„Kleinstadtkongress“ in Berlin

Wie Kleinstädte sich für die Zukunft rüsten

Julian Krischan29. Juni 2018
Panoramablick auf die Kleinstadt Neu-Anspach nördlich von Frankfurt am Main.
Bei einem Zusammentreffen in Berlin tauschten sich Kommunalverantwortliche über die Lebensverhältnisse in Kleinstädten aus. Zukünftige Förderprogramme sollten die unterschiedlichen Verhältnisse vor Ort berücksichtigen.

„Nach der Rente kommt Malente.“ Dieser in Norddeutschland geläufige Spruch zeigt, wie sich ein Image im Selbstläufer bilden kann. In der Tat hat sich der Kurort Bad Malente-Gremsmühlen in der holsteinischen Schweiz einen Namen als Destination für den Wohnsitz im Alter gemacht.

Rund jeder dritte Deutsche lebt in einer Kleinstadt

Insgesamt lebt circa ein Drittel der Bevölkerung in Kleinstädten wie Malente. Dabei gilt, diese Städte angesichts der demografischen Entwicklung fit für die Zukunft zu machen. Um die verschiedenen Lebenslagen in den Kleinstädten zu untersuchen, hatte das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) mehrere Forschungsprojekte ins Leben gerufen. Auf einem „Kleinstadtkongress“ in Berlin wurden jüngst die Ergebnisse vorgestellt.

Im Gespräch auf dem Podium: Ulrich Rolfsmeyer (SPD), Bürgermeister von Hiddenhausen, und Heike Götz, Norddeutscher Rundfunk. Foto: Julian Krischan

Die Präsentationen zeigten, dass die Lebenslagen in Kleinstädten sehr unterschiedlich sind. In Hiddenhausen nahe Bünde hat die Kommune das Programm „Jung kauft Alt“ aufgelegt, um Nachfolgeregelungen für Bestandsimmobilien sicher zu stellen. Mit der Prävention des Aussterbens von Ortskernen in Gemeindeteilen ist man auch im unterfränkischen Hofheim beschäftigt. Anders sieht die Lage dagegen in Neu-Anspach aus: In der kleinen Gemeinde nördlich von Frankfurt am Main sind die Grundstückspreise  in den letzten Jahren „exorbitant“ gestiegen. Vom Regionalverband als in Hessen zuständiger Behörde erhofft man sich zeitnah eine Änderung des Flächennutzungsplans mit Ausweisung neuer Baugebiete.

Förderprogramme ohne Bürokratie

So unterschiedlich die Herausforderungen sind, so verschieden sind die Erwartungen an Förderprogramme. Inzwischen sind die Kleinstädte ein fester Bestandteil der Städtebauförderung des Bundes, weitere Maßnahmen werden momentan geplant. „Es ist wie mit einem Anzug. Solange der nicht maßgeschneidert ist, passt der nicht jedem“, kommentierte Ulrich Rolfsmeyer (SPD), Bürgermeister von Hiddenhausen. Dabei stehen zwischen Bund und Kommunen die Länder als Verwaltungsebene. „Hier ist wichtig, dass die Länder die Förderprogramme ohne Restriktionen weitergeben“, ergänzte sein Parteikollege Thomas Pauli, Bürgermeister von Neu-Anspach.

Bei der Vielfalt an Förderprogrammen sei wünschenswert, dass Länder „Förderlotsen“ bereit stellen, die bei der Koordination behilflich sind. Insgesamt forderten alle anwesenden Bürgermeisterinnen und Bürgermeister Förderprogramme ohne zu viel Bürokratie. Während des Förderzeitraums sollten sie multioptional und offen für verschiedene Maßnahmen sind. Wenn zum Beispiel ein Programm für die technische Infrastruktur an Schulen aufgelegt werde, sei es kontraproduktiv, wenn eine Kommune in diesen Bereich bereits investiert habe und stattdessen Handlungsbedarf an den Fassaden sehe.

Forderung: Kommunen an der Ausgestaltung beteiligen

In jedem Fall müsste man die Kommunen bei der Ausgestaltung der Richtlinien beteiligen: Der Bund wisse, wie man Gesetze macht, und die Kommunen, wie man sie umsetzt. „Wir haben die beste Feedbackkultur: Bei uns steht der Bürger sofort auf der Matte“, so Rolfsmeyer.

In Malente partizipiert man inzwischen an der Städtebauförderung – „seit wir ordentlich arbeiten“, so Bürgermeisterin Tanja Rönck. Man habe erkannt, dass man Maßnahmen im Gesamten sehen müsse und dass Wirtschaftsförderung „mehr ist als die Ausweisung eines Gewerbegebiets“. Mit großem Eifer berichtete Wolfgang Schumacher, pensionierter Geschäftsführer des „Global Players“ Kendrion Kuhnke Automation, wie man in einem Netzwerk von Kommune und Wirtschaft eng zusammenarbeite. Für die Beschäftigen habe man weiteren Wohnraum geschaffen, in den drei neuen Kindergärten finde man die „Fachkräfte von morgen“. Auch selbst engagiere er sich dort als Pate. Für die demografische Zukunft sieht man sich Malente gut gewappnet.