Am 9. September 2016 – mitten im Ersten Weltkrieg – gründete sich in Berlin der Landkreistag. Ebendort wurde das 100-jährige Bestehen nun zwei Tage lang gefeiert. Der Deutsche Landkreistag ist eine feste Größe in der politischen Landschaft: In ihm sind die 295 deutschen Landkreise zusammengeschlossen. Nach eigenen Angaben vertritt der Landkreistag drei Viertel der kommunalen Aufgabenträger, die wiederum für 55 Millionen Einwohner und rund 96 Prozent der Fläche Deutschlands zuständig sind.
Merkel: „Das darf den Landkreisen nie vergessen werden“
Bundeskanzlerin Angela Merkel bedankte sich während des Festaktes am Donnerstag bei den Gemeinden, Städten und Landkreisen: Sie hätten oft weit mehr geleistet, als man von ihnen verlangen konnte. Und dies nicht nur bei der Aufnahme von Flüchtlingen: „Als der Zusammenbruch im Jahre 1945 kam, da haben gerade die Gemeinden und die Landkreise sich als Träger des letzten Restes staatlicher Hoheit in so ausgezeichneter Weise bewährt, dass ihnen das niemals vergessen werden darf.“
Geschichtsbetont verlief auch der zweite Teil des Treffens am Freitag. Der Mainzer Historiker Andreas Rödder erinnerte in einer langen Rede an die tiefgreifenden Umwälzungen, die die deutsche Gesellschaft seit dem 19. Jahrhundert erfahren und bewältigt hat: Von der Industrialisierung, der Erfindung von Elektrizität und Eisenbahn bis hin zur Digitalisierung. Kriege wurden geführt, Wirtschaftskonzepte entwickelt und verworfen. Auch das Leben auf dem Lande habe sich mit dem Verschwinden vieler kleiner Landwirtschaftsbetriebe revolutioniert. Mehr implizit als direkt kam der Historiker auch auf die Zuwanderung zu sprechen. Rödders mutmachender Appell an die Kommunalpolitiker: „Veränderung sind nicht nur eine Bedrohung des Bestehenden, sondern auch Chancen für Neues.“ Man müsse den Wandel aktiv gestalten, zum Beispiel mit besserer Bildung. Und man müsse Unsicherheiten aushalten, anstatt in einfache Antworten zu fliehen: „Das 20. Jahrhundert hat uns gelehrt, dass es keine einfachen Antworten gibt“.
Vogel ist neuer Vizepräsident des Landkreistages
Gewählt wurde in Berlin auch: Landrat Frank Vogel wurde einstimmig für die Dauer von zwei Jahren zu einem von vier Vizepräsidenten gewählt. Vogel ist Landrat im Erzgebirgskreis und seit 2015 Präsident des sächsischen Landkreistages. Außerdem wurden Präsident Reinhard Sager sowie die Vizepräsidenten Rolf Christiansen, Bernhard Reuter und Joachim Walter für weitere zwei Jahre in ihren Ämtern bestätigt.
Einen Rückblick auf 100 Jahre Landkreistag von Hans-Günter Henneke lesen Sie hier.
