Preis „Klimaaktive Kommune 2017“

Was Kommunen für den Klimaschutz tun können

Karin Billanitsch23. Januar 2018
Gewinner des Preises „Klimaaktive Kommune“, der während der 10. Kommunalen Klimakonferenz in Berlin verliehen wurde. Im Fokus stand die Zusammenarbeit von Kommunen mit zentralen Akteursgruppen, die für den Klimaschutz vor Ort wichtig sind.
Das Difu und das Bundesumweltministerium haben auf der Kommunalen Klimakonferenz 2018 in Berlin neun Kommunen ausgezeichnet, die sich im Klimaschutz besonders hervorgetan haben. Der Blick der zweitägigen Konferenz richtete sich insbesondere darauf wie Verwaltung, Politik und andere Akteure zusammenarbeiten und Klimaschutzziele konkret vor Ort umgesetzt werden können.

„Der Wettbewerb zeigt erneut, dass Kommunen und Regionen eine Schlüsselrolle beim Klimaschutz und der Klimaanpassung spielen” betonte Rita Schwarzelühr-Sutter. Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesumweltministerium war am gestrigen Montag zur „Kommunalen Klimakonferenz 2018“ gekommen. Dabei wurden auch neun Städte, Gemeinden und Kreise im bundesweiten Wettbewerb "Klimaaktive Kommune 2017" ausgezeichnet. Schwarzelühr-Sutter übergab die Preise gestern an solche Kommunen, die ein Vorbild beim Thema Klimaschutz und Klimafolgenanpassung sind.

Neun Kommunen sind ausgezeichnet als "Klimaaktive Kommune 2017"

Der Landkreis Oldenburg mit einer Klimaallianz in der Landwirtschaft, die Stadt Neuötting und die Region Bergisches Land bekamen den Preis in der Kategorie „Kommunale Klimaprojekte durch Kooperation“. Letztere haben ein Energiekompetenz-Zentrum zur Beratung und Vernetzung aufgebaut. Neuötting war preiswürdig für die Realisierung einer Lärmschutzwand mit kombinierten Photovoltaik-Elementen in enger Kooperation mit einer örtlichen Energie-Genossenschaft. Beim Thema „Klimaanpassung in der Kommune“ überzeugten die Stadt Neuss, Pirmasens und der Landschaftsverband Rheinland mit einem Dachflächenbegrünungsprogramm.

Die Ortsgemeinde Schnorbach in Rheinland-Pfalz bekam die Auszeichnung für ein Projekt mit dem Ziel der „Energieeinsparung im ganzen Dorf“. Die Einwohner werden finanziell unterstützt, wenn sie ihren privaten Energieverbrauch senken. Ausgezeichnet wurde auch Marburg für den „Klimaschutzbecher to go“ sowie der Landkreis Fürstenfeldbruck für sein Programm, bei dem Flüchtlinge für ressourcenschutz sensibilisiert werden. Eine Übersicht über die insgesamt neun Preisträger gibt es hier im Internet.

Schwarzelühr-Sutter: Nicht nur Leuchttürme sind preiswürdig

„Es sollen bei dem Wettbewerb aber nicht nur weithin sichtbare Leuchtturmprojekte ins Rampenlichtgestellt werden“, so Schwarzelühr-Sutter. „Sondern auch die, die mit beharrlicher und oft mühsamer Überzeugungsarbeit im Kleinen wichtige Erfolge erzielen.“ Es hatten sich Kommunen mit über 100 Beiträgen am Wettbewerb beteiligt. Die Preise sind jeweils mit 25.000 Euro dotiert. Initiator des Wettbewerbs ist das Bundesumweltministerium zusammen mit dem Deutschen Institut für Urbanistik (Difu). Kooperationspartner sind der Deutsche Städtetag, der Deutsche Landkreistag und der Deutsche Städte- und Gemeindebund.

