Kommunale Umweltpolitik

Was der Klimamanager in Zwickau bewirken kann

Harald Lachmann08. Juli 2020
Das Zentrum von Zwickau: Straßenbäume gestalten nicht nur ein ansprechendes Stadtbild, sondern dienen als Frischluftspender, Staubfilter und natürliche Klimaanlagen.
Die SPD-geführte Stadt in Westsachsen setzt schon seit Jahren Trends mit vorausschauender Umwelt- und Klimapolitik.

Geht es um kommunale Umwelt- und Klimastandards, ist Zwickau schon lange Vorreiter. Ist vom „Zwickauer Modell“ die Rede, meint dies zweierlei: zum einen ein bundesweites Pilotprojekt, bei dem Eisenbahn- und Straßenbahngleise zu einer Dreischienen-Trasse kombiniert werden, um die City möglichst autofrei an das Umland zu koppeln. Und zum anderen ein Projekt zur kommunalen Klimaanpassung: das zeitgemäße Management innerstädtischer Straßen­bäume. So werden neue Bäume direkt am Fahrbahnrand gepflanzt, auch zu Lasten von Parkraum.

Multitalent Straßenbaum

Denn die 12.000 Straßenbäume in ­Zwickau – vorrangig Ahorn, Linde und Esche – sieht Michael Mühmel, Chef des städtischen Umweltbüros, als Multi­talente. Angesichts zunehmender Hitzeperioden dienen sie als Stadtbildgestalter ebenso wie als Frischluftspender, Staubfilter und Klimaanlagen. „Darum haben wir genau analysiert, welche Bäume sich für die jeweilige räumliche Situation am besten eignen, etwa bei dicht befahrenen Straßen.“ Erkunden wollte man dabei, „welche Arten mit dem Klimawandel am besten zurechtkommen und sich zugleich effektiv unterhalten lassen“.

Ahorn & Co. kommt eine wichtige Rolle im Zwickauer Klimaanpassungskonzept zu. Erarbeitet wurde es von einem Rathausexperten, wie es diese auch bundesweit noch selten gibt: einem hauptamtlichen Klimaschutzmanager. Bereits seit dem Jahr 2012 leistet sich Zwickau die Stelle. Etwa zeitgleich entstand auch ein komplexes Energie- und Klimaschutzkonzept, gefördert über die kommunale Klimarichtlinie des Bundes.

Umbau des Umweltamtes

Möglich wurde das auch dank Strukturveränderungen innerhalb der Verwaltung. Denn im Jahr 2008 – als die couragierte SPD-Frau Pia Findeiß das Amt der Oberbürgermeisterin übernahm – verlor die 90.000-Einwohner-Stadt ihre Kreis­freiheit, avancierte fortan zum Sitz eines neuen Großkreises. So baute man Teile des Umweltamts, die bei der Stadt blieben, in ein neues Umweltbüro ein. „Und zugleich kamen neue Aufgaben hinzu, wie der Klimaschutz“, so Mühmel. Eine professionelle Planstelle hierfür zu schaffen, lag deshalb auf der Hand. Zwar gab es dafür auch Fördermittel, dennoch musste der Posten im Stadtrat erst durchgesetzt werden, da dort die Zeichen auf Sparen standen.

Den fachlichen Background für ­Zwickaus Umwelt- und Klimastrategie ­liefert seit 2011 der European Energy Award (eea). Über dieses Qualitätsmanagementverfahren, das einen Bogen von der Ist-Analyse über das Erstellen eines Arbeitsprogramms bis zur Projektumsetzung und sukzessiven Anpassung an eine sich stetig ändernde Umwelt liefert, lassen sich bereits 300 deutsche Gemeinden zertifizieren.

Vor der Erarbeitung eines integrierten Energie- und Klimaschutzkonzepts (EKK) hatte die Stadt zuständige Mitarbeiter aller relevanten Ämter und Bereiche an einen Tisch geholt – Grünflächen- und Tiefbauamt, Stadtentwicklung und Straßenbeleuchtung, um einige zu nennen. „Das war ein sehr guter Einstieg, den ich so jeder Gemeinde empfehlen würde“, so der Umweltbürochef. Denn das EKK liefere für die Folgejahre eine stabile Handlungs- und Planungsgrund­lage, erst recht wenn es ein hauptamtlicher ­Klimamanager koordiniere. Ein Online-Tool im eea-Programm ermögliche zudem ein latentes Controlling.

Säulen im Klimakonzept

In Zwickau hat auch Volkswagen ein Werk – da liegt es nahe, dass man auch in der Elektromobilität Trends setzt (siehe Kasten). Oberbürgermeisterin Pia Findeiß erwartet, dass ihre Stadt künftig auch als ein „Zentrum moderner Mobilität“ weit über ihre Grenzen hinaus strahlt.

Eine weitere Säule im Klimakonzept der Stadt bildet eine Klimafunktionskarte, wie Michael Mühmel erläutert. „Denn für die Bauleitplanung ist es wichtig zu wissen, wo es Gebiete gibt, die sich überhitzen, und wo Kaltluft­entstehungsgebiete sind.“ Letztere gelte es unbedingt freizuhalten, um eine Luftzirkulation zu ermöglichen. Was man früher „aus dem Bauch heraus“ geplant habe, sei nun Teil des professionellen ­Klimamanagements.