Gewählt mit 88,4 Prozent

Lucas Halle: Was Deutschlands jüngster Bürgermeister vorhat

Kai Doering16. Februar 2022
Zehdenicks Neu-Bürgermeister Lucas Halle: Unterm Strich muss das Alter zweitrangig sein.
Mit 88,4 Prozent ist Lucas Halle am Sonntag zum Bürgermeister von Zehdenick gewählt worden. Der 24-jährige Sozialdemokrat ist Deutschlands jüngster hauptamtlicher Bürgermeister. Allein auf die Jugend-Karte will er bei seiner Arbeit aber nicht setzen.

Mit 88,4 Prozent haben Sie am Wochenende die Bürgermeister-Wahl in Zehdenick gewonnen. Hätten Sie mit einem solchen Ergebnis gerechnet?

Von dieser Deutlichkeit des Wahlergebnisses bin ich einigermaßen überwältigt. In den letzten Tagen des Wahlkampfes habe ich schon Rückenwind gespürt, aber dass es am Ende so ausgeht, hat mich dann doch überrascht, vor allem aber natürlich gefreut.

Sie sind in der Zehdenicker Feuerwehr aktiv und haben lange beim SV Zehdenick Fußball gespielt. Ist diese Verwurzelung vor Ort das Geheimnis des Erfolgs?

Ich würde es nicht allein darauf zurückführen. Klar ist aber, dass die Menschen in der Region es schätzen, wenn sich jemand zur Wahl stellt, der vor Ort aufgewachsen ist und sich engagiert. Entscheidender ist aus meiner Sicht aber, dass ich durch mein junges Alter ein anderes Wählerpotenzial ansprechen konnte. Das hat durchaus Menschen mobilisiert.

Haben Sie im Wahlkampf bewusst auf die Jugend-Karte gesetzt?

Nein. Ich habe meinen Wahlkampf nicht bewusst auf junge Menschen zugeschnitten – einfach weil es gar nicht so viele in der Region gibt. Ich habe mich bewusst für alle gleichermaßen zur Wahl gestellt. Im Wahlkampf sind aber viele junge Menschen auf mich zugekommen und haben gesagt, wie toll sie es finden, dass sich einer von ihnen als Bürgermeister zur Wahl stellt. Sie waren auch sehr interessiert, wie man sich lokalpolitisch engagieren kann und welche Voraussetzungen es dafür braucht. Dieser Aufbruchsgeist war toll!

Sie sind mit 24 Jahren der jüngste hauptamtliche Bürgermeister Deutschlands. Sehen Sie sich als Vorbild?

Das ist ein großes Wort. Natürlich würde ich mich darüber freuen, wenn durch mich der eine oder andere junge Mensch motiviert wird, sich selbst politisch zu engagieren. Ich habe aber nicht den Anspruch, ein Vorbild zu sein. Das sollte sich schon jeder selbst suchen. Ich bin einfach jemand aus der Bevölkerung, der nun eine Zeit lang politische Verantwortung übernehmen darf.

Sehen Sie Ihr Alter dennoch als Vorteil für Ihre Aufgabe als Bürgermeister?

Unterm Strich muss das Alter zweitrangig sein. Ich muss mich genauso an Ergebnissen messen lassen, wie es meine Amtsvorgänger mussten, auch wenn sie deutlich älter waren als ich. Trotzdem denke ich, dass ich durch mein Alter vielleicht etwas offener bin für den einen oder anderen Lösungsansatz, der bisher nicht probiert wurde. Ich habe große Lust, frischen Wind reinzubringen. Den Satz „Das haben wir immer so gemacht“, wird man von mir eher nicht hören.

Ihr Amtsvorgänger ist im vergangenen Jahr zurücktreten, nachdem ihm der Stadtrat sein Misstrauen ausgesprochen hatte, weil er mit der Amtsführung nicht einverstanden war. Sehen Sie sich da nun auch unter Druck?

Ich habe die Entwicklung im vergangenen Jahr genau verfolgt. Natürlich hat der Rat eine Kontrollfunktion, die er auch wahrnehmen muss. Ich selbst sehe mich aber nicht unter Beobachtung. Als Bürgermeister trägt man immer eine große Verantwortung, der ich mir sehr bewusst bin. Meine Kandidatur habe ich mir gut überlegt. Das gebietet schon der Respekt vor den Wählerinnen und Wählern. Kommunikation wird das A und O für eine gute Zusammenarbeit sein. Da sehe ich mich gut vorbereitet.

Als erste Amtshandlung planen Sie einen Frühjahrsputz in Zehdenick. Warum?

Im Wahlkampf war die Sauberkeit in der Stadt ein großes Thema. Viele Menschen haben mich angesprochen, dass sie da unzufrieden sind. Das nehme ich nun mit der Idee des Frühjahrsputzes auf. Gemeinsam mit möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern möchte ich in der Stadt aufräumen und damit auch ein Zeichen nach außen setzen. Ich hoffe, dass sich viele dafür begeistern werden, sich für die Stadt und die Region einzusetzen.

Sie sind erst vor etwas über einem Jahr SPD-Mitglied geworden. Was hat Sie zum Eintritt bewogen?

Es gibt einige Sozialdemokraten, die mir sehr imponieren, Helmut Schmidt zum Beispiel. Dadurch war mein Blick auf die SPD schon immer ein anderer als auf andere Parteien. Im Laufe meines Studiums habe ich dann immer mehr Menschen aus der SPD vor allem vor Ort kennengelernt und mich dort sehr wohlgefühlt. Als dann mein berufliches Leben in etwas geordneteren Bahnen verlief, stand für mich fest, dass ich in die Partei eintrete.

 

Das Interview ist zuerst auf vorwaerts.de erschienen.

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