Bündnis

Wie Mannheim Demokratie und Vielfalt fördert

Harald Sawatzki28. Dezember 2022
Jubiläumsveranstaltung „5 Jahre Mannheimer Bündnis“ am 22. September 2022 im Interkulturellen Haus Mannheim (Quartier Franklin)
Erst gab es Konflikte, dann einen Runden Tisch – das mündete in einen großen Gewinn für die Stadt. Ein Mannheimer Bündnis engagiert sich für Zusammenleben in Vielfalt und setzt Anreize für ein abwechslungsreiches Miteinander.

Wenn eine Stadtverwaltung ihren Einwohnern über ihre Bürgerdienste Hilfen zur Erleichterung des Zusammenlebens anbietet, dann bewegt sich eine solche Offerte im Rahmen des Erwartbaren. Wenn eine Kommune in ihrer Verwaltung jedoch einen Fachbereich einrichtet, der unter dem verheißungsvollen Titel „Demokratie und Strategie“ firmiert, dann ist für Aufmerksamkeit gesorgt. Und genau so läuft das in Mannheim: Vor etwas mehr als fünf Jahren gründete sich das „Mannheimer Bündnis“, dem mittlerweile rund 340 der unterschiedlichsten Institutionen angehören. Und Claus Preißler als Fachbereichsleiter und gleichzeitig Beauftragter für Integration und Migration hat immer noch nicht genug: „Unser Ziel ist es“, wie er betont, „dass wir jedes Jahr mehr werden.“

„Mannheimer Erklärung für ein Zusammenleben in Vielfalt”

Preißler und seine professionellen wie auch die ehrenamtlichen Mitstreiter halten das Bündnis als ein Plattform „offen für alle“ Partner, die sich „für ein respektvolles Zusammenleben in Vielfalt engagieren“ möchten. Das kann in kleinen Gruppen geschehen, in denen vielleicht zwei bis drei Initiativen aktuelle lokalpolitisch relevante Themen diskutieren und beispielsweise nach Auswegen aus kontrovers eingeschätzten Sachverhalten suchen. „Wichtig ist die Begegnung“ unterstreicht Preißler, der an die Entstehungsgeschichte des Bündnisses erinnert. Diese reicht zurück ins Jahr 2009, als im Nahen Osten die Zweite Intifada böses Blut über Juden und Palästinenser brachte. Mannheim und seine Bewohner mit rund 160 Nationalitäten blieb von Auseinandersetzungen nicht verschont. Die Jüdische Gemeinde sah im Verhalten der Moscheen einen Vertrauensbruch. Erst Gespräche am Runden Tisch mit dem damaligen Oberbürgermeister Gerhard Widder (SPD) glätteten die Wogen: Die „Mannheimer Erklärung für ein Zusammenleben in Vielfalt“ entstand nach einer einjährigen Diskussion.

Die Erklärung mündete in das „Mannheimer Bündnis“, in dem sich in kurzer Zeit etwa 100 Institutionen aus den „unterschiedlichsten stadtgesellschaftlichen Teilbereichen“ versammelten.  Das Bündnis wächst und wächst, es entstehen immer neue Kontakte und Netzwerke. Sie erstrecken sich über die ganze Stadt mit ihren gut und gerne 300.000 Einwohnern, sie arbeiten aber auch „quartierbezogen“, wie Preißler weiß. Ganz egal, ob es sich bei den erwähnten rund 340 Bündnispartnern um Vertreter unterschiedlich religiöser, kultureller oder ethnischer Gruppen handelt: Sie einen die gleichen zentralen moralisch-normativen Bedingungen und Voraussetzungen, die ein „respektvolles Miteinander“ sichern sollen.

Auch feiern führt zusammen

Dieses Bündnis wirkt beispielsweise – von Pandemiezeiten einmal abgesehen – jährlich ganz locker an Frühsommerwochenenden in der Innenstadt. Dann bebt und lebt die „City“ beim Stadtfest, das bei entsprechendem Wetter schon mal Hunderttausende zum gemeinsamen Feiern verführt. Und kurz zuvor freute sich im Mai 2022 Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz (SPD) bei einem Frühjahrsempfang vor mehreren 1.000 Zuhörern, dieses Treffen habe „viele zusammengeführt, die sich für unsere Stadt engagieren, denen das Zusammenleben und das gemeinsame Gestalten am Herzen liegt.“

Dass starkes Engagement für Demokratie und Vielfalt, dass die Prozesse des Zusammenwachsens keine bloßen Lippenbekenntnisse sind, belegt auch die tätige Unterstützung des Bundesfamilienministeriums: Es bezuschusste die Initiativen im Rahmen seines Bundesprogramms „Demokratie leben!“ zuletzt mit 130 000 Euro. Weitere 40 000 Euro steuerte die Stadt bei.

Gemeinderat legte die Basis

Grundlage aller Bemühungen um ein friedliches, verständnisvolles Zusammenleben war ein Auftrag des Gemeinderates, der vor Jahren forderte, die „Mannheimer Erklärung“ sei „in Bezug auf die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte und die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz genannten Vielfaltsmerkmale fortzuschreiben.“

Für Claus Preißler, den Koordinator in Sachen „Demokratie und Strategie“, läuft die Bündnisarbeit in der Tat recht ordentlich: Programmhefte informieren die Öffentlichkeit monatlich über die unterschiedlichen Vorhaben, Broschüren, beispielsweise zum Thema Gewalt werden in der Stadt in acht Sprachen unter die Leute gebracht. Und mit Schulungen zu den verschiedensten Problemfeldern erreichen die Profis des Fachbereiches und der Einzelinitiativen immer neue interessierte Netzwerker aus immer neuen Teilen der Stadtgesellschaft – hofft Preißler.

Entsprechende Kontakte zu den 4.000 bis 5.000 Ukrainern, die seit Beginn des Krieges aus ihrer Heimat flohen und in Mannheim Zuflucht gefunden haben, gibt es vorerst nicht. Preißler verweist auch darauf, dass das Bündnis institutionellen Charakter hat, dem nur Vertreter aus Gruppierungen mit organisierten Strukturen beitreten können. Sollte die deutsch-ukrainische Gesellschaft eventuell Interesse signalisieren, könnte über eine Zusammenarbeit durchaus gesprochen werden.

Bleiben Sie gut informiert!

Mehr Nachrichten rund um Kommunalpolitik lesen Sie alle zwei Wochen im kostenlosen DEMO-Newsletter. Hier können Sie ihn abonnieren.

Die Printausgabe der DEMO gibt es für SPD-Mitglieder schon ab 12 Euro im Jahr, SGK-Mitglieder zahlen sogar nur 6 Euro. Noch günstiger wird es mit dem E-Paper der DEMO. Alle Infos zum DEMO-Abonnement finden Sie hier.

weiterführender Artikel