Tourismus

Wie Kommunen das Bauhaus-Jubiläum für sich nutzen

Carl-Friedrich Höck24. Juni 2019
Eröffnung des neuen Bauhaus-Museums in Weimar
Eröffnung des neuen Bauhaus-Museums in Weimar
Vor 100 Jahren wurde das Bauhaus gegründet. Viele Kommunen hoffen, dass das Jubiläum Impulse für den Tourismus und für die Entwicklung ihrer Stadt setzt.

In der kleinen Stadt Weimar wurden vor 100 Jahren zwei Dinge neu gedacht: der Staat und die Kunst. Während im Nationaltheater Abgeordnete aus ganz Deutschland über die Verfassung für die neue Republik berieten, gründete Walter Gropius im April 1919 das „Staatliche Bauhaus“. Eine Kunstschule, an der sich zahlreiche Vordenker der Klassischen Moderne versammelten.

Gropius wollte die Unterscheidung zwischen Kunst und Handwerk aufheben. „Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau“, heißt es im Gründungsmanifest der Schule. Das Bauhaus revolutionierte das Industrie- und Grafikdesign und prägte auch die Architektur. „Neues Bauen“ heißt die Stilrichtung, mit welcher der Wohnungsbau rationalisiert wurde.

Kulturstiftung fördert Bauhaus-Jahr

Spuren des Bauhauses finden sich heute in ganz Deutschland (und auch in aller Welt). Und so hat das Bauhaus nach der Kunst und der Architektur noch einem weiteren Gebiet seinen Stempel aufgedrückt: dem Tourismus.

Zum 100. Jubiläum wird das Bauhaus-Jubiläum nämlich zur Klammer für ein deutschlandweites Kulturprogramm. Im Mittelpunkt stehen die drei Wirkungsstätten des Bauhauses: Weimar, Dessau und Berlin. In allen drei Orten werden (beziehungsweise wurden) 2019 neue Bauhaus-Museen eröffnet. Doch das ist längst nicht alles. Im Vorfeld des Jubiläums haben sich elf Bundesländer, unterstützt vom Bund, zu einem „Bauhaus-Verbund“ zusammengeschlossen. Die Kulturstiftung des Bundes hat den Ländern jeweils 150.000 Euro bereitgestellt, um ihre eigene „Bauhaus-Geschichte“ mit Ausstellungen zu präsentieren.

Insgesamt hat die Kulturstiftung des Bundes sogar 17,2 Millionen Euro für das Jubiläum „Bauhaus 2019“ zur Verfügung gestellt, teilt eine Sprecherin der Stiftung mit. „Ein für uns sehr wichtiger Bestandteil sind die Bauhaus-Agenten“, unterstreicht sie. Diese sollen neue Formate entwickeln, um das Thema Bauhaus in den drei Museen in Weimar, Dessau und Berlin sowie an den umliegenden Schulen zu vermitteln. Zudem richtete die Kulturstiftung 2016 einen „Fonds Bauhaus heute“ ein. Mit insgesamt 4,2 Millionen Euro wurden Projekte gefördert, die die zeitgenössische Relevanz des Bauhauses aufzeigen. Unter anderem floss das Geld an ein Tanztheater in Berlin, eine Fotografie-Ausstellung in Hamburg oder ein Kulturfestival rund um die ehemalige Weberei „Pausa“ im schwäbischen Mössingen.

Deutschlandweit: Grand Tour

Ein weiterer Höhepunkt des Jubiläums: Anfang Mai startete die „Grand Tour der Moderne“. Hierfür hat eine Jury 100 Orte und Bauwerke in ganz Deutschland ausgewählt. Sie sollen beispielhaft zeigen, wie die Architektur sich in den vergangenen 100 Jahren entwickelt hat. Kernstück des Projektes sei die Website grandtourdermoderne.de, sagt Projektleiterin Antje Horn. Dort werden die Orte mit Fotos und kurzen Texten vorgestellt. Die Website gebe Reiseempfehlungen, man biete aber selbst keine Reisen zur Buchung an, betont Horn. Bewusst seien nicht nur große Städte, sondern auch Objekte in der Peripherie ausgewählt worden. Ein Kriterium war dabei laut Horn wichtig: „Wir wollen die Leute animieren, dort hinzufahren und die Orte zu erleben – dazu müssen diese gut erschlossen seien.“

Schirmherrin der Grand Tour der Moderne ist Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Sie hat das Projekt mit einer Million Euro gefördert. Die Länder Sachsen-Anhalt und Thüringen beteiligen sich mit jeweils 54.000 Euro an der Finanzierung. Ausgegeben wird das Geld für die Website und ihre Redaktion, aber auch für begleitende Öffentlichkeitsarbeit, etwa auf Tourismusmessen. Zudem werden ein Kinderbuch („Alles Bauhaus?”) und ein Reisebuch („Bauhaus – 100 Orte der Moderne“) publiziert.

