Klimaschutz in den Kommunen

Multiplikatoren gegen die Klimakrise

Bernd Neuendorf06. Juli 2020
Die Kurse im Rahmen des Projekts „#klimafit“ finden in Corona-Zeiten auch als Webinare statt.
Der WWF hat mit Volkshochschulen als Kooperationspartner das Projekt „#klimafit“ ins Leben gerufen. Mehr als 1.000 Multiplikatoren – von Stadträten über Landwirten bis hin zu Verbandsvertretern – haben das Zertifikat schon erworben.

Klimaschutz ist Gemeinschaftsaufgabe und braucht Akzeptanz“, sagt Bettina Münch-Epple vom World Wild Fund for Nature (WWF)Deutschland. Das, so ist die Leiterin des Bildungsbereichs des WWF überzeugt, kann nur gelