Bund-Länder-Beschluss zu Corona

Landkreise halten komplexe Öffnungsmatrix für schwer umsetzbar

Carl-Friedrich Höck04. März 2021
Der Landkreistag fordert ein Risikomanagement – Corona-Schnelltests können ein Teil davon sein.
Die 35er-Grenze ist vom Tisch – schon ab einer Indizenz von 50 sollen weitere Öffnungen des Einzelhandels möglich sein. Der Landkreistag nennt das „vernünftig“. Was beschlossen wurde und wie Kommunen reagieren.

Die Lockdown-Beschränkungen werden schrittweise gelockert. Darauf haben sich Bundesregierung und Landeschefs am Mittwochabend verständigt. Wie genau die Lockerungen aussehen, wird vom Infektionsgeschehen abhängen. Für die einzelnen Öffnungsschritte ab 8. März (siehe Infokasten unten) wurden jeweils zwei Szenarien benannt: Eines für eine Inzidenz unter 50 und eines für eine Indizenz zwischen 50 und 100. Überlegungen, eine neue Inzidenz-Grenze von 35 als Maßstab für Lockerungen einzuführen, sind damit vorerst vom Tisch.

Landkreise: „Schritt nach vorn”

Letzteres wird vom Deutschen Landkreistag ausdrücklich begrüßt. Dessen Präsident Reinhard Sager spricht von einem verantwortbaren Schritt nach vorn. „Die verabredete Öffnungsmatrix weist allerdings einen hohen Komplexitätsgrad auf, so dass wir damit an die Grenzen der Umsetzbarkeit gelangen“, gibt er in einem Statement zu bedenken.

Absolute Sicherheit werde es nicht geben, daher gehe es um Risikomanagement, meint Sager. „Insofern hätten wir uns unkompliziertere Öffnungsschritte bei gleichzeitigem Hochfahren von Schnell- und Selbsttests sowie der Impfungen vorgestellt. Schulen und Kitas öffnen schließlich auch und werden durch entsprechende Maßnahmen so gut es geht abgesichert.“

Städte- und Gemeindebund: „Menschen warten auf Öffnungen”

Wie der Landkreistag äußert sich auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) positiv zu den neuen Öffnungsperspektiven. „Das wird bei den Menschen gut ankommen, die gerade im Frühling auf solche Öffnungen warten”, heißt es in einer ersten Bewertung des kommunalen Spitzenverbandes. Man dürfe aber nicht aus dem Blick verlieren, dass die Lage aufgrund der Mutationen weiter unberechenbar bleibe. „Es ist daher wichtig und richtig, dass die Impfungen schneller erfolgen sollen und die möglichen Abstände zwischen Erst- und Zweitimpfung voll ausgeschöpft werden sollen”, kommentiert der DStGB.

Zu unkonkret seien die Beschlüsse zu Teststrategien in Bezug auf Schnell- und Eigentests, kritisiert der Städte- und Gemeindebund. Zwar solle es flächendeckend für jeden Schnelltests geben, was richtig und gut sei. Allerdings sei es bedauerlich, dass es offenbar noch einige Wochen dauern werde, bis diese Instrumente flächendeckend in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen werden. „Die Organisation liegt bei den Ländern und Kommunen. Wie sich die Eigentests in das System einfügen sollen, wie der Nachweis dokumentiert wird, wie lange er gewisse Zugänge ermöglichen soll, wird leider noch nicht beantwortet.”

Städte wollen schnell Klarheit zu Teststrategie

In dieselbe Richtung äußerte sich der Präsident des Deutschen Städtetages Burkhard Jung bereits im Vorfeld des Bund-Länder-Treffens. Tests könnten Türen öffnen. „Wenn aber breites Testen die geplanten Lockerungen absichern soll, müssen sie gut verzahnt werden”. Dazu erwarteten die Städte eine konkrete Teststrategie von Bund und Ländern. Jung verwies auf eine Reihe ungeklärter Fragen: Wofür werden Menschen einen negativen Schnelltest brauchen und wie alt darf er sein? Müssen dafür große Kapazitäten in Testzentren, Apotheken und bei Ärzten geschaffen werden oder können die Menschen mit Selbsttests und Vor-Ort-Tests agieren? Und was passiert, wenn ein Schnelltest positiv ist? Jung warnte: Man müsse verhindern, dass Teststationen vor dem Wochenende überrannt werden, weil viele Menschen gleichzeitig einen bescheinigten Negativtest brauchen, um ins Restaurant oder Kino gehen zu können. Die offenen Fragen müssten nach den Bund-Länder-Beschlüssen unverzüglich geklärt und konkretisiert werden.

Grundsätzlich heißt es beim Deutschen Städtetag am Donnerstag, man sehe Raum für vorsichtige Öffnungsschritte. Diese müssten aber sicher und verlässlich sein, um keinen dritten Lockdown zu riskieren.

Krankenhäusern wird finanzielle Sicherheit in Aussicht gestellt

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) zeigt sich erleichtert, dass Bund und Länder die Erlöse der Krankenhäuser für das Jahr 2021 sichern wollen. Angekündigt ist eine Regelung analog zum Jahr 2020, mit der Krankenhäuser auch für das Jahr 2021 einen „angemessenen Beitrag” zum Ausgleich von Erlösrückgängen im Vergleich zum Jahr 2019 erhalten werden. Details sollen bis zum nächsten Treffen am 22. März ausgearbeitet werden.

„Der im Beschlusstext formulierte deutliche Bezug zur 2020-Regelung zeigt, dass die Bund-Länder-Konferenz an die von Krankenkassen und Krankenhausgesellschaft gemeinsam entwickelte Lösung anknüpfen möchten. Wir erwarten deshalb eine schnelle Lösung auch für die von der MPK eingeforderte Liquiditätssicherung“, erklärt Gerald Gaß, designierter Vorstandsvorsitzender der DKG.

Die fünf Öffnungsschritte im Überblick:

Der nachfolgende Text ist der Website der Bundesregierung entnommen:

Öffnungsschritt 1 – Schulen, Kitas, Friseure

Der erste Öffnungsschritt ist bereits zum 1. März erfolgt. Angesichts sinkender Infektionszahlen konnten Bereiche der Schule und der Kinderbetreuung wieder öffnen. Auch Friseurbetriebe haben bundesweit unter Hygieneauflagen wieder geöffnet. Außerdem gibt es einzelne weitere Öffnungen in den Ländern.

Öffnungsschritt 2 – Buchhandlungen und körpernahe Dienstleistungen

Der zweite Öffnungsschritt ist ab dem 8. März vorgesehen. Buchhandlungen, Blumengeschäfte und Gartenmärkte werden dem Einzelhandel des täglichen Bedarfs zugerechnet. Sie können somit auch mit entsprechenden Hygienekonzepten und einer Begrenzung der Anzahl von Kunden wieder öffnen. Vorgesehen sind eine Kundin oder ein Kunde pro 10 Quadratmeter für die ersten 800 Quadratmeter Verkaufsfläche und ein weiterer für jede weiteren 20 Quadratmeter Verkaufsfläche.

Ebenfalls ab 8. März können die bisher noch geschlossenen körpernahen Dienstleistungsbetriebe sowie Fahr- und Flugschulen mit entsprechenden Hygienekonzepten wieder öffnen. Für Dienstleistungen, bei denen nicht dauerhaft eine Maske getragen werden kann (etwa Kosmetik oder Rasur), sind ein tagesaktueller negativer Covid-19 Schnell- oder Selbsttest der Kundin oder des Kunden sowie ein Testkonzept für das Personal Voraussetzung.

Öffnungsschritt 3 – Einzelhandel, Museen, Außensport

Ein dritter Öffnungsschritt ist in den Ländern ab dem 8. März abhängig vom Infektionsgeschehen möglich.

