Kommunen werden entlastet

Müll im Straßenraum: Schulze will Hersteller zur Kasse bitten

Carl-Friedrich Höck12. August 2019
Bundesumweltministerin Svenja Schulze
Kommunen müssen zunehmend Geld für die Müllbeseitigung im öffentlichen Raum ausgeben. Umweltministerin Schulze will nun die Hersteller von Fast-Food-Verpackungen oder Getränkebechern an den Kosten beteiligen.

Sich unterwegs einen Kaffee im To-Go-Becher und ein verpacktes Sandwich kaufen – das ist bequem und für viele Menschen Alltag. Doch der Müll, der so entsteht, macht den Kommunen zu schaffen. Papierkörbe im öffentlichen Raum müssen immer häufiger geleert werden. Auch auf den Straßen und Plätzen landen zunehmend Einwegprodukte als Abfall.

„Kosten tragen wir alle”

VKU-Präsident Michael Ebling (Foto: Thomas Trutschel/photothek.net)

Für diese Entwicklung müssen die Städte und Gemeinden teuer bezahlen, wie Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) betont: „Die Kosten für die Reinigung, die tragen wir alle. Und diese Kosten steigen.“ Das unterstreicht auch der Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), Michael Ebling: Die Kosten der Stadtreinigung würden nämlich über die Straßenreinigungsgebühren und die kommunalen Haushalte finanziert.

Ebling ist auch Oberbürgermeister der Stadt Mainz. Dort sei die Müllmenge im öffentlichen Straßenraum binnen fünf Jahren um 150 Tonnen jährlich gestiegen, sagt er. Es gebe mittlerweile kaum noch eine Stadt, in der nicht auch sonntags die Papierkörbe geleert würden.

Neue EU-Richtlinie

Die Umweltministerin will die Hersteller von Einweg- oder Wegwerfartikeln in Zukunft direkt an den anfallenden Kosten beteiligen. Genau das sieht auch eine EU-Einweg-Kunststoffrichtlinie vor, die im Mai 2019 von den Mitgliedsstaaten verabschiedet wurde.

Zum Hintergrund: Bereits jetzt müssen die Hersteller von Verpackungen zwar für deren Entsorgung zahlen, indem sie Lizenzgebühren an die Dualen Systeme entrichten. Doch diese holen nur den Müll ab, den die Verbraucher in die heimische Wertstofftonne geben. Was im öffentlichen Straßenraum landet, wird nicht von den Dualen Systemen entsorgt, sondern von der kommunalen Stadtreinigung. Die erhält von den Lizenzgebühren nichts.

Auch für zusätzliche Abfallbehälter sollen Hersteller zahlen

Schulze begutachtet den Inhalt eines Abfallbehälters vom Potsdamer Platz: Ein großer Teil besteht aus Plastikbechern. (Foto: Thomas Trutschel/photothek.net)

Svenja Schulze plant nun, das Kreislaufwirtschaftsgesetz anzupassen. Damit wird eine Rechtsgrundlage geschaffen, um Hersteller auch an den Entsorgungskosten im öffentlichen Straßenraum zu beteiligen.

Zweitens sollen genaue Zahlen ermittelt werden, was an Wegwerfprodukten in den Papierkörben sowie auf Straßen und Parks endet. Hierfür hat der VKU eine repräsentative Studie in Auftrag gegeben. In dem Verband sind die meisten kommunalen Abfallunternehmen organisiert.

Die vom VKU ermittelten Zahlen werden in den Gesetzgebungsprozess einfließen, kündigt Schulze an. Spätestens 2021 soll dann die neue Verordnung greifen. Sie betrifft die Hersteller von Fast-Food-Verpackungen, Getränkebechern, dünnen Plastiktüten und Zigarettenfiltern. Sie sollen anteilig an den Kosten beteiligt werden, die für die öffentliche Sammlung, die Bereitstellung der Abfallbehälter sowie die anschließende Entsorgung anfallen. Die Kommunen werden entsprechend entlastet.

Warnung vor „Bioplastik”

Ihren gemeinsamen Auftritt am Montag in Berlin nutzten Schulze und Ebling, um noch auf ein weiteres Thema aufmerksam zu machen: Die sogenannte Bioplastik. Diese sei „leider meistens eine Mogelpackung“, sagt Svenja Schulze. Anders als zuweilen suggeriert werde, verrotte dieses Material weder in der Biotonne noch in Kompostieranlagen. „Es gibt so gut wie kein umweltfreundliches Bioplastik auf dem Markt“, stellt die Umweltministerin klar. Sie will sich auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass in Zukunft nur noch solche Kunststoffe als biologisch abbaubar bezeichnet werden dürfen, für die das tatsächlich auch zu 100 Prozent zutrifft. Bisher gilt für VKU-Präsident Ebling: „Bioplastik ist mehr Plastik als Bio“.

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