Geplante europaweite Leitlinien

Kommunen kämpfen um ihren Einfluss auf Sparkassen

Carl-Friedrich Höck01. Februar 2017
Sparkasse Logo
Das berühmte Sparkassenlogo an einer Hauswand: Kommunen fürchten um die bewährte Kontrollstruktur der öffentlich-rechtlichen Sparkassen.
Neue europäische Leitlinien könnten Politiker aus den Aufsichtsorganen von Banken verbannen, befürchten die kommunalen Spitzenverbände. Dagegen wehren sie sich: Sie sehen die Struktur der Sparkassen gefährdet.

Wer bringt die nötigen Qualifikationen mit, um den Führungsorganen einer Bank anzugehören? Diese Frage sollen neue europäische Leitlinien beantworten. Einen Entwurf haben die Europäische Zentralbank (EZB) und die Europäische Bankenaufsicht (EBA) im Herbst 2016 vorgelegt. Für die deutschen Kommunen und ihre Sparkassen könnte der zu einem Problem werden.

Brandbrief der kommunalen Spitzenverbände

Städtetag, Landkreistag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) haben sich – gemeinsam mit dem Sparkassenverband – mit einem Brief an das Bundesfinanzministerium gewandt. Die „europäischen Vorschläge enthalten Anforderungen an Mitglieder von Aufsichtsorganen, die mit dem öffentlichen Bankenwesen nicht vereinbar sind“, heißt es in dem Schreiben, das der DEMO vorliegt.

Denn die Praxis, dass Bürgermeister, Landräte und andere Vertreter der Kommune dem Aufsichtsrat der örtlichen Sparkasse angehören, wäre mit den neuen Leitlinien in Frage gestellt. „Sowohl die EZB als auch die EBA vermuten einen Interessenkonflikt, wenn ein Mitglied im Aufsichtsratorgan eine Position mit hohem politischen Einfluss bekleidet“, erläutern die Kommunalverbände das Problem. Bürgermeister oder Beschäftigte im öffentlichen Dienst würden im Leitlinien-Entwurf sogar explizit genannt. Dabei sei es unverzichtbar, dass kommunale Vertreter den Verwaltungsräten der öffentlich-rechtlichen Sparkassen angehören. Das sei „der besonderen kommunalen Anbindung und der Sicherstellung des spezifischen Auftrags dieser Institutionen geschuldet“.

Aufsichtsrat nur noch mit Fachausbildung?

Die EZB schlägt zudem Mindestanforderungen an die Qualifikation von Mitgliedern in Aufsichtsratsorganen vor – etwa ein BWL-Studium oder eine Ausbildung mit Bezug zu Bank- oder Finanzdienstleistungen. Die Kommunen halten dagegen: Diese Anforderungen seien „zwar für Vorstände angemessen, aber für Mitglieder von Aufsichtsratsorganen inadäquat.“ Kommunale Mandatsträger wie Bürgermeister oder Landräte brächten „eine breite Diversität an Kenntnissen aus ihren Berufen – als Unternehmer, Handwerker, Dienstleister oder Arbeitnehmer – als auch besondere Kenntnisse der örtlichen Struktur und Marktgebiete sowie Lebenserfahrung und gesunden Menschenverstand mit“, argumentieren Städtetag, Landkreistag und DStGB. Sie fordern eine Ausnahmeregelung für die Vertreter kommunaler Träger von Bankinstituten.

Die Entwürfe für die Europäischen Leitlinien liegen seit Mitte November vor und sollten bis zum 20. Januar eine öffentliche Konsultation durchlaufen. Auch da habe man die eigene Position bereits deutlich gemacht, unterstreicht Matthias Wohltmann, Beigeordneter des Deutschen Landkreistages für den Bereich Sparkassen. „Wir müssen befürchten, dass die Stellungnahmen nicht ausreichen“, sagt er und warnt: „Jetzt drückt die Zeit.“ Mit dem Brief wolle man den Druck erhöhen. Das Schreiben wurde neben dem Bundesfinanzministerium auch an die Bundesbank und an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) adressiert.

EZB wertet Ergebnisse aus

Rolf Benders, Sprecher der Europäischen Zentralbank, verweist gegenüber der DEMO auf den Leitfaden-Entwurf der EZB und betont: „Die Mitglieder des Leitungsorgans müssen ausreichende Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrung für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben besitzen.“ Darüber hinaus müsse nun erst einmal die Auswertung der Konsultation abgewartet werden. „Nach Abschluss der Konsultation werden derzeit die eingegangenen Kommentare und Stellungnahmen gesichtet.”

Aufgaben der Sparkassen

In Deutschland gibt es 403 Sparkassen, die in der Sparkassen-Finanzgruppe zusammengeschlossen sind. Sparkassen unterliegen einem Gemeinnützigkeitsprinzip – ihr Hauptziel ist nicht die Erwirtschaftung von Gewinn. Träger sind Gemeinden, Kreise oder von diesen gebildete Zweckverbände – auf deren Grenzen beschränkt sich auch das Geschäftsgebiet.

Viele Sparkassen finanzieren Stiftungen oder gemeinnützige Projekte (etwa im Sport-, Kultur- oder Umweltbereich), teils werden Gewinne auch an den Träger ausgeschüttet. Wofür erzielte Gewinne verwendet werden können, ist je nach Region und Landesgesetz unterschiedlich geregelt. Zum Auftrag der Sparkassen heißt es beispielsweise im Sparkassengesetz von Nordrhein-Westfalen:

§ 2
Unternehmenszweck, öffentlicher Auftrag

(1) Die Sparkassen haben die Aufgabe, der geld- und kreditwirtschaftlichen Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft insbesondere des Geschäftsgebietes und ihres Trägers zu dienen.

(2) Die Sparkassen stärken den Wettbewerb im Kreditgewerbe. Sie fördern die finanzielle Eigenvorsorge und Selbstverantwortung vornehmlich bei der Jugend, aber auch in allen sonstigen Altersgruppen und Strukturen der Bevölkerung. Sie versorgen im Kreditgeschäft vorwiegend den Mittelstand sowie die wirtschaftlich schwächeren Bevölkerungskreise. Die Sparkassen tragen zur Finanzierung der Schuldnerberatung in Verbraucher- oder Schuldnerberatungsstellen bei.

(3) Die Sparkassen führen ihre Geschäfte nach kaufmännischen Grundsätzen unter Beachtung ihres öffentlichen Auftrags. Gewinnerzielung ist nicht Hauptzweck des Geschäftsbetriebes.

(4) Die Sparkassen dürfen im Rahmen dieses Gesetzes und den nach diesem Gesetz erlassenen Begleitvorschriften alle banküblichen Geschäfte betreiben.

weiterführender Artikel