Sicherheit im öffentlichen Raum

Mannheim: Videoüberwachung für mehr Sicherheit

Harald Sawatzki05. Dezember 2018
Nicht wenige Kommunen nutzen Videokameras, um neuralgische Plätze zu überwachen. Mannheim ist eine davon.
Die Kommune startet eine Videoüberwachungs-Aktion mit dem Einsatz intelligenter Software. Im Endausbau soll es rund 70 Kameras an 30 neuralgischen Standorten geben. Ein Pilotprojekt. Die Stadt hofft auf einen Rückgang der Kriminalität. Eine umstrittene Gesichtserkennung wird es nicht geben.

Eine ausgeklügelte Aktion zur Verbesserung der Sicherheit im öffentlichen Raum läuft seit einigen Wochen in Mannheim. Sie soll zum Jahresende abgeschlossen werden: Von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, baut die Stadt zusammen mit der Polizei ein umfangreiches computergesteuertes Videoüberwachungssystem auf.

Computergesteuerte Auswertung

An beinahe 30 Standorten in der Innenstadt und ihren Randgebieten installieren Fachleute nach und nach rund 70 Kameras. Deren Aufnahmen und Filme sollen auf längere Sicht mit einem von Computern gesteuerten Programm ausgewertet werden. Das Vorhaben gilt unter Experten als bisher einmalig in der Bundesrepublik.

Für jeweils 72 Stunden bleiben die Aufnahmen im System gespeichert. Wenn nötig, können zur Dokumentation von Straftaten Kopien angefertigt werden, die als Beweismittel bei Gericht zugelassen wären. Für diese umfassendere Überwachungsform des oftmals gefährdeten innerstädtischen Raumes votierten im letzten Dezember bei den Etatberatungen - das Projekt wird knapp 900 000 Euro kosten – die Fraktionen von SPD, CDU und Freien Wählern. Die Grünen, die Linke und die Freien Demokraten lehnen den Vorschlag ab. Für sie steht fest, dass ein Mehr an Sicherheit in der Stadt vor allem durch mehr Personal für Polizeistreifen erreicht werden könnte. Außerdem, so die Kritik aus der Front der Nein-Sager, bedeute das Filmen im öffentlichen Raum einen erheblichen Eingriff in das Recht des Einzelnen „auf informationelle Selbstbestimmung“.

Erkennen von Bewegungsmuster

Stadt und Polizei hingegen sehen ihre Pläne durch das baden-württembergische Polizeigesetz gedeckt. In Paragraf 21 wird der „offene Einsatz technischer Mittel“ entsprechend geregelt. Die Mannheimer Initiatoren der ausgedehnten Videoüberwachung berufen sich hier auch auf einen Gesetzespassus, wonach sich die Kriminalitätsbelastung am Ort der Videoüberwachungen „deutlich von der des Gemeindegebietes abheben muss“, damit gefilmt werden kann. Mit den Ergebnissen entsprechender Erhebungen zu den unterschiedlichen Kriminalitätsdelikten untermauerten Stadt und Polizei ihre Vorschläge zum Pilotprojekt.

Das Besondere des Programms zur Auswertung der Aufnahmen besteht darin, dass der Computer „Bewegungsmuster“ erkennt. Ganz sicher scheint freilich nicht, dass die Technik den Unterschied erkennt, ob eine verdächtige Person ihren Nachbarn  tätlich angreift oder ihn nur liebevoll in den Arm nimmt. Doch an der Entwicklung eines solch speziellen Analyseprogramms  arbeitet derzeit das Fraunhofer Institut für Optronik in Karlsruhe. Und eben dieses differenzierte Programm ist der Kern des Vorhabens, das damit von den Stadtverantwortlichen mit dem Titel „bundesweites Pilotprojekt“ geadelt wurde.

Keine Gesichtserkennung

Eine bemerkenswerte Einschränkung bei der Anwendung der ausgefeilten Technik lieferten Polizei und Stadt gleich mit: Eine „Gesichtserkennung“, den Abgleich von Bildern der aufgenommenen Personen mit Fotos aus Fahndungslisten, werde es nicht geben. Vor diesem Hintergrund scheint die Gelassenheit der Mannheimer Bevölkerung verständlich. Die Frage,  „Sind Sie für eine Ausweitung der Videoüberwachung?“, beantworteten 79 Prozent  bei einer Online-Erhebung mit Ja. 21 Prozent lehnen das Vorhaben ab.

Baden-Württembergs Datenschutzbeauftragten Stefan Brink zitierte die Lokalzeitung „Mannheimer Morgen“ mit seinem Hinweis, bei der Überwachung „nicht unerheblicher Flächen“ werde zwar „schwerwiegend in die Rechte der Bürger eingegriffen“, doch da das Gesetz diese Form der Kontrollen vorsehe, müsse die Polizei ihr Handeln an Kriminalitätsschwerpunkten eben in jedem Fall durch erläuterndes Zahlenmaterial rechtfertigen und belegen.