Kommunalwahl Niedersachsen

Kommunalwahl: Warum die SPD Schwanewede Platzhalter plakatiert

28. Juli 2021
Avatare statt Kandidat*innenfotos: Die SPD Schwanewede geht im Kommunalwahlkampf neue Wege im Plakat-Wahlkampf.
Weil die Frist für die Briefwahl vorverlegt wurde, zeigt die SPD Schwanewede im niedersächsischen Kommunalwahlkampf auf seinen Plakaten Platzhalter statt Kandidat*innenfotos. Das sorgt vor Ort für viel Gesprächsstoff – und einen Polizeieinsatz.

Zu sehen ist nicht mehr als der Umriss eines Kopfes in unterschiedlichen Farben. Dazu ein Vorname wie „#Dominik“ oder „#Frank“. Ganz klein oben rechts taucht das SPD-Logo auf. Das sind die aktuellen Plakate des SPD-Ortsvereins Schwanewede, einer Gemeinde nördlich von Bremen. Im jetzt angelaufenen Wettlauf um die Stimmen der Menschen bei der Kommunalwahl am 12. September gehen die Norddeutschen neue Wege: Statt bunter Kandidat*innen-Motive zeigt die SPD Avatare, also Ersatzfiguren wie sie auch bei Computerspielen verwendet werden.

Auf die Idee gekommen sind der Vorsitzende Dominik Schmengler und seine beiden Stellvertreter Björn Herrmann und Frank Schneider. Die drei haben nicht nur in ihrem Ortsverein etwas zu sagen, sondern mischen auch in der Kommunalpolitik mit: Schmengler ist Bürgermeister der zur Gemeinde Schwanewede gehörenden Ortschaft Meyenburg, Schneider fungiert als stellvertretender Ortsbürgermeister von Neuenkirchen und Herrmann ist SPD-Fraktionsvorsitzender im Schwaneweder Gemeinderat sowie im Kreistag des Landkreises Osterholz.

Aus der Not eine Tugend gemacht

Der Hintergrund der Aktion ist ein ganz praktischer: Die Wahlleitung hatte den Beginn der Briefwahl auf Anfang August vorgezogen. Dies, meint Schmengler, habe alle Parteien unter Zugzwang gesetzt – natürlich auch die Sozialdemokrat*innen. So würden beispielsweise noch nicht von allen Kandidat*innen die Fotos für die Plakate vorliegen. Um trotzdem schon auf die Partei und ihre Kandidat*innen hinzuweisen, sei die Idee mit den Avataren entstanden. „Wir füttern erst ein bissen an, wollen neugierig machen und dann lassen wir den Vorhang nach und nach fallen“, sagt Schneider.

Die Idee ist aufgegangen, wie die beiden Ortsvereinsvorstände berichten. Dass eine Partei mal nicht nur mit dem Vorstand oder anderen Kandidat*innen auf sich aufmerksam macht, hätten die Menschen in der Gemeinde registriert. Zwar sei hier und da Skepsis gegenüber dem Schwaneweder SPD-Wahlkampfweg geäußert worden, doch diese Stimmen seien inzwischen längst verschwunden. „Wir haben festgestellt, dass es eine Win-Win-Situation ist“, sagt Schneider. Dominik Schmengler erklärt die nächsten Schritte: Wenn alle Bilder vom Fotografen vorliegen, würden die Avatare überklebt und die Schwaneweder SPD-Kandidat*innen präsentieren sich mit ihrem vollen Namen und ihren Gesichtern.

Neuer „Spirit“ im Wahlkampf

Schmengler findet, dass diese Art des Wahlkampfs einen neuen „Spirit“ ins Werben um die Gunst der Wähleri*nnen gebracht habe. Statt sich bloß mit Ortsvereins- und Fraktionsvorstand zu zeigen, „hat jetzt jeder sein eigenes Plakat“, sagt der Ortsvereinsvorsitzende. Und weil sich natürlich jede*r der insgesamt 21 SPD-Bewerber*innen präsentieren möchte, sorge auch jede*r dafür, dass das jeweilige Plakat aufgestellt werde.Voraussichtlich bis Ende Juli werden die sozialdemokratischen Avatare zum Ortsbild der Gemeinde Schwanewede gehören. Dann kommen die Fotos. Vermutlich wird es dann nicht wieder zu solch einer Begegnung kommen, wie sie Ortsvereinschef Schmengler beim Aufstellen der Avatar-Serie erlebte. Schmunzeld berichtet er, dass er am späten Nachmittag von Polizeibeamten einer Zivilstreife angesprochen worden sei: Was er denn da aufstelle, Bürger hätten „Fakeplakate“ gemeldet. Nach der Aufnahme der Personalien sei dieses Missverständnis aber schnell aus der Welt geräumt worden. Für den Schwaneweder SPD-Chef ist dies allerdings einmal mehr der Beweis dafür, dass die Avatare für die Wahlwerbung genau der richtige Weg sind.

Den gehen die Schwaneweder Sozialdemokrat*innen indes nicht nur in der realen Welt. Zu einem Kommunalwahlkampf gehört ihrer Überzeugung nach auch eine entsprechende Präsenz in den sozialen Medien. Dort sind sie auf Facebook und Instagram sowie mit einem eigenen Youtube-Kanal „future to go“ vertreten. Dort sowie auf ihrem Flyer kommunizieren sie nicht unter SPD Schwanewede, sondern unter ihrem Label „Rotfuchs 28790“.

Der Artikel ist zuerst auf vorwaerts.de erschienen.