Angriff auf Ukraine

Kommunen sehen Energieversorgung gefährdet

Carl-Friedrich Höck01. März 2022
Wie hier vor dem Berliner Reichstagsgebäude weht die ukrainische Flagge auch vor vielen deutschen Rathäusern.
Der Städte- und Gemeindebund befürchtet eine Krise der Energieversorgung. Diese könne auch Schulen, Kliniken und Verwaltungen betreffen. Deutsche Kommunen bereiten sich auf Geflüchtete vor und bekräftigen ihre Solidarität mit der Ukraine.

Die Energieversorgung in Deutschland könne durch den Krieg in der Ukraine mittelfristig gefährdet werden. Davor warnt der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) am Dienstag in einem Statement. Mehr als 50 Prozent des Erdgasbedarfs stammten derzeit noch aus russischen Lieferungen. Im nächsten Herbst oder Winter drohe eine Versorgungskrise. Diese würde nicht nur private Haushalte treffen, sondern auch tausende kommunale Gebäude wie Schulen, Krankenhäuser oder Verwaltungsgebäude, erklärt der kommunale Spitzenverband. „Deswegen brauchen wir jetzt eine gemeinsame Strategie von Bund, Ländern und Kommunen, wie Versorgungsengpässe vermieden werden können“, appelliert er an die Politik.

Der Verband äußert Zweifel, ob der Zeitplan der Bundesregierung für die Energiewende noch umsetzbar ist. Bisher sei vorgesehen, dass zusätzliche Gaskraftwerke – insbesondere der kommunalen Unternehmen – als „Brückentechnologie“ mögliche Energielücken schließen. Das Konzept erscheine fraglich, wenn die Versorgung mit Gas nicht dauerhaft gesichert werden könne. Der Städte- und Gemeindebund äußert zudem die Sorge, dass der Krieg in der Ukraine „zusätzlich die ohnehin teilweise gestörten Lieferketten beeinträchtigt“.

520.000 Menschen aus Ukraine geflohen

Unterdessen bereiten sich die Kommunen auf die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine vor. Dies müsse zwischen Bund, Ländern und Kommunen auf den Weg gebracht werden, so der DStGB. „Dazu gehört der konsequente Ausbau der Erstaufnahmeeinrichtungen der Länder, die Schaffung von zusätzlichen Kapazitäten in den Kommunen und die Zusage von Bund und Ländern, die Aufnahme, die Versorgung und die Integration dieser Menschen zu finanzieren.“ Diese Herausforderungen sollen zeitnah auf einem Gipfel zwischen Bund, Ländern und Kommunen besprochen werden, fordert der DStGB.

Ähnlich hatte sich der Präsident des Deutschen Städtetages Markus Lewe bereits am Freitag geäußert: „Die Städte sind bereit und bereiten sich vor, Flüchtlinge aus der Ukraine aufzunehmen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir erwarten, dass sich Bund und Länder eng mit den Kommunen abstimmen.“ Nach Angaben des UN-Flüchtlingskommissars Filippo Grandi sind bereits 520.000 Menschen aus der Ukraine in benachbarte Staaten geflohen.

Kommunen plädieren für EU-Beitritt der Ukraine

Viele Deutsche Kommunen bestärken ihre Solidarität mit den Städten und Gemeinden in der Ukraine. Auf zahlreichen Rathäusern weht die ukrainische Flagge, mancherorts werden öffentliche Gebäude in den Nationalfarben der Ukraine angestrahlt.

Die deutsche Sektion des Rates der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) fordert die Bundesregierung und die EU-Kommission in einer Erklärung auf, „alle bestehenden Möglichkeiten zur humanitären und wirtschaftlichen Unterstützung der Ukraine, eine verstärkte Assoziierung und langfristig auch einen Beitritt zur Europäischen Union zu prüfen“.

Zukunft der Städtepartnerschaften unklar

Offen ist, wie es mit den deutsch-ukrainischen und deutsch-russischen Partnerschaften weitergeht. Das deutsch-ukrainische Forum verzeichnet knapp 30 feste Verbindungen zwischen deutschen und ukrainischen Städten und zahlreiche weitere „freundschaftliche Kontakte“. Zwischen Deutschland und Russland gibt es 90 Städtepartnerschaften.

Der RGRE betont, er habe sich in der Vergangenheit auch in politischen Krisen stets für eine Aufrechterhaltung der kommunalen Kooperationen ausgesprochen. Ob dies vor dem Hintergrund eines militärischen Angriffs Russlands auf einen souveränen europäischen Staat fortgesetzt werden könne, dürfe bezweifelt werden und sollte vor Ort und auf der Ebene des RGRE kritisch diskutiert werden.

Das Bundesland Mecklenburg-Vorpommern hat seine Partnerschaft mit dem Leningrad Oblast ruhend gestellt, wie Ministerpräsidentin Manuela Schwesig erklärte.

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