Jahresausblick des DStGB

Kommunen schwören dem „Europa-Bashing“ ab

Carl-Friedrich Höck03. Januar 2019
Europaflagge während einer Demonstration in Berlin (Archivbild)
Europaflagge während einer Demonstration in Berlin (Archivbild)
Die Europäische Union – ein Bürokratiemonster? Bürgermeister beschweren sich häufig über die Vorgaben aus Brüssel. Zum Jahresauftakt warnt der Städte- und Gemeindebund: Die Kommunen müssen sich zu Europa bekennen. Sonst gewinnen Populisten die anstehende Wahl.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) rät Kommunalpolitikern davon ab, ein zu schlechtes Bild von der Europäischen Union zu zeichnen. „Wir sollten uns dafür einsetzen, dass das Europa-Bashing ein Ende hat“, forderte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg am Donnerstag in Berlin. Dort stellte der DStGB seine Jahresbilanz 2018 und einen Ausblick auf 2019 vor.

Im Mai dieses Jahres stehen Europawahlen an. Zeitgleich werden in zehn Bundesländern Kommunalwahlen abgehalten. In vielen Ländern der EU haben rechtspopulistische und europaskeptische Parteien zuletzt an Zustimmung gewonnen.

Brüssel sei kein Bürokratie-Monster

DStGB-Präsident Uwe Brandl sagte, er sorge sich, dass das Parteiensystem auseinanderdriftet. Die Menschen wollten einfache Antworten auf ihre Fragen, doch die gebe es in der Politik nicht. Nun hoffe er, dass die rechten und linken Ränder nicht befeuert würden, sondern die Mitte gestärkt werde.

Das Märchen vom Bürokratie-Monster Brüssel sei objektiv falsch, sagte Landsberg. Gemessen an der Mitarbeiterzahl sei die Verwaltung der EU mit ihren 508 Millionen Einwohnern kleiner als die von zwei deutschen Großstädten.

EU „keine Selbstverständlichkeit”

Viele wichtige Aufgaben könnten die europäischen Staaten nur gemeinsam lösen, argumentiert der Städte- und Gemeindebund. Das gelte zum Beispiel für den Klimaschutz, die Digitalisierung, Globalisierung und Menschenrechte oder den Umgang mit Migration. Deutschland sei eine Exportnation und auf offene Grenzen angewiesen, merkte Landsberg an. Die vielen kriegerischen Auseinandersetzungen weltweit zeigten, dass die europäische Gemeinschaft keine Selbstverständlichkeit, sondern ein unschätzbarer Wert sei.

Der kommunale Spitzenverband tritt gleichwohl für Reformen ein, um den Kommunen auf europäischer Ebene mehr Gehör zu verschaffen. „Natürlich wollen wir mehr mitreden“, sagte Landsberg. Er wünscht sich einen größeren Einfluss des Ausschusses der Regionen (AdR). Als Beispiel nannte Landsberg die EU-Regeln, die nun zu Fahrverboten in deutschen Städten führen. Da hätte man vor Ort mal nachfragen können, ob die Ziele in absehbarer Zeit überhaupt erreicht werden können, kritisierte Landsberg.

Jahresthemen 2019

Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat in seinem Jahresausblick noch eine Reihe weiterer Themen benannt, die im neuen Jahr wichtig sein werden.

  • Infrastruktur – Der DStGB fordert einen Modernisierungsschub. In die Infrastruktur müsse mehr investiert werden. Nur so lasse sich eine Spaltung der Gesellschaft überwinden. Nur 16 Prozent der Bevölkerung wollten in einer Großstadt leben – deshalb dürfe der ländliche Raum nicht abgehängt werden. Der kommunale Investitionsrückstand habe 2019 einen neuen Rekord von 159 Milliarden Euro erreicht.
  • Digitalisierung – was für die Infrastruktur generell gilt, trifft nach Ansicht des DStGB insbesondere auf die Digitalisierung zu. Sie müsse beschleunigt werden. Etwa im Bereich mobiles Internet: „Jeder will 5G, aber keiner will die Masten vor der Tür stehen haben“, benennt Landsberg das Dilemma. Dabei könnten die neuen digitalen Möglichkeiten zum Beispiel helfen, die ärztliche Versorgung zu verbessern.
  • Grundsteuer: Die bisherige Berechnung der Grundsteuer ist verfassungswidrig. Bis Ende 2019 muss nun ein neues Konzept zur Verfügung stehen. Sonst, so fürchten die Städte und Gemeinden, falle die kommunale Steuer weg. Die Grundsteuer dürfe auch nicht gestrichen und zum Beispiel durch ein höheres Umsatzsteueraufkommen für die Kommunen ersetzt werden. Sonst lege man „die Axt an die kommunale Selbstverwaltung“, sagt DStGB-Präsident Brandl.
  • Fahrverbote – Für den Wirtschaftsstandort Deutschland habe es eine große Bedeutung, dass dem Verkehr in den Städten nicht der Stecker gezogen wird, sagte Landsberg. Die Verkehrswende sei jedoch ein Mammutprojekt und brauche Zeit. Neue Elektrobusse würden erst nach einem Jahr geliefert, und dann müssten immer noch die Betriebshöfe umgebaut werden. Auch eine Bahntrasse zu bauen dauere mehrere Jahre.

 

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