Tourismus

Krefeld – Die Bauhaus-Stadt im Westen

Maicke Mackerodt24. Juni 2019
Haus Esters in Krefeld
Das Haus Esters in Krefeld entstand als Privatgebäude. Heute nutzen die Kunstmuseen Krefeld es für Ausstellungen.
Krefeld gilt eigentlich eher als Stadt der Arbeit und des Sportes. Was die wenigsten wissen: Keine andere Stadt im Westen ist so eng mit dem Bauhaus verbunden wie die niederrheinische Seidenstadt. Zum Bauhaus-Jubiläum hofft man nun auf mehr Touristen.

Es war ein Glücksfall, dass die beiden Krefelder Seidenfabrikanten Josef Esters und Hermann Lange Ende der 1920er- Jahre den Stararchitekten Ludwig Mies van der Rohe verpflichteten, für sie je eine Privatvilla zu bauen. Haus Lange und Haus Esters, zwei avantgardistische Gebäude aus ineinandergeschobenen Quadern gelten heute weltweit als Ikonen modernen Bauens.

„Krefeld ist die Bauhausstadt in Nordrhein-Westfalen. Keine andere Stadt in unserer Region ist historisch so eng mit dem Bauhaus verknüpft", sagt Oberbürgermeister Frank Meyer (SPD). „Hier lebten und wirkten Ludwig Mies van der Rohe, Lily Reich, Johannes Itten, Georg Muche und rund 25 weitere Vertreter der Bewegung. Diese Krefelder Stärke wollen wir deutlicher auf die Landkarte bringen.“ Für Frank Meyer ist Krefeld mit seinen 226 000 Einwohnern die Hochburg der Architektur- und Design-Strömung in NRW. Die Textil- und Seidenindustrie spielte nur bis in die 60er Jahre eine führende Rolle.

Hölzernes Ufo

Durch einen Parkähnlichen Garten führt der Weg zu den Schmuckstücken der Bauhaus-Architekturschule: den beiden frisch sanierten zweistöckigen Villen, mit dem typischen, damals hochmodernen Bauhaus-Flachdach. Ende der 1920 Jahre haben der gebürtige Aachener Ludwig Mies van der Rohe und die Designerin Lilly Reich die Privathäuser für die Seidenbarone entworfen. Technisch und architektonisch innovativ, hochwertige Materialien, Nussbaumparkett und versenkbare Fenster. Für rund 1,2 Millionen Euro wurde das imposante Backstein-Ensemble ein Jahr lang restauriert. Für Touristen sicher ein wichtiger Grund, in die nicht gerade als Reise-Hotspot geltende Stadt am Niederrhein zu pilgern.

In der Nähe der Villen schwebt ein hölzernes Ufo: Der Ausstellungs-Pavillon am Kaiserpark liegt direkt am kleinen See, ist achteckig und auf Stahlträgern gebaut. Der Entwurf stammt von dem Düsseldorfer Künstler Thomas Schütte. Der Superstar der figurativen Plastik hat bewusst darauf verzichtet, für die begehbare Pavillon-Skulptur mit Bauhaus-Klischees zu „spielen“.  In ihr werden Fotos oder neue Dokumentarfilme gezeigt, bis dahin unbekannte Kapitel der Krefelder Kunst- und Wirtschaftsgeschichte.

Der Bundespräsident bringt Aufmerksamkeit

„Beide Orte sind wichtige Fixpunkte für das Bauhaus-Jahr”, so OB Frank Meyer. Ein historischer Tag für Krefeld war der Besuch von Walter Steinmeier. Gemeinsam mit seiner Frau besichtigte der Bundespräsidenten die Bauhaus-Villen und startete in der Nähe der Samtweberei die Veranstaltungsreihe „Demokratie ganz nah”, die er zum 70. Geburtstag des Grundgesetzes angestoßen hat. „Dieser Tag findet seinen festen Platz in den stadtgeschichtlichen Aufzeichnungen. Erstmals seit 36 Jahren kommt ein amtierender Bundespräsident zu uns.“

Die Seidenbarone waren von Mies' Baukunst so angetan, dass sie ihn beauftragten, auch das Gelände ihrer vereinigten Seidenfabrik (Verseidag) in Krefeld neu zu gestalten. Bis 1935 errichtete der Star-Architektdas strahlendweiße sogenannte HE- Gebäude (HE steht für Herrenfutter), mit gerasterten Fensterbändern und angrenzender Färberei. Sie bilden heute den Kern für den „Mies van der Rohe Business Park” an der Girmesgath, ein IT-Campus, der - denkmalgerecht - gut zur Hälfte fertiggestellt ist. Etwa 3,5 Millionen sollen bis zum Herbst investiert werden. Touristen können die einzigen Industriebauten, die der letzte Bauhaus-Direktor jemals entworfen hat, in Krefeld inspizieren. Ab 15. Mai 2019 wird hier die Schau „Mies im Westen” gezeigt (www.mies-van-der-rohe.com).

Kampagne soll Tourismus ankurbeln

Gemeinsam mit acht Landschafts- und Tourismusverbänden startet Tourismus NRW e. V. im Bauhaus-Jahr das erste Förderprojekt für Kulturtourismus in den Regionen. Ziel des Innovationsprogramm KulturReiseLand NRW: Ungenutzte touristische Potenziale weiterzuentwickeln, Kulturhighlights abseits der urbanen Zentren zu vermarkten und Akteure besser zu vernetzen. Die Palette reicht von den Bauhaus-Villen über das Center for Literature in der Burg Hülshoff, wo die Dichterin Annette von Droste-Hülshoff geboren wurde, bis zu den größten versteinerten Korallenriffe Europas in der Kluterthöhle.

46 Reiseziele und versteckte Schätze stehen in der neuen Kampagne #kulturland auf der Website www.dein-NRW.de/kulturland, mit eigenem Handbuch für die Reiseindustrie und einer Sonderausgabe des NRW-Reisemagazins.

 

Weiterführender Artikel:
Wie Kommunen das Bauhaus-Jubiläum für sich nutzen