In diesem Jahr standen die „Akteure im kommunalen Umfeld“ im Mittelpunkt der Tagung selbst. Wie setzt man überhaupt Klimaschutzmaßnahmen erfolgreich um? Wie motiviert man Bürger zu Klimaschutzmaßnahmen, bringt Akteure dazu, sich einzusetzen? Antworten darauf, wie man Klimaschutz in Politik und Verwaltung verankert, gaben einige Experten während der Konferenz: Fritz Reusswig vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung sagte etwa, wichtig sei auch die Einbindung von Profiteuren und der Zivilgesellschaft bei einer möglichen Energiewende-Strategie. Das können Betriebe vor Ort sein, Hersteller aus dem Umweltbereich, oder Dienstleister wie die örtlichen Handwerkskammern. Ebenso wichtig sei auch „eine gute Kommunikation“. Dabei müsse vor allem deutlich werden, wo die lokale Betroffenheit liegt. „Man muss den Leuten klarmachen, dass Klimaschutz nicht nur woanders ist, sondern hier vor Ort.“

Integriertes Klimaschutzkonzept im Landkreis Gießen

Landrätin Anita Schneider vom Landkreis Gießen machte den Tagungsteilnehmern am zweiten Tag der Konferenz deutlich, dass sie den Landkreis in einer Vorbild- und Leitfunktion sieht, was das Thema angeht. Der Landkreis hat ein integriertes Klimaschutzkonzept erstellt, mit dem Schwerpunkt Wärmewende. Schneider: „Zwei Drittel der Heizungen im Landkreis sind sanierungsbedürftig.“ Es gehe darum die Kommunen mitzunehmen und ihnen Hilfestellungen zu geben. Auch für die Sanierung von Schulen sei der Kreis zuständig.

Gießen hat bereits ein integriertes Klimaschutzkonzept beschlossen – doch damit nicht genug: „Aber es muss auch umgesetzt werden”, betonte Schneider. „Um das Beschlossene umzusetzen, braucht man Personal.“ Daher wurde in Gießen eine Stelle für regionale Klimapolitik geschaffen, die in der Abteilung Wirtschaftsförderung angesiedelt sind. Heute gebe es neben einer festen Stelle noch drei geförderte Stellen. Mit einem zusätzlichen Energiebeirat unterstützt ein externes Gremium den Landkreis Gießen bei seiner Aufgabe, seine energie- und klimapolitischen Ziele zu erreichen. Ihm gehören Politiker des Kreistags, der Kommunen, der Hochschulen, der regionalen Energieversorger und vieler weiterer relevanter Organisationen und Verbände und auch sachkundige Bürger an. Ein solcher Energiebeirat funktioniert, davon ist Schneider überzeugt – „wenn die Menschen, die dort sitzen, auch gehört werden.” Es sei „nicht nur eine Plauderrunde“. 

Appell: Klimaschutz als Pflichtaufgabe

Man braucht eine klare politische Zielsetzung: „Am Ende muss der zuständige Chef, der Landrat, der Dezernent, die Sache leben“, betonte Schneider. Klimaschutz müsse zu einer Pflichtaufgabe werden, appelliert Landrätin Anita Schneider. Auch investive Mittel seien nötig: zum Beispiel in Stromnetze, um die E-Mobilität auszubauen. Auch die Bildung in Schulen und Kitas zum Thema Umweltschutz könne noch vertieft werden. In der Gießener Kreisvolkshochschule sei Klimaschutz schon mit unterschiedlichen Themen verankert, hieß es. Besonders wichtig ist für die Landrätin auch die Stärkung der Zivilgesellschaft. Es gibt ehrenamtliche Energiescouts in den Dörfern, die der Kreis ausbildet. In Hessen sei die Initiative aus der Dorfentwicklung nicht mehr wegzudenken. 

Eines wird deutlich während der Tagung – und das ist auch keine neue Erkenntnis: Klimawandel ist eine klassische Querschnittsaufgabe, die mit einer offenen und integrierten Verwaltung mit einer dezernatsübergreifenden Arbeitsweise besser bewältigt werden kann. Klimaschutzmanager Sebastian Witte aus Arnsberg nennt Teilnehmern drei Erfolgsfaktoren, wie Klimaschutz kommunal verankert werden kann: Flache Verwaltungsstrukturen mit hohem Innovationsgrad, dezernatsübergreifende Ansiedlung des Themas – in Arnsberg in der so genannten „Zukunftsagentur“ – und offen sein für neue Ideen.