Öffentlicher Raum

Märkte beleben die Kommunen

Irmela Heß22. Mai 2020
Ein Bild des beliebten „Mainzer Marktfrühstücks“ aus coronafreien Tagen
Zentrale städtische Plätze können beliebte Treffpunkte sein und die Identität einer Kommune prägen. Vor der Gestaltung sind einige Überlegungen nötig.

Wer in einer fremden Stadt dem Hinweis „Marktplatz“ folgt, landet meist im Stadtkern. Denn Marktplätze waren und sind zentrale Plätze, deren Geschichte bis in das frühe Mittelalter zurückreicht. Märkte entwickelten sich einst als Orte des Handels an verkehrsgünstigen Stätten. Hier finden auch heute Wochenmärkte und andere Veranstaltungen statt. Auch wenn sie in Zeiten von Supermärkten und Malls oft kein „Marktplatz“ mehr sind: Die zentralen Stadtplätze bieten die Möglichkeit für öffentliches und gesellschaftliches Leben. Ob sie rege genutzt werden und so zur Belebung der Innenstadt beitragen, hängt von ihrer Gestaltung und ihrer Benutzbarkeit ab.

Sozialraumanalyse hilft bei der Planung

Nach Grünanlagen und Fußgängerzonen sind die zentralen Plätze den Bürgern wichtig, so das Ergebnis einer Kommunalbefragung, die die Bundesstiftung Baukultur im „Baukulturbarometer 2014/2015“ erläutert. Wer einen Platz gestalten möchte, sollte zunächst wissen, wer ihn nutzen und was hier geschehen soll. Daneben sollten Fragen beantwortet werden wie „Wie ist die Verkehrsanbindung?“ oder „Wie prägen die umgebende Bebauung und das Umfeld den Raum?“. Eine Sozialraumanalyse kann ermitteln, wie der Platz gegenwärtig genutzt wird, und erforschen, welche Bedürfnisse mögliche Nutzer haben. Eine Befragung der Bürger zur künftigen Gestaltung kann wertvolle Anregungen bringen.

Als Qualitätsfaktoren gelten Verkehrsfreiheit, gute Erreichbarkeit und angenehme Atmosphäre, die unter anderem von der Gepflegtheit, Sitzgelegenheiten, Beleuchtung, Bodenbelag und Übersichtlichkeit abhängen kann. Auch Grünflächen, Beete und Wasserelemente können die Attraktivität steigern. Lokale Gastronomiebetriebe und Veranstaltungen wie Märkte ziehen Menschen an und bringen Lebendigkeit.

Bestehendes wird umgestaltet

Dass sich die Kriterien für die Gestaltung ändern können, zeigt das Beispiel Neuwied. Der „Marktplatz“ wird als Parkfläche genutzt. Der Wochenmarkt findet auf dem Luisenplatz mitten in der Fußgängerzone statt, die wie in vielen anderen Städten Ende der 70er Jahre eingerichtet wurde: Es gab einen Spielpatz, große Betonblumenkästen, Fahnenhügel und Wasserlauf sowie eine in den Boden eingelassene „Arena“, die von den Neuwiedern scherzhaft „Lappe­loch“ genannt wurde, weil sie mit einem Stoff­segel überdacht war.

Doch im ­Laufe der Jahre merkte man: Die festen ­Elemente nahmen viel Platz weg und sorgten für Unübersichtlichkeit, die Instandhaltung des Wasserlaufs war zu teuer, das „Lappeloch“ verbrauchte viel Fläche, bot letztlich aber zu wenig Zuschauenden einen freien Blick auf die unten liegende Aktionsfläche und war zudem häufig Rückzugsraum von „unliebsamer Klientel“, wie es damals hieß. Also wurde der Platz im Jahr 2003, damals unter SPD-Oberbürgermeister Michael Roth, erneut großflächig umgestaltet: Der Spielplatz blieb erhalten, der Rest wurde zur ebenen, abwechslungsreich gepflasterten Fläche. Auf der finden heute der Wochenmarkt, große Feste und Sondermärkte wie der stets sehr gut besuchte Gartenmarkt statt.

Vom unwirtlichen zum lebenswerten Raum

Dass die Bürger mitreden möchten, wenn es um die Gestaltung „ihrer“ Plätze geht, zeigt ein Beispiel aus Wiesbaden: Das Dern`sche Gelände ist ein innerstädtischer Platz in zentraler Lage neben dem Rathaus – angrenzend an den alten Marktplatz, der wiederum nahe dem Schlossplatz liegt. Nach dem Zweiten Weltkrieg diente es als Parkplatz. In den 1980er Jahren wurde eine massive Randbebauung samt Tiefgarage geplant, doch dagegen regte sich Widerstand. 1993 gab es deshalb den ersten Bürgerentscheid der Stadt, in dem 85 Prozent gegen die Pläne votierten. Eine Tiefgarage entstand, doch auf dem vormals unwirtlichen Gelände finden nun der Wochenmarkt und andere Veranstaltungen statt und es wird als Erweiterungsfläche für beliebte Feste auf dem Schlossplatz genutzt, wie die ­Rheingauer Weinwoche, das Stadtfest oder der Weihnachtsmarkt.

Per Entscheid scheiterte auch der Plan, auf dem historisch gewachsenen Liebfrauenplatz in Mainz einen Erweiterungsbau für das angrenzende Gutenberg-Museum zu errichten. Liebfrauenplatz, Markt, Höfchen und Leichhof bilden zusammen das Ensemble der Domplätze. Dort findet etwa das weithin bekannte „Mainzer Marktfrühstück“ statt. Dabei treffen sich samstags in den Sommermonaten Tausende Menschen, um im Schatten des Mainzer Domes gemeinsam Wein(schorle) und kulinarische Kleinigkeiten zu genießen. Ein Beispiel dafür, wie bedeutsam die zentralen Plätze in den Augen der Bürger für das gesellschaftliche Leben sind.

 

Mehr Informationen zur idealen Platzgestaltung
stadtmarketing.eu/platzgestaltung

Ein Platz für Gütertausch

Der Begriff Markt wird von den lateinischen Begriffen „mercatus“ (= Handel) und „merx“ (= Ware) abgeleitet und bezeichnet seit dem Mittelalter einen Platz in Städten oder Dörfern, an dem regelmäßig Güter getauscht beziehungsweise Waren gehandelt wurden und ­werden.

Das Recht, einen Markt abzuhalten (Marktrecht), war im Mittelalter für die Entwicklung einer Stadt oder ­eines Dorfes entscheidend und galt als erste Stufe zum Stadtrecht. Auf dem Marktplatz wurde oft nicht nur gehandelt, sondern auch Recht gesprochen. Häufig steht auch das Rathaus am Marktplatz.