Kommunaler Klimaschutz

Klare Worte und Taten

02. Juli 2020
Das Krafktwerk Farge in Bremen. Die SPD-Fraktion Blumenthal fordert eine Konversion statt Schließung.
Die SPD-Fraktion des Bremer Stadtteils Blumenthal hat jetzt ein Positionspapier für den Klimaschutz vorgelegt. Die Blumenthaler haben als erstes Stadtteilparlament einem „Klimanotstand“ zugestimmt.

Marcus Pfeiff ist ein Mann der klaren Worte und der Tat. Dies gilt für den SPD-Kommunalpolitiker aus dem Bremer Stadtteil Blumenthal auch in Sachen Klimaschutz. Konkrete Schritte vor Ort müsse es geben, ist Pfeiff überzeugt. Er sieht gerade die Sozialdemokraten in einer Vorreiterrolle. „Wir müssen beim Klimaschutz auch die soziale Komponente denken.“ Was vor Ort möglich ist, haben die Blumenthaler Sozialdemokraten in ein dreiseitiges Positionspapier hineingeschrieben.

Damit sind die Genossinnen und Genossen des nördlichsten Bremer Stadtteils führend in der Stadt – nicht nur, was den Zeitpunkt angeht. Vielmehr hat die SPD-Beiratsfraktion das ehrgeizige Ziel, dass sich der Stadtteil insgesamt bei seinen Klimaschutz-Aktivitäten an die Spitze der Hansestadt setzt. Ihr Credo laut Pfeiff: „Wir möchten keine Entwicklung blockieren, sei es bei Neubaugebieten oder Gewerbegebieten.“

Klimanotstand ausgerufen

Auf Senatsebene hat sich die rot-grün-rote Koalition im Koalitionsvertrag ­darauf verständigt, dass für ihre Politik ein „Klimavorbehalt“ gelten soll. Dennoch haben es die Sozialdemokraten auf Stadtteilebene gar nicht so leicht, ihre Vorstellungen zu verwirklichen. Vielmehr kristallisiert sich in den 22 Stadtteilbeiräten immer mehr eine Zusammenarbeit von CDU und Grünen heraus.

Die Blumenthaler haben als erstes Stadtteilparlament einem „Klimanotstand“ zugestimmt. Sie einigten sich darauf, Vorschläge vorzulegen, wie der Stadtteil und seine Bürger etwas für das Klima tun können. Die SPD hat jetzt geliefert. Auch von den Grünen liegt nach Auskunft des stellvertretenden Ortsamtsleiters Thomas Backhaus inzwischen eine Antwort vor. Befassen werde sich der Beirat in den kommenden Wochen damit. Ziel ist ein Leit­faden, dem am Ende alle Parteien zustimmen sollen.

Zu diskutieren gibt es vieles, denn die SPD hat in ihrem Positionspapier 14 mögliche Projekte aufgelistet. An oberster Stelle steht der „E-Day“. Ihn gibt es seit drei Jahren – bislang als reine E-Mobilitäts-Messe, die „mittelfristig zu einer Nachhaltigkeitsmesse mit breiterem Spektrum“ entwickelt werden soll. Die SPD-Fraktion hat sich auch das öffentliche Nahverkehrsangebot angeschaut. Ihr Schluss: Es ist noch viel Luft nach oben. Zur Entlastung könne etwa eine Personenfährverbindung in die Bremer Innenstadt gehören, um den Berufsverkehr zu mindern. Dazu zähle ebenso „eine durchgehende und verlässliche S-Bahn-Verbindung zum Hauptbahnhof“. Zwar gibt es die sogenannte Regio-S-Bahn, doch die Betreiberin Nordwestbahn hat sich in den vergangenen zwei Jahren als reichlich unzuverlässig erwiesen.

Ins Visier nehmen die Blumenthaler Sozialdemokratinnen und -demokraten ferner das Trinkwasser. Hintergrund: Im Stadtteil befindet sich das einzige ­Bremer Wasserwerk. Zur Trinkwassergewinnung entnimmt es Grundwasser – das ist jedoch gefährdet, weil sich durch das in den 1930er Jahren angelegte Tanklager Farge eine Ölphase auf der Grund­wasseroberfläche gebildet hat. Der Betrieb im Tanklager ist inzwischen eingestellt, doch die Umweltgefahren sind nicht beseitigt.

Konversion des Kraftwerks

Auch das Kraftwerk Bremen-Farge, soll als Pflichtthema auf die Tagesordnung des Beirats kommen. Aktuell verfügt das es über einen Block mit einer Netto­leistung von 350 Megawatt. Seit Jahren wollen Umweltschützer und Grüne die Anlage zur Verbrennung von Steinkohle stilllegen. „Was wir fordern, ist eine Konversion“, umreißt Pfeiff die SPD-Vorstellungen zu einer sinnvolleren und nachhaltigeren Nutzung der Anlage. Wie die Lösung aussehen könnte, soll eine Kommission mit Vertretern der Kraftwerksbetreiber Riverside, Arbeitnehmern, Wissenschaftlern sowie Mitarbeitenden des Umwelt- und Wirtschaftsressorts diskutieren. Wasserstoffgewinnung und Stromspeicherung sind hier Stichworte. Aber darum gehe es nicht allein, erklärt Pfeiff. Zwar würden im Kraftwerk nur noch 30 Leute arbeiten. Trotzdem spiele das Unternehmen wegen der Vielzahl von Ausbildungsplätzen eine wichtige Rolle für den Stadtteil und die Region.

Position „Nachbarschaftsmanagerin für den Umweltschutz“ soll dauerhaft bleiben

Eine Kernforderung der SPD ist zudem, dass die Position „Nachbarschaftsmanagerin für den Umweltschutz“ nach dem Auslaufen der Bundesförderung verstetigt beziehungsweise neugeschaffen werden soll. Zu tun gebe es für die Menschen im Stadtteil genug. Zu den Aufgaben gehören zum Beispiel Schulprojekte und Umwelterziehung, nachhaltige Neubauplanung und Sanierung, Regenwassernutzung und Dachbegrünung oder biologische Gartengestaltung. Auch ein Repaircafé oder Tauschbörsen schonen Ressourcen.

Und dann ist da noch der örtliche Handel. Ihn wollen die Sozialdemokraten fördern mit auf Bremen-Nord beschränkten Online-Plattformen und eigener Logistik als Gegenentwurf zum  Internetkaufhaus Amazon und Co. „Regionale Zusammenschlüsse unter Einbindung örtlicher Lieferunternehmen wären ein wertvoller Beitrag für Zusammenhalt, Erhalt der Arbeitsplätze und Schonung der Natur.“

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