Bei einer stabilen 7-Tage-Inzidenz unter 50 Neuinfektionen/100.000 Einwohner:

  • Öffnung des Einzelhandels. Dabei ist die Zahl der Kunden im Geschäft begrenzt – auf eine Kundin oder einen Kunden pro 10 Quadratmeter für die ersten 800 Quadratmeter Verkaufsfläche und einem weiteren für jede weiteren 20 Quadratmeter.
  • Öffnung von Museen, Galerien, zoologischen und botanischen Gärten sowie Gedenkstätten
  • kontaktfreier Sport in kleinen Gruppen von maximal zehn Personen im Außenbereich, auch auf Außensportanlagen

Bei einer stabilen oder sinkenden 7-Tage-Inzidenz von unter 100 Neuinfektionen/100.000 Einwohner:

  • Einzelhandel kann mit Terminshopping-Angeboten öffnen („click and meet“): eine Kundin oder ein Kunde pro angefangene 40 Quadratmeter Verkaufsfläche mit Terminbuchung für einen begrenzten Zeitraum
  • Museen, Galerien, zoologische/botanische Gärten und Gedenkstätten mit Terminbuchung
  • Individualsport mit maximal fünf Personen aus zwei Haushalten und Sport in Gruppen von bis zu 20 Kindern bis 14 Jahren – im Außenbereich, auch auf Außensportanlagen

Dabei ist eine sogenannte Notbremse vorgesehen: Steigt die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner an drei aufeinander folgenden Tagen in dem Land oder der Region auf über 100, treten ab dem zweiten darauf folgenden Werktag die Regeln, die bis zum 7. März gegolten haben, wieder in Kraft.

Öffnungsschritt 4 – Außengastronomie, Theater, Sport

Der vierte Öffnungsschritt  ist abhängig vom Infektionsgeschehen und kann erfolgen, wenn sich die 7-Tage-Inzidenz nach dem dritten Öffnungsschritt in dem Land oder der Region 14 Tage lang nicht verschlechtert hat.

Bei einer stabilen 7-Tage-Inzidenz unter 50 Neuinfektionen/100.000 Einwohner:

  • Öffnung der Außengastronomie
  • Öffnung von Theatern, Konzert- und Opernhäusern sowie Kinos
  • kontaktfreier Sport im Innenbereich, Kontaktsport im Außenbereich

Bei einer stabilen oder sinkenden 7-Tage-Inzidenz von unter 100 Neuinfektionen/100.000 Einwohner:

  • Öffnung der Außengastronomie mit Terminbuchung. Sitzen an einem Tisch Personen aus mehreren Hausständen, ist ein tagesaktueller negativer Schnell- oder Selbsttest erforderlich
  • Öffnung von Theatern, Konzert- und Opernhäusern sowie Kinos für Besucherinnen und Besucher mit tagesaktuellem negativem Schnell- oder Selbsttest
  • kontaktfreier Sport im Innenbereich und Kontaktsport im Außenbereich mit tagesaktuellem negativem Schnell- oder Selbsttest

Dabei ist eine sogenannte Notbremse vorgesehen: Steigt die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner an drei aufeinander folgenden Tagen in dem Land oder der Region auf über 100, treten ab dem zweiten darauf folgenden Werktag die Regeln, die bis zum 7. März gegolten haben, wieder in Kraft.

Öffnungsschritt 5 -Freizeitveranstaltungen, Einzelhandel, Sport

Der fünfte Öffnungsschritt kann – wiederum in Abhängigkeit vom Infektionsgeschehen – erfolgen, wenn sich die 7-Tage-Inzidenz nach dem vierten Öffnungsschritt in dem Land oder der Region 14 Tage lang nicht verschlechtert hat.

Bei einer stabilen 7-Tage-Inzidenz unter 50 Neuinfektionen/100.000 Einwohner:

  • Freizeitveranstaltungen mit bis zu 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Freien
  • Kontaktsport in Innenräumen

Bei einer stabilen oder sinkenden 7-Tage-Inzidenz zwischen 35 und 100 Neuinfektionen/100.000 Einwohner:

  • Öffnung des Einzelhandels. Dabei ist die Zahl der Kunden im Geschäft begrenzt – auf eine Kundin oder einen Kunden pro 10 Quadratmeter für die ersten 800 Quadratmeter Verkaufsfläche und einem weiteren für jede weiteren 20 Quadratmeter.
  • kontaktfreier Sport im Innenbereich, Kontaktsport im Außenbereich (ohne Covid-19-Test)

Dabei ist eine sogenannte Notbremse vorgesehen: Steigt die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner an drei aufeinander folgenden Tagen in dem Land oder der Region auf über 100, treten ab dem zweiten darauf folgenden Werktag die Regeln, die bis zum 7. März gegolten haben, wieder in Kraft.

weiterführender Artikel