Weimar: doppeltes Jubiläum

Die Stadt Weimar rechnet für 2019 und die folgenden Jahre mit steigenden Besucherzahlen. Denn das Bauhaus-Jubiläum hat ihr drei neue Attraktionen beschert: das Bauhaus-Museum, die Dauerausstellung „Van de Velde, Nietzsche und die Moderne um 1900“ im Neuen Museum sowie das neu als Museum eröffnete „Haus Am Horn“. Außerdem gibt es in Weimar ja noch ein zweites Jubiläum zu feiern: Die Weimarer Reichsverfassung wird ebenfalls 100. Aus diesem Anlass entsteht gerade ein „Haus der Weimarer Republik“, das im Sommer erstmals seine Türen öffnen wird. Besucher anlocken dürfte auch das umfangreiche Kulturprogramm zum Bauhausjahr in Weimar und Umgebung – gefördert vom Land Thüringen und von den jeweiligen Kommunen.

Laut der städtischen Marketinggesellschaft Weimar GmbH ist das Jahr vielversprechend angelaufen. „Die Stadt war mit der Eröffnung des Bauhaus-Museums vor allem an den Wochenenden, aber auch in der Woche (insbesondere in den Osterferien) sehr gut bis ausgebucht“, teilt eine Sprecherin mit. Auch die Vorbuchungszahlen für die kommenden Monate ließen eine überdurchschnittliche Auslastung erwarten.

Sven Steinbrück, SPD-Politiker aus Weimar
Sven Steinbrück, SPD-Politiker aus Weimar

Weimar sei stark touristisch geprägt, sagt der SPD-Politiker Sven Steinbrück, Vorsitzender des Bau- und Umweltausschusses der Stadt. Fast 400.000 Gäste übernachten jährlich in der thüringischen Stadt; die Zahl der Tagestouristen liegt bei fast vier Millionen. Davon profitierten auch die etwa 65.000 Einwohner, ist Steinbrück überzeugt. Denn dank der Touristen könne die Stadt sich ein umfangreiches Kulturprogramm und eine vielfältige Gastronomie leisten. „In einer vergleichbar großen Stadt ist sonst nur die Hälfte los. Das ist ein großer Wert.“

Das neue Bauhaus-Museum habe man bewusst nicht in der bei Touristen beliebten Innenstadt, sondern etwas weiter nördlich errichtet, erklärt der Sozialdemokrat. Dort entstehe ein „Quartier der Moderne“ mit verschiedenen Ausstellungen, die sich mit dem 20. Jahrhundert befassen. So entzerre man die Touristenströme etwas. Das neue Bauhaus-Museum (Baukosten: 27 Millionen Euro) bezeichnet Steinbrück als „Geschenk von Bund und Land“. Die Stadt Weimar habe rund zehn Millionen investiert, etwa in die ­Umfeldgestaltung und die Erweiterung des angrenzenden Parks.

Dessau: politische Heimat

Der Veranstaltungskalender zum Jubiläumsjahr ist auch in Dessau vollgepackt. Hierhin siedelte das Bauhaus 1925 um und hier wirkte es die längste Zeit. Die sozialdemokratisch geprägte Stadt stand den neuen Ideen damals aufgeschlossener gegenüber als die neue konservativ-nationalistische Regierung in Thüringen.  Dass Politik, Kunst und Unternehmertum zusammenwirkten, daran erinnert auch Robert Hartmann, der Vorsitzende des SPD-Stadtverbandes Dessau-Roßlau: „Darauf sind wir als örtliche SPD stolz“.

Das Bauhaus-Gebäude in Dessau
Das Bauhaus-Gebäude in Dessau gehört zum Weltkultur­erbe.

Für Dessau markiert das Jahr 2019 nur den Auftakt des Jubiläums, obwohl auch hier im September ein neues Bauhaus-Museum eröffnet. Denn erst im Jahr 2025 ist der Umzug nach Dessau ein Jahrhundert her. Und 2026 gilt es, den 100. Jahrestag des berühmten Dessauer Bauhaus-Gebäudes zu feiern. Es gehört zum Weltkulturerbe der Unesco.

Robert Hartmann hofft, dass das Jubiläum eine positive Stimmung erzeugt. „Wir wünschen uns eine hochwertige Gastgeberkultur, gute Umsätze im Gastgewerbe und einen Schub für unsere Stadt, sie als Wohn- und Investitionsort wahrzunehmen.“

Mehr Informationen
grandtourdermoderne.de

 

Weiterführender Artikel:
Krefeld – die Bauhaus-Stadt im Westen