Steigende Infektionszahlen

Wie Kommunen die Nachfrage nach PCR-Tests bewältigen

Carl-Friedrich Höck17. Januar 2022
Testlabor in Berlin
Rekord-Inzidenzen bedeuten: Es werden immer mehr Corona-Tests benötigt. Bisher seien die Testzentren dem Ansturm gewachsen, berichten Kommunen der DEMO. Doch Laborkapazitäten werden knapper. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Eine rote Risiko-Warnmeldung in der Corona-App – daran haben sich viele Menschen in Deutschland gewöhnt. Im Durchschnitt haben in der vergangenen Woche 18.740 Personen täglich Warnungen verschickt. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt bundesweit bei 528 und damit so hoch wie nie zuvor.

Wer einen Risiko-Kontakt hatte, soll sich testen – am besten mit einem PCR-Test. Doch die Testkapazitäten werden knapper. Seit Jahresbeginn sei die Zahl der PCR-Testungen sprunghaft gestiegen, berichtete der Verband akkreditierte Labore in der Medizin in der vergangenen Woche. Wie bewältigen die Städte und Landkreise den Ansturm auf die Testzentren? Die DEMO beantwortet die wichtigsten Fragen.

Können sich alle Bürger*innen mit roter Corona-App-Warnung kostenfrei PCR-testen lassen?

Grundsätzlich ja. „Der rechtliche Anspruch auf einen PCR-Test nach einer Warnmeldung in der App besteht bundesweit“, bestätigt etwa der Landkreis Segeberg. In der Praxis versuchen manche Behörden jedoch, die Anzahl der PCR-Testungen zu begrenzen. Dabei nutzen sie rechtliche Spielräume, die der Bund ihnen einräumt. Aus Segeberg heißt es dazu: „Der Infektionsschutz des Kreises empfiehlt Personen, die keine Symptome haben, nur einen Antigentest durchzuführen, wenn die Warn-App anschlägt“. Die Kapazitäten für PCR-Tests seien begrenzt und App-Warnungen hätten eine niedrige Priorität. Das Leipziger Gesundheitsamt teilt mit, es obliege der Teststelle, ob sie sofort einen PCR-Test durchführt oder zuerst einen Antigen-Schnelltest, und diesen bei einem positiven Ergebnis per PCR-Testung bestätigen lässt. In Bremen ist diese Vorgehensweise sogar die Regel: Um die Laborkapazitäten zu entlasten, sollen die Bürger*innen zunächst nur einen Schnelltest machen. Die Stadt Ingolstadt teilt mit: Voraussetzung für einen kostenfreien PCR-Test sei, „dass entweder ein Arzt oder das Gesundheitsamt festgestellt hat, dass ein enger Kontakt in den letzten Tagen stattgefunden hat.“ Eine rote Kachel in der Corona-Warn-App reicht also alleine noch nicht aus.

Wo können die kostenlosen Tests durchgeführt werden?

Das ist regional unterschiedlich organisiert. Zwei Beispiele: In Lübeck gibt es keine von der Kommune betriebene Teststation. Hier testen nur Kliniken, Hilfsorganisationen und private Betreiber. Diese rechnen die kostenfreien PCR-Tests über einen sogenannten OEGD-Schein ab. Wer sich in Ingolstadt kostenfrei testen lassen will, muss zu einem Arzt oder – nach Terminvereinbarung – zur einzigen kommunalen Teststation gehen. An den 95 privaten Testzentren in Ingolstadt sind nur Schnelltests kostenfrei, privat veranlasste PCR-Tests müssen selbst bezahlt werden.

Das Leipziger Kommunikationsreferat weist übrigens darauf hin, dass nur symptomfreie Personen die Teststellen besuchen dürfen. Wer bereits Symptome habe, müsse zwingend den Hausarzt aufsuchen.

Informationen über die lokalen PCR-Teststellen werden oft von der Kommune oder dem Bundesland auf einer Website übersichtlich zusammengetragen. (Beispiele: duisburg.de, leipzig.de/coronavirus, schleswig-holstein.de)

Reicht die Zahl der Teststellen aus?

Die DEMO hat in sechs Städten bzw. Landkreisen nachgefragt. Die meisten berichten, dass das vorhandene Angebot ausreiche oder sich bei Bedarf ausweiten lasse. Aus Duisburg heißt es, gelegentlich komme während der Stoßzeiten zu kürzeren Wartezeiten vor den Testzentren. Wegen der stark zunehmenden Fallzahlen könnten sie in Zukunft länger werden. Lübeck räumt ein, es komme „vielfach zu langen Wartezeiten“. Die Pressestelle begründet das mit veränderten Regelungen und der Erweiterung auf „2G plus” in einigen Bereichen.

Sofern die Selbsteinschätzung der Kommunen stimmt, sind jedoch die begrenzten Laborkapazitäten das weit größere Problem. In Bremen melden die Labore laut Senatskanzlei, dass die Bearbeitungszeit eines PCR-Tests durchaus 36 bis 48 Stunden betragen könne. Mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 1.477 hat Bremen aktuell die zweithöchste Inzidenz aller deutschen Kommunen.

Warum werden die Laborkapazitäten knapp?

Bundesweit haben die Labore derzeit eine Kapazität von knapp 2,3 Millionen Tests pro Woche. In der Woche vom 3. bis 9. Januar waren sie zu 64 Prozent ausgelastet. Das hat der Verband „Akkreditierte Labore in der Medizin“ (ALM) kürzlich gemeldet. Laut ALM ist ein rasanter Anstieg zu beobachten: In der Silvesterwoche seien weniger als 900.000 Test durchgeführt worden, in der darauffolgenden Woche schon mehr als 1,4 Millionen. Seitdem ist die Zahl der Neuinfektionen stetig weiter gestiegen. (Mehr dazu: demo-online.de)

Sind Antigen-Tests eine gute Alternative zu PCR?

Das Bundesgesundheitsministerium bezeichnet PCR-Tests auf seiner Internetseite als „Goldstandard der Diagnostik“. Im Vergleich dazu gelten Antigen-Schnelltests als weniger zuverlässig. (Welche Tests wie gut regieren, hat das Paul-Ehrlich-Institut kürzlich untersucht.) Wenn statt eines PCR-Tests nur ein Antigen-Schnelltest zur Anwendung kommt, steigt also die Gefahr, dass Infizierte ein falsches negatives Testergebnis erhalten.

Das Bundesgesundheitsministerium setzt deshalb noch auf eine andere Testmöglichkeit: nukleinsäureamplifizierende Schnelltestverfahren (PoC-NAT-Tests). Wie PCR-Tests basieren sie auf der Nukleinsäureamplifikationstechnik (NAT). Sie können aber direkt vor Ort ausgewertet werden, ohne dass die Proben erst in einem Labor untersucht werden müssen. Der Kreis der Leistungserbringer für diese Verfahren werde derzeit erweitert, teilte das Ministerium der DEMO mit. Eine weitere Option sind laut Ministerium laborbasierte Antigentests, die genauere Ergebnisse liefern als Antigen-Schnelltests.

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