Tatiana Herda Muñoz

Eine Klimaschutz-Expertin will für die SPD Ortsvorsteherin in Mainz werden

23. April 2019
Tatiana Herda Muñoz
Tatiana Herda Muñoz will Ortsvorsteherin von Mainz-Hechtsheim werden.
Wegen Trump ist Tatiana Herda Muñoz Ende 2016 in die SPD getreten. Nun kandidiert die 33-Jährige Deutsche, die in Mexiko aufgewachsen ist, zum ersten Mal für ein politisches Amt. Am 26. Mai möchte sie als Ortsvorsteherin im Mainzer Stadtteil Hechtsheim gewählt werden.

Tatiana Herda Muñoz mag Mainz. Das steht auf ihren Wahlplakaten. Besonders mag die in Mexiko aufgewachsene junge Frau den Mainzer Stadtteil Hechtsheim. Dort, im eher dörflich geprägten Gebiet kurz vor der Landesgrenze von Rheinland-Pfalz und Hessen, kandidiert Herda Muñoz bei der Kommunalwahl am 26. Mai als Ortsvorsteherin. Sie wäre die erste Sozialdemokratin in diesem Amt. Zuletzt stellte die SPD in den 70er-Jahren den Ortsvorsteher im eher konservativ ausgerichteten Hechtsheim.

Wegen Trump in die SPD

Bei der bislang letzten Kommunalwahl im Jahr 2014 war Herda Muñoz noch nicht in der SPD. Sie trat erst Ende 2016 in die Partei ein, nachdem Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt worden war. „Eigentlich wollte ich mich vor allem inhaltlich einbringen, weil ich viel Erfahrung in den Bereichen Klimaschutz und Nachhaltigkeit habe“, erzählt sie. Sie hat Erneuerbare Energien in Lateinamerika aufgebaut, Entwicklungsbanken beraten und war kommunale Klimaschutzmanagerin der Stadt Mainz.

Sich in der SPD zu orientieren fiel Herda Muñoz erst einmal schwer: „Ich habe mich zunächst überhaupt nicht gut reingefunden in die vorhandenen Strukturen.“ Das änderte sich Ende 2018. Da fragten sie Leute aus dem Ortsverein der SPD Hechtsheim, ob sie sich vorstellen könne, als Ortsvorsteherin zu kandidieren. Den berühmten Slogan „Think global, act local“ will die junge Frau nun vor Ort in Mainz-Hechtsheim umsetzen. „Hier in meinem Ortsteil ist die Politik sehr konservativ, alt und männlich geprägt. Für mich war klar, dass ich mich nicht immer nur über fehlende Diversität in der Politik aufregen kann. Wenn ich die Möglichkeit habe, will ich auch selbst etwas verändern.“

Wahlangebot statt Wahlkampf

Im Wahlkampf will die Umweltwissenschaftlerin aber nicht nur ihre eigenen Themen vermitteln, sondern vor allem den Menschen zuhören. Deswegen macht sie auch keinen Wahlkampf, sondern ein Wahlangebot. „Ich brauche immer erst mal sehr viel Zeit, um über die Bundespolitik der SPD zu sprechen und sie zu erklären. Immer wieder kommt der Vorwurf, die SPD zeige keine Haltung. Ich versuche dann zu erklären, dass es nicht nur die große SPD gibt, sondern es die Menschen vor Ort sind, die die Partei ausmachen.“

Auch wenn sie mit vermeintlich konservativen Menschen auf der Straße spreche, bekomme sie immer positive Rückmeldungen, berichtet Herda Muñoz: „Es geht immer darum, wie offen man ist, ob man zuhört und die Menschen das Gefühl haben, dass man das auch ernst meint.“ Die Kandidatin möchte nicht ihre Inhalte verkaufen, sondern erst einmal die Probleme der Hechtsheimer Bürger erkennen, sagt sie. Kein schlechtes Rezept für eine angehende Kommunalpolitikerin.

Böhmermann nominiert sie für SPD-Spitze

Im Gespräch ist der 33-Jährigen nicht anzumerken, dass sie eine parteipolitische Quereinsteigerin ist. Damit widerlegt sie auch eine These des Komikers Jan Böhmermann. „Haben die tausenden neuen Mitglieder, die mit dem Schulz-Effekt in die SPD eingetreten sind, inzwischen lang genug Plakate geklebt, um allmählich ein wahrnehmbarer Faktor in der Partei zu werden?“, schrieb dieser Anfang Februar spöttisch bei Twitter. Tatiana Herda Muñoz antwortete: „Ich bin jetzt Spitzenkandidatin für meinen Stadtteil. Ist nicht alles blöd.“ Das beeindruckte Böhmermann offenbar. Denn als wenige Wochen später die Europa-Spitzenkandidatin Katarina Barley zu Gast in seiner Sendung ist, schlug er Herda Muñoz als Nachwuchstalent für den SPD-Parteivorstand vor.

Die Mainzerin hat das sehr gefreut. Sie will es aber auch nicht zu hoch hängen. Letztlich sei es doch nur eine Blase von Menschen, die sich für Böhmermanns Sendung interessierten. Wichtiger sind ihr die Menschen in Hechtsheim. Dort kämpft sie für den Erhalt der Gemeinschaft und des Ortskerns. „In der Hauptstraße gibt es sehr schönen Einzelhandel, der aber sehr zu kämpfen hat.“ Sie selbst wohnt noch nicht lange im Mainzer Stadtteil. Doch gerade deshalb will sie sich als Zugezogene für eine starke Gemeinschaft einsetzen: „Ich will hier nicht nur wohnen, um zu schlafen.“

Plötzlich nicht mehr anonym

Für die Wahl am 26. Mai hat sich Herda Muñoz das Ziel gesetzt, zumindest die Stichwahl zu erreichen. Das würde bedeuten, dass die Plakate mit ihrem Konterfei noch zwei Wochen länger hängen. An den Anblick musste sie sich erst einmal gewöhnen: „Man macht sich schon nackig. Plötzlich kann man nicht mehr anonym irgendwo hinhuschen, aber man gewöhnt sich relativ schnell an alles und das Plakat ist richtig super geworden.“ In Jogginghose morgens zum Bäcker geht sie trotzdem noch. Im Zweifel auch morgens um sechs, um mit Handwerkern über den Klimawandel zu diskutieren.

 

Dieser Artikel ist zuerst auf vorwärts.de erschienen.

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