Sichere Häfen

Kommunen sind bereit: Wie Seenotrettung gelingen kann

Vera Rosigkeit 14. Januar 2020
Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (m.) spricht auf der Bundespressekonferenz.
Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (m.) spricht auf der Bundespressekonferenz. Ebenfalls auf dem Podium: Leoluca Orlando, Bürgermeister von Palermo (2.v.r); Luise Amtsberg, Sprecherin für Flüchtlingspolitik der Grünen-Fraktion (2.v.I) und Miriam Koch, Leiterin des Amtes für Migration und Integration der Stadt Düsseldorf.
Immer mehr Kommunen wollen die Tragödie im Mittelmeer beenden und mehr geflüchtete Menschen aufnehmen. Doch das Bundesinnenministerium zeigt sich handlungsunfähig. Potsdams SPD-Oberbürgermeister Mike Schubert will nun eine kurzfristige Lösung.

Das Sterben im Mittelmeer nimmt kein Ende, eine Lösung ist weder auf europäischer noch auf nationaler Ebene in Sicht. Dabei gibt es immer mehr Kommunen, die mehr aus Seenot gerettete Menschen in ihren Städten aufnehmen wollen.

Immer mehr Kommunen für Seebrücke

Allein in Deutschland haben sich bereits 120 Kommunen der Initiative „Seebrücke – schafft sichere Häfen“ angeschlossen. Sie fordern vom Bundesinnenminister hierfür eine Zusage und die Unterstützung bei Unterbringung und der Finanzierung. Doch das Ministerium unter Leitung von CSU-Politiker Horst Seehofer lässt Anfragen wie die aus der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf seit 2018 unbeantwortet.

Dabei wäre es kein Problem, auch kurzfristig einige Hundert Menschen aufzunehmen, erklärt am Montag Miriam Koch, Düsseldorfs Leiterin im Amt für Migration und Integration, bei einer Pressekonferenz „Seenotrettung 2020 und die Rolle aufnahmebereiter Kommunen“. Gemeinsam mit Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert, dem Bürgermeister Palermos, Leoluca Orlando, und der Grünen-Politikerin Luise Amtsberg fordert sie am Montag in Berlin mehr Mitspracherechte für die Kommunen.

Städte wollen helfen

Denn deren Wille sei ungebrochen, Menschen aus Seenotrettung auszunehmen und die Situation in den griechischen Lagern zu entschärfen. Würde Deutschland alle Menschen aus den griechischen Lagern inklusive Seenotrettung aufnehmen, wären das derzeit rund 50.000 Menschen, erklärt Koch. Käme ein Fünftel von ihnen nach Nordrhein-Westfalen, wären das am Ende ca. 300 Geflüchtete in Düsseldorf. „Kapazitäten in Unterkünften wären vorhanden“, sagt sie.

Auch Mike Schubert wartet bis heute auf ein Schreiben des Innenministeriums. Für ihn gehe es als erstes um das Retten von Menschen, gleichgültig ob es sich um Menschen auf einem Kreuzfahrtschiff oder einem Schlauchboot handele, betont Potsdams Oberbürgermeister. Erst dann könne es um das rechtsstaatliche Verfahren gehen, fügt er hinzu.

Die Zahl der Städte, die bereit seien, diese Katastrophe abzufangen, steige täglich. Nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa signalisierten derzeit Kommunen, dass sie mehr Menschen aufnehmen würden, wenn man sie ließe. Als besondere Katastrophe bezeichnet Schubert die Situation unbegleiteter Kinder in den Flüchtlingslagern Griechenlands. Potsdam habe sich sofort bereit erklärt, Minderjährige unkompliziert aufzunehmen. Statt ihnen zu helfen, werde in der Koalition jedoch über Verteilungsquoten debattiert. „Das kann nicht die Reaktion sein“, kritisiert er.

Staat nicht handlungsfähig

Schubert will das Werben für die Sache weiter voranbringen. Akzeptanz und Toleranz in der Bevölkerung würden dadurch bestimmt, dass sich ein Staat als handlungsfähig erweise. Momentan erlebe er ein Abwarten, für ihn das Gegenteil von Handlungsfähigkeit. Für den 28. Januar sei ein Gesprächstermin im Bundesinnenministerium (BMI) vorgesehen. Für ihn gehe es dabei nicht um eine grundsätzliche Debatte, sondern um die Frage, was jetzt ganz konkret getan werden kann. Schließlich sei es ein Novum, dass die, die Integrationsleistung erbringen müssten, es nicht dürften. Schuberts Ziel: Alle Kommunen geben an, wie viele Menschen sie aufnehmen können. Dann könne man mit einer konkreten Zahl ins BMI gehen und sagen, „das kriegen wir hin“. Die Entscheidung liege dann auf der Seite des Innenministeriums“, so Schubert.

 

Dieser Artikel ist zuerst auf vorwärts.de erschienen.

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