Leipzig

Wie kommunales Crowdfunding für die Ukraine funktioniert

Carl-Friedrich Höck14. März 2022
Screenshot der Plattform leipzig-crowd.de
Die Stadt Leipzig und ihre kommunalen Unternehmen sammeln Spenden für die Ukraine-Hilfe. Peter Krutsch von der Leipziger Gruppe erklärt, wie das funktioniert und wohin das Geld fließt.

Peter Krutsch ist Pressesprecher der Leipziger Gruppe.

DEMO: Die Stadt Leipzig sammelt Spenden für Schutzsuchende aus der Ukraine. Wofür wird das Geld am Dringendsten benötigt?

Krutsch: Die Leipziger Gruppe als kommunaler Unternehmensverband hat die Spenden-Aktion gemeinsam mit ihrem Gesellschafter Stadt Leipzig und Vereinen gestartet. Nach Angaben des Partnerschaftsvereins Ukraine-Kontakt e.V. werden in den umkämpften Gebieten vor allem gerade medizinisches Equipment, Medikamente, Wasser, hochkalorische Lebensmittel sowie Hygieneartikel benötigt. Die Bedarfe ändern sich gerade täglich.

Crowdfunding-Aktionen werden meistens zivilgesellschaftlich organisiert, nicht von Behörden. Warum hat sich die Stadtverwaltung entschlossen, diesen Weg zu gehen?

Wir haben diesen Weg gemeinsam mit der Stadt gewählt, da wir uns im gemeinsamen Krisenstab täglich über effektive und gut umsetzbare Hilfsaktionen abstimmen. Die Stadt Leipzig ist Gesellschafter der Leipziger Gruppe. Und die Leipziger Gruppe verfügt über eine Crowdfunding-Plattform, die in Leipzig bekannt und etabliert ist. Sie ist seit nunmehr fünf Jahren erfolgreich. Die Leipziger Crowd hat bisher mehr als 5800 Unterstützer in 57 Projekten gewonnen und über die Jahre mehr als 480.000 Euro generiert. Um schnell, effektiv und koordiniert zu helfen, haben wir uns auf dieses bestehende Netzwerk besonnen und uns geeinigt, diese bewährte Hilfsplattform zu nutzen.

Wichtig war, in hohem Tempo auf ein bewährtes Instrument zugreifen zu können. Die Crowd ist bei vielen unserer Partner in Leipzig als verlässlich und transparent bekannt. Deshalb hat sie auch mit dieser Aktion eine hohe Resonanz, was uns sehr freut. Wir haben zudem schnell und unbürokratisch entschieden, dass für alle Unterstützer keine Gebühren anfallen und Transparenz garantiert wird.

Welche Kanäle nutzt die Stadt, um möglichst viele Menschen auf die Spenden-Aktion aufmerksam zu machen?

Wie gesagt, es ist eine gemeinsame Aktion. Wir kommunizieren abgestimmt und gehen abgestimmt auf die Öffentlichkeit und Partner zu. Wir nutzen unter anderem: regionale Tageszeitungen, Anzeigenblätter, Amtsblätter, Radio, Fernsehen, die Website der Stadt Leipzig und die Website der Leipziger Gruppe, Online-Magazine, Fahrgast-Fernsehen in der Straßenbahn, interne Kommunikationskanäle (die Stadt Leipzig und die Leipziger Gruppe erreichen gemeinsam rund 15.000 Mitarbeiter), alle Social-Media-Kanäle, direkte Anschreiben an Kunden und Partner, Anzeigen- und Informationskampagnen. Zudem wird die Spenden-Aktion bei allen Presseterminen und Pressemitteilungen, die die Stadt Leipzig und die Leipziger Gruppe im Zusammenhang mit der Ukraine-Hilfe gerade initiieren, erwähnt und gepusht.

Wer verwaltet das gespendete Geld und sorgt dafür, dass es an der richtigen Stelle ankommt?

Die gesammelten Spendengelder werden sowohl schutzsuchenden Ukrainern in Leipzig zugutekommen als auch humanitären Projekten in der Ukraine. Und das sogar 1:1, denn die Leipziger Gruppe übernimmt zusätzlich zu ihrer Initialspende von 5.000 Euro auch alle für die Spendenabwicklung anfallenden Gebühren. Über die konkrete Verwendung und Verteilung der Gelder wird in enger Abstimmung mit der Stadt Leipzig und vor allem mit Vereinen und Hilfsorganisationen entschieden.

Die Städte Leipzig und Kiew verbindet eine 60-jährige Städtepartnerschaft, sodass bei der Entscheidung, wo die Hilfeleistungen am dringendsten benötigt werden, auf ein belastbares Netzwerk zurückgegriffen werden kann. An diesem Freitag wird voraussichtlich die erste Tranche aus dem Spendentopf ausgezahlt. Bis dahin wird auch entschieden, wofür die erste Tranche verwendet wird. Von unserem bisherigen Crowdfunding-Grundsatz, dass nur ausgezahlt wird, wenn eine bestimmte Spendenzielsumme erreicht wird, weichen wir bei diesem Projekt ab: Jeder Euro wird weitergereicht.

Die Stadt hat die Aktion zusammen mit der „Leipziger Gruppe“ ins Leben gerufen – dazu gehören Stadtwerke, Wasserwerke, Verkehrsbetriebe und Sportbäder. Wie sieht die Zusammenarbeit aus?

Die Stadt Leipzig ist Gesellschafter der Leipziger Gruppe. Die Zusammenarbeit ist engmaschig. Die Leipziger Gruppe dient der Daseinsvorsorge in der Stadt Leipzig und ist in alle Entscheidungsprozesse der Stadtverwaltung eingebunden – auch in Krisenfällen wie der Corona-Pandemie oder jetzt – im Kriegsfall. In allen wichtigen Entscheidungsgremien sitzen Vertreter der Beteiligungsunternehmen.

Der „Verband kommunaler Unternehmen“ (VKU) stellt Städten und Gemeinden kostenlos eine Crowdfunding-Lösung zur Verfügung, um Hilfsinitiativen zu unterstützen. War es aufwendig, das Angebot auf die Bedürfnisse der Stadt anzupassen?

Die Leipziger Gruppe hat die White-Label-Lösung für eine Crowdfunding-Plattform als eines der ersten kommunalen Unternehmen in Deutschland für Leipzig übernommen. Insofern ist es genau das Angebot des VKU – auf Leipziger Bedürfnisse angepasst. Die Stadt Leipzig und wir stellen damit eine schnelle, unkomplizierte Lösung, und das ist es, was Leipzig unter anderem ausmacht: eine liebenswerte Stadt, die hilft, wo sie kann.

Wie gut wird die Aktion bisher angenommen? Wird das Spendenziel erreicht?

Stand heute haben rund 2000 Unterstützer mehr als 180.000 Euro bereitgestellt. Eine respektable Summe in so kurzer Zeit. Viele große Vereine, Unternehmen, Institutionen und Kulturstätten haben ihre Unterstützung zugesichert. Wir sind zuversichtlich, dass wir das Spendenziel erreichen werden. Schon jetzt ist diese Aktion auf unserer Plattform diejenige mit der größten Resonanz. Zudem haben wir von Anfang an kommuniziert, dass wir derzeit kein Enddatum für dieses Projekt sehen – es wird verlängert, solange die Not in der Ukraine andauert.

 

Mehr Informationen
leipziger-crowd.de

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