Antrag im Bundestag

Wie die Koalition den ländlichen Raum stärken will

Carl-Friedrich Höck04. April 2019
Nicht nur die Nähe zur Natur macht ländliche Räume lebenswert. Doch mancherorts mangelt es an Infrastruktur.
„Gutes Arbeiten und Leben auf dem Land“ – über diesen Antrag hat der Bundestag am Donnerstag Abend abstimmt. Die große Koalition will Breitbandanschlüsse und Mobilfunknetze lückenlos und zügig ausbauen, das Ehrenamt stärken und mehr Fördermittel für ländliche Kommunen.

In Deutschland leben 47 Millionen Menschen im ländlichen Raum – mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Und doch fühlen sich dort manche vernachlässigt, vor allem abseits der Ballungsgebiete. Dort, wo das Handy keinen Empfang hat, die Bahnlinie eingestellt wurde oder die Daten durch die Internetverbindung mehr tröpfeln als strömen.

Ländlicher Raum leidet unter Wegzug

Die schwarz-rote Koalition im Bund will das ändern. In einem gemeinsamen Antrag verweisen CDU/CSU und SPD darauf, dass die ländliche Bevölkerung im Durchschnitt immer älter werde. „Dadurch wächst der Bedarf an Personal vor allem in der Nahversorgung und im Pflegebereich.“ Gleichzeitig ziehe es junge Menschen in die Städte und Ballungsräume. „Dies wirkt sich negativ auf die medizinische Versorgung, Kinderbetreuungsangebote, Schulversorgung, den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und die Infrastruktur des ländlichen Raums aus.“ Wo aber Ärzte, nahe Schulen und schnelle Internetverbindungen fehlten, da zögen auch kaum neue Einwohner hin.

Dabei hätten ländliche Räume durchaus Vorteile: etwa preiswerten Wohnraum, die Nähe zur Natur und ein aktives Vereinsleben. „Besonders in ländlichen Regionen ist der Anteil des ehrenamtlichen Engagements oft hoch“, heißt es im Antrag.

Was die Koalition erreichen will

Dieser Antrag enthält eine Reihe von Forderungen an die Bundesregierung. Unter anderem:

  • Die Bundesregierung soll sich auf EU-Ebene für eine angemessene Förderung des ländlichen Raumes einsetzen. So soll etwa für das Programm „ELER“ – ein Landwirtschaftsfonds für den ländlichen Raum – auch nach 2020 genügend Geld bereitgestellt werden und es soll so umgestaltet werden, dass auch kleinere Kommunalverwaltungen es unbürokratisch nutzen können.
  • Der Breitbandausbau mit Glasfaserkabeln soll zügiger vorangetrieben werden, unter anderem mit einem neuen Förderprogramm, damit auch in den „grauen Flecken“ bald schnelle Anschlüsse verlegt werden. Die Mobilfunknetze sollen ebenfalls ausgebaut werden. Dafür soll die Regierung bis Mitte 2019 ein ressortübergreifendes Gesamtkonzept vorlegen. Die Abgeordneten brachten dabei auch eine Infrsstrukturgesellschaft zum Bau von Mobilfunkmasten ins Spiel. Die Koalition will auch die Netzbetreiber stärker in die Pflicht nehmen: Mit hohen Bußgeldern, wenn der versprochene Netzausbau ausbleibt. Und mit einer lokal begrenzten Roaming-Pflicht, wenn freiwillige Kooperationen scheitern.
  • Die Rahmenbedingungen für ehrenamtliches Engagement sollen verbessert und bürokratischer Aufwand verringert werden. Dazu soll zum Beispiel das Bundesprogramm Ländliche Entwicklung angepasst werden, sodass Förderprogramme schneller bearbeitet und den Ehrenamtlichen hauptamtliche Berater zur Seite gestellt werden.
  • Die Länder sollen dazu angehalten werden, Bundesmittel zur Förderung der ländlichen Entwicklung möglichst vollständig an die Kommunen weiterzugeben. Auch soll die Regierung auf die Länder einwirken, „in Abstimmung mit dem Bund die öffentliche Nahverkehrsanbindung im ländlichen Raum zu erhalten beziehungsweise auszubauen und kreative Mobilitätskonzepte zu fördern“.

VKU begrüßt den Antrag

Aus Sicht des Verbandes Kommunaler Unternehmen VKU sind folgende Punkte zentral: die interkommunale Zusammenarbeit bei der Daseinsvorsorge zu stärken, die Chancen der Digitalisierung gerade für den ländlichen Raum zu nutzen und über mehr Gestaltungsfreiräume für maßgeschneiderte Lösungen vor Ort zu debattieren. Dazu sagte Katherina Reiche, VKU-Hauptgeschäftsführerin: „Der Bundestag bekennt sich klar zu ländlichen Regionen und sendet das richtige Signal: Denn gleichwertige Lebensverhältnisse sind ein Versprechen für Wirtschaftskraft, Lebensqualität und Zusammenhalt in Stadt und Land. Dazu leisten kommunale Unternehmen ihren Beitrag.“

Auf dem Land würden immer weniger die Kosten für Erhalt und Betrieb der Infrastruktur schultern, während in den Städten immer mehr Menschen versorgt werden müssen. Diesen Handlungsbedarf hätten die Abgeordneten erkannt. Sie forderte darüber hinaus „leistungsfähige, digitale Infrastrukturen in Stadt und Land.“ 

Gleichwertige Lebensbedingungen: weitere Vorschläge in Arbeit

Der Antrag der schwarz-roten Koalition ist nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu besseren Lebensbedingungen auf dem Land. Im Juli 2018 hat die Bundesregierung eine Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ eingesetzt. Sie soll bis Juli 2019 konkrete Handlungsempfehlungen erarbeiten, wie der Bund auf unterschiedliche regionale Entwicklungen reagieren kann.

Mehr Informationen
Der Antrag und die Stellungnahmen der Ausschüsse sind auf der Internetseite des Bundestages zu finden. Das Ergebnis der Bundestagsabstimmung können Sie hier verfolgen.

Einen Gastbeitrag des SPD-Bundestagsabgeordneten Dirk Wiese zum Thema lesen Sie auf demo-online.de

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