Deutschland seit dem Jahr 2012, gleichzeitig haben die Kommunen das Angebot massiv ausgebaut. „Darauf sind die Städte stolz“, sagte Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags. Allerdings bleibt die Kluft zwischen den einzelnen Bundesländern nach der Studie enorm groß.

Das ist zunächst die gute Nachricht: Die Qualität der Kinderbetreuung in Deutschland ist besser geworden. Das lässt an den Personalschlüsseln und der Zeit, die Kita-Leitungen für Führungsaufgaben haben, messen. Die Zahlen hat die Bertelsmann-Studie in ihrem neuen „Ländermonitor frühkindliche Bildungssysteme“ veröffentlicht. „2012 war eine Fachkraft in Krippen rein rechnerisch für 4,8 ganztagsbetreute Kinder zuständig, 2017 waren es 4,3 Kinder.“ In Kindergartengruppen kümmerte sich 2012 eine Fachkraft um 9,8 Kinder, im Jahr 2017 waren es nur noch 9,1 Kinder. Zur selben Zeit haben die Kommunen einen massiven Ausbau der Betreuung vorangetrieben: Die Zahl der betreuten unter Dreijährigen stieg demnach zwischen 2012 und 2017 um 36 Prozent.

Helmut Dedy: „Städte bauen Plätze auch in den kommenden Jahren weiter aus.“

„Darauf sind die Städte stolz, denn eine bessere Qualität kommt den Kindern und Eltern zugute“, kommentierte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, die Zahlen. Die Städte bauten die Plätze auch in den kommenden Jahren weiter aus, weil der Bedarf an Kinderbetreuung „weiter wächst, vor allem in Groß- und Universitätsstädten“, so Dedy. Ebenso wollten sie auch die Qualität weiter erhöhen, beispielsweise durch einen verbesserten Betreuungsschlüssel, Qualifizierung des Personals oder eine bessere Sprachförderung.

Allerdings bleibt die Kluft zwischen den einzelnen Bundesländern enorm groß, förderten die Autoren der Studie zutage: besonders im Vergleich zwischen Ost- und Westdeutschland. So kamen im Osten 2012 6,4 Kinder auf eine Krippenfachkraft, im Westen hingegen 3,9. Fünf Jahre später waren es in den neuen Bundesländern durchschnittlich 6,0 Kinder, im Westen 3,6. Ein ähnliches Bild zeige sich auch in den Kindergärten. Die Zahlen müssen allerdings vor dem Hintergrund gewertet werden, dass ostdeutsche Krippen traditionell deutlich mehr Kinder unter drei Jahren betreuen, betonen die Autoren der Studie.

Im Detail: Den größten Nachholbedarf bei der Krippenbetreuung hat Sachsen: Hier betreut eine Fachkraft 6,4 Kleinkinder in der Krippe. zum Vergleich: In Baden-Württemberg, der Nummer 1, sind es 3,1 im Schnitt. Allerdings sind das wiederum Mittelwerte, in einzelnen Kommunen vor Ort können die Werte voneinander abweichen. In den Kindergärten werden in den Bundesländern im Osten mehr als zehn Kinder betreut, hier steht Brandenburg mit einem Schlüssel von 10,8 Kindern von drei bis sechs Jahren, die eine Erzieherin zu betreuen hat, am besten da. Die Länderprofile können hier eingesehen werden.

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe twitterte zu den Ergebnissen des Ländermonitors: "Der Geburtsort eines Kindes darf nicht über dessen Bildungsweg entscheiden".

Die Gewerkschaft Erziehung Wissenschaft (GEW erneuerte die Forderung nach einem bundesweiten Kita-Qualitätsgesetz mit einheitlichen Standards, eine bessere Fachkraft-Kind-Relation und die dauerhafte Finanzierung der Qualitätsstandards durch den Bund.

„Gute Kita-Gesetz“ für bessere Kita-Qualität

Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat vor kurzem das Gute-Kita-Gesetz vorgestellt, das die Qualität der Einrichtungen verbessern und gleichwertige Lebensverhältnisse herstellen soll. 5,5 Milliarden Euro sollen bis zum Jahr 2022 dafür bereitgestellt werden. Das sind zwei Milliarden mehr als ursprünglich im Koalitionsvertrag festgelegt. Vorgesehen sind neun verschiedene Instrumente, die die Länder bei der Verbesserung der Kita-Qualität unterstützen: von der Gebührenbefreiung über den Betreuungsschlüssel bis zur Sprachförderung.

Dass der Bund mit diesem Geld vor allem die Qualität in der Kinderbetreuung fördern will, lobt Dedy. Doch darüber hinaus fordert er eine Verstetigung der Unterstützung: „Der Bund muss allerdings dauerhaft Mittel bereitstellen, um nachhaltige Qualitätsverbesserungen zu erzielen. Und auch die Länder sieht er in der Pflicht: Bund und Länder hätten in der vergangenen Legislaturperiode selbst Qualitätsziele benannt, deren Umsetzung in der Summe Kosten von weit mehr als zehn Milliarden Euro jährlich verursachen würden. „Deshalb müssen natürlich auch die Länder erhebliche Summen beisteuern.“ Zudem warnte er davor, die Mittel statt für mehr Qualität zur Finanzierung der Beitragsfreiheit einzusetzen. 

GEW: Dauerhafte Unterstützung durch den Bund

GEW-Vorsitzende Marlis Tepe sieht den Bund stärker in der Pflicht: Sie forderte, der Bund müsse statt der angekündigten 5,5 Milliarden Euro bis 2020 jährlich rund zehn Milliarden Euro zusätzlich in den Kita-Bereich investieren und sich zudem dauerhaft an den Kosten der frühkindlichen Bildung beteiligen.

Die Bertelmann-Stiftung befürchtet, dass der aktuelle Gesetzentwurf zum Gute-Kita-Gesetz seine Versprechen nicht einlösen wird: Es drohe, so der Vorstand der Bertelsmann-Stiftung, Jörg Dräger, sogar eine Verschärfung der Situation. Das Gesetz sähe zwar viele Maßnahmen vor, um die Qualität zu verbessern, definiere allerdings keine bundeseinheitlichen Standards. Dräger fordert die Bundesregierung deshalb auf, nachzubessern.

Allerdings sieht der Deutsche Städtetag die geforderten bundeseinheitlichen Personalstandard eher kritisch. „Sie helfen nicht weiter, denn sie werden den sehr unterschiedlichen Konzepten der Einrichtungen vor Ort und dem länderspezifischen Rahmen nicht gerecht.“ Viele Qualitätskriterien, so Dedy, wie  Fortbildungskonzepte und die spezifischen regionalen Bedarfe  zum Beispiel für Sprachförderprogramme „werden bei Einheitslösungen nicht berücksichtigt“. Auch die fachliche Ausrichtung der Kindertageseinrichtungen spiele eine Rolle. Beispielsweise würden sich reine Krippen für Kinder unter 3 Jahren von Kitas mit altersgemischten Gruppen für Kinder bis zu 6 Jahren erheblich unterscheiden.

 

 

 

 

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