Digitale Verwaltung

Der „Master of Digitalization“ geht in Pension

Jan Pörksen Arne Schneider 19. Oktober 2020
Der langjährige Finanzstaatssekretär Henning Lühr.
Henning Lühr machte sich in Bremen besonders um Verwaltungsdigitalisierung und -modernisierung verdient.

Henning Lühr, der 17 Jahre Finanz­staatsrat in Bremen war,ist im Juli dieses Jahres, 53 Jahre nach seinem Eintritt in den öffentlichen Dienst, in den Ruhestand getreten.

In Bremen erzählt man sich, dass es in der Verwaltung drei Gruppen von Beschäftigten gebe. Die erste Gruppe habe mit Henning Lühr studiert, die zweite sei von Henning Lühr ausgebildet worden und die der dritten habe er eingestellt.
Als System Lühr kann das überaus menschliche, äußerst agile und kommunikationsstarke Vorgehen des ehemaligen bremischen Finanzstaatsrats bezeichnet werden. Henning Lührs Netzwerk kennt im wahrsten Sinne des Wortes keine Grenzen – Henning wusste immer, wer anzurufen oder zu kontaktieren sei, wer um Rat oder Hilfe gebeten werden könne oder wer als Rednerin oder Redner zu einem der zahlreichen von ihm organisierten Kongresse oder Fachtagungen eingeladen werden sollte.

Ein aufgeklärter Bürokrat

Am Anfang seiner Karriere steht die Ausbildung für den gehobenen Dienst. Es folgen Zweiter Bildungsweg und einstufige Juristenausbildung. Anschließend tritt Henning Lühr in den öffentlichen Dienst Bremens ein, wird Abteilungsleiter in der Senatskommission für das Personalwesen und übt Lehrtätigkeiten aus. Später leitet er die Abteilung „Öffentliches Dienstrecht, Personal- und Verwaltungsmanagement, E-Government” beim Senator für Finanzen. Er wirkt mit beim Aufbau des Personaldienstleisters Performa Nord und ist maßgeblich daran beteiligt, dass sich Bremen im Jahre 2006 dem damals von Hamburg und Schleswig-Holstein betriebenen IT-Dienstleister Dataport anschließt.

Im Jahre 2003 beruft ihn der parteilose Finanzsenator Ulrich Nußbaum zum Staatsrat. Henning Lühr bleibt im Herzen „Personaler“ und kümmert sich um knifflige Personalangelegenheiten stets selbst. In der Haushaltswirtschaft vertraut er weitgehend seinem jeweiligen Haushaltsdirektor, mit dem er eine „Bürogemeinschaft“ bildet und dem er im Bedarfsfall den Rücken stärkt. Haushälter, schreibt er in dem von ihm herausgegebenen Satirischen Wegweiser durch Politik und Bürokratie, entgegnen vorgebrachten Wünschen häufig puritanisch. Es sei empfehlenswert, ­ihnen rechtzeitig die fachpolitischen Absichten darzulegen.

Als 2007 Karoline Linnert Senatorin wird, die ihn später einmal respektvoll als „aufgeklärten Bürokraten“ bezeichnen wird, darf und soll Henning Lühr ausdrücklich bleiben. Er wirkt maßgeblich am bremischen Konsolidierungskurs der Jahre 2011 bis 2019 mit. Zu den größten finanzpolitischen Erfolgen in seiner Zeit als Finanzstaatsrat zählt die von Bürgermeister Jens Böhrnsen vorbereitete und von Bürgermeister Carsten Sieling abgeschlossene Reform der Bund-­Länder-Finanzbeziehungen im Jahre 2017, durch die Bremen einen deutlich größeren ­finanziellen Handlungsspielraum ­bekommen hat.

Impulsgeber für kommunales Management

Henning Lühr hat sich viele Jahre im Rahmen seiner Mitgliedschaft im Verwaltungsrat der KGSt immer wieder mit neuen Impulsen um die Weiterentwicklung des Kommunalen Managements verdient gemacht. Staatstheoretisch kann er von Rudolf Hilferdings Werk über die Theorie vom Staatsmonopolistischen Kapitalismus bis hin zum marktwirtschaftlich orientierten Neuen Steuerungsmodell brillieren.

Er kümmerte sich auch immer ganz praktisch darum, dass Leistungen der öffentlichen Hand effizient und effektiv erbracht werden, indem er die dafür notwendigen Modernisierungsprojekte umzusetzen und zu finanzieren half. So förderte er in Bremen stark die Einführung der elektronischen Rechnung. Besonders verdient um Verwaltungsmodernisierung und -digitalisierung hat Henning Lühr sich auch ab 2018 als Vorsitzender des IT-Planungsrates ­gemacht.

Modernisierungsnetzwerker

In den vergangen Jahrzehnten baute der linke Sozialdemokrat ein weitverzweigtes Modernisierungsnetzwerk auf, das weit über die Grenzen des kleinen Stadtstaates und auch über Parteigrenzen hinausreicht. Insbesondere hat er immer wieder dafür gesorgt, dass die kommunalen Belange auf Landes- und Bundesebene Gehör fanden. Seine eigene Art der ­Diplomatie hat der Verwaltungsmodernisierung und -digitalisierung nicht nur in Bremen sondern auch darüber hinaus immer wieder starke Impulse gegeben.

Henning Lühr hat viele Bücher geschrieben – insbesondere Kochbücher. Am Ende seiner Dienstzeit als Finanzstaatsrat hat er noch ein Handbuch zu Finanzen und Haushalt herausgegeben. Nicht nur dafür: Vielen Dank, Henning!