Konferenz in Stuttgart

Länder-Bauminister*innen sehen geplante Gebäudestandards kritisch

Uwe Roth23. September 2022
Foto: Martin Stollberg
Klimaschutz und steigende Baukosten in Einklang zu bringen, das war in Stuttgart bei der 140. Bauministerkonferenz ein strittig diskutiertes Thema. Hamburgs Senatorin Stapelfeldt (SPD) warb für Quartierslösungen. Nicht jedes alte Haus müsse saniert werden.

Gastgeberin der Konferenz war die baden-württembergische Landesbauministerin Nicole Razavi. Sie mahnte am Freitag in der abschließenden Pressekonferenz der Bauministerkonferenz (BMK), die Bau- und Sanierungswilligen mit Auflagen finanziell nicht zu überfordern. „Bezahlbarkeit und Klimaschutz müssen sich die Waage halten“, sagte die CDU-Politikerin. Dorothee Stapelfeldt (SPD), Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen in Hamburg, hielt dagegen: Bei allen Widrigkeiten, die aktuell die Schaffung von Wohnraum und die Gebäudesanierung erschwerten, bleibe Klimaneutralität in 20 Jahren das oberste Ziel, das nicht zur Disposition stehe.

Selbstverständlich müsse man dazulernen, sagte sie. Bei der Bewertung des Potenzials zur CO2-Einsparung dürfe nicht länger jedes einzelne Gebäude betrachtet werden. Es zähle nicht die Dicke der Dämmung einzelner Wände. Vielmehr müsse bei der Sanierung das Ergebnis eines Quartiers betrachtet werden. Wenn die Summe stimme, könne ein Haus mit einer schlechten energetischen Bewertung in der Nachbarschaft toleriert werden. Das kann der Fall sein, wenn der Sanierungsaufwand in keinem Verhältnis zu den Kosten steht.

Vereinfachte Regelungen für Solaranlagen auf Dächern

In der zum Ende des Treffens verabschiedeten „Stuttgarter Erklärung“ heißt es: „Um bestehende Rechtsunsicherheiten bei den energetischen Vorgaben zu beseitigen, fordert die BMK die Bundesregierung auf, endlich für Rechtsklarheit bei den energetischen Vorgaben für Wohngebäude zu sorgen.“ Die Runde der Minister*innen sehe „die Entscheidung der Bundesregierung zur Verschärfung der Gebäudestandards kritisch, weil diese Vorschläge die Umsetzungsrealitäten verkennen und dadurch letztlich die Erreichung des Ziels der Klimaneutralität zu gefährden drohen“. Allerdings distanzierten sich Hessen und Bremen per Protokollnotiz von diesem Satz.

Neben allgemeinen Forderungen hat die BMK konkrete Ergebnisse gebracht: Sie hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, die Regelungen für Solaranlagen auf Dächern zu erleichtern: Damit sei der Weg für entsprechende Änderungen der landesgesetzlichen Regelungen frei, damit insbesondere auf Reihenmittelhäusern mehr Solaranlagen entstehen können, heißt es in der Erklärung. Kritik wurde beim Thema „Mieterstrom“ geäußert. Die Bundesregierung möge „die unverändert bestehenden Bremsen endlich lösen“. Die Wohnungsbaugesellschaften stünden bereit, um Dächer mit Photovoltaik zu belegen. Von diesen Investitionen würden die Mieterinnen und Mieter unmittelbar profitieren, so die BMK.

Bekenntnis zum Bündnis für bezahlbaren Wohnraum

Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) war Gast der Konferenz. Sie nahm zur Kenntnis, dass die Bundesländer an dem von ihr initiierten „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ festhalten. Ministerin Stapelfeldt stellte in der Pressekonferenz stellvertretend fest: „Ich begrüße es sehr, dass alle 16 Länder fest hinter dem Ziel der Bundesregierung stehen, jährlich 400.000 Wohnungen auf den Weg zu bringen, davon 100.000 geförderte Wohnungen.“ Natürlich hätten sich die Rahmenbedingungen im Wohnungsbau durch den Baustoffmangel, die Probleme in den Lieferketten und die steigenden Baukosten verschärft. „Umso wichtiger ist es, dass wir alle Kräfte bündeln und nicht nachlassen, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen“, so die Hamburger Senatorin. Die Nachfrage sei vorhanden. Geywitz ergänzte: „Bund und Länder sind gefordert, ihren Teil dazu beizutragen, durch diese schwierigen Zeiten zu kommen.“

In der BMK gelobt wurde die Stärkung des Wohngelds. „Die Länder werden ihren Beitrag dazu leisten“, verspricht die Stuttgarter Erklärung. Weiter steht dort zu lesen: „Die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, wird die Länder vor große Herausforderungen stellen.“ Geplant ist, in das Wohngeld dauerhaft eine Klima- und eine Heizkostenkomponente zu integrieren und den Kreis der Wohngeldberechtigten auf zwei Millionen zu erweitern. Die geplante Reform führt dauerhaft zu zusätzlichen Kosten von vier Milliarden Euro. Die Umsetzung müsse aber so geregelt sein, dass die Mitarbeitenden der kommunalen Wohngeldstellen die Arbeit ohne zusätzliches Personal bewältigen können.

 

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