Transferwerkstatt „Soziale Stadt“

„Manche Stadtviertel brauchen dauerhaft Unterstützung“

Julian Krischan28. September 2018
In Magdeburg wurde darüber diskutiert, wie Fördermaßnahmen der „Sozialen Stadt“ verstetigt werden können. Ein Patentrezept gibt es nicht: Es kommt ganz auf den Rahmen und die jeweilige Programmumsetzung vor Ort an.

Der Stadtbezirk Magdeburg-Südost hat viele Wandlungen erlebt: Viele Jahrzehnte lang war das schmale Siedlungsband entlang der Elbe von Industrieanlagen geprägt. Nach der Wende lagen viele dieser Anlagen brach, in den Wohnvierteln machte sich Leerstand breit. Mittlerweile scheint dieser Trend gebrochen: Im Magdeburger Südosten hat sich eine gesunde Balance von Angebot und Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt entwickelt. Vor allem mit ihren Freizeit- und Naherholungswerten können die Stadtteile punkten.

Die „alte Schule“ wird zum Bürgerhaus

Als Standort einer Transferwerkstatt zum Förderprogramm „Soziale Stadt“ waren am Dienstag viele Expertinnen und Experten nach Magdeburg-Südost gekommen. Dabei konnten sie erleben, welchen Beitrag das Förderprogramm dort zur Aufwertung der städtebaulichen Struktur geleistet hat. Umgewandelt wurde die „Alte Schule“ zu einem Bürgerhaus, in dem unter anderem Tanzkurse stattfinden und verschiedene Vereine und soziale Träger untergebracht sind. Die Gaststätte im Erdgeschoss ist verpachtet. Eine ähnliche Bilanz zeigt sich für den nur wenige Schritte entfernten „Salbker Wasserturm“ und das „Gröninger Bad“: In früheren Duscheinrichtungen für Industriearbeitende befindet sich heute ein Medienzentrum für junge Leute. Bands wie „Tokio Hotel“ haben das Tonstudio bereits für Aufnahmen genutzt.

„Verstetigung“ sollte in diesem Sinne das Diskussionsthema der Transferwerkstatt in Magdeburg sein. Bereits vor einigen Jahren hat die Stadt Magdeburg eine Großwohnsiedlung aus der Kulisse des Förderprogramms „Soziale Stadt“ entlassen. Gleiches wird für die Gebiete im Südosten der Stadt diskutiert.

Fachexpertinnen und -experten diskutierten anhand von Praxisbeispielen in Magdeburg das Thema Verstetigung von Fördermaßnahmen der „Sozialen Stadt“. Foto: Julian Krischan

Genaue Analyse wichtig

„Wir haben einige Gebiete, die seit dem Programmstart im Jahr 1999 bestehen. Eigentlich müssten die demnächst alle enden“, berichtet Alexandra Kast von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in Berlin. Auf der Grundlage eines „Stadtentwicklungsmonitorings“ – einer kontinuierlichen Analyse von Sozialstruktur-, Arbeitsmarkt- und neuerdings Wohnungsmarktdaten – werden in Berlin Gebiete für das Förderprogramm ausgewiesen. Angesichts dieser Daten kann für manche Gebiete ein Ende der Fördermaßnahmen nicht in Betracht gezogen werden. Gleichwohl ginge es nicht darum, auffällige Indikatoren wie zum Beispiel „Kinderarmut“ komplett zu nivellieren. Dies wäre Verdrängung. Von einer „sozialen Stadtentwicklung“ kann in zwei Gebieten der Anfangszeit des Programms in Prenzlauer Berg heute keine Rede mehr sein.

Bevor eine Verstetigung für ein Gebiet eingeleitet wird, muss genau analysiert werden, ob beziehungsweise wie die Effekte der Förderung und die aufgebauten Netzwerke erhalten werden können. In Magdeburg-Südost gibt es auch dafür ein negatives Beispiel: Als Freiluftbibliothek war der aufgewertete Platz des „Salbker Lesezeichens“ konzeptioniert. Da nachts Bücher auf der Straße landeten, sind die Fächer für Bücher heute zubetoniert.

Netzwerke können sich verflüchtigen

Neben baulich-investiven Maßnahmen wird vor allem in Berlin der sozial-integrative Aspekt im Rahmen des Förderprogramms betont. Eine derartige Ausrichtung wurde zuletzt durch ein SPD-geführtes Ressort auf Bundesebene unterstützt. Die Expertinnen und Experten hoffen, dass dies so bleibt. Eine schlecht vorbereitete Verstetigung kann sich in diesem Bereich kontraproduktiv auswirken: Mit Mühen und über mehrere Jahre gebildete Netzwerke verflüchtigen sich, Synergien verpuffen. Sozial und volkswirtschaftlich wirkt sich dies noch verheerender aus, als wenn eine geförderte Infrastrukturinvestition sich auf Dauer nicht selbst trägt oder nicht richtig gepflegt wird. In Bund, Ländern und Kommunen gibt es für die soziale Stadtentwicklung noch viel zu tun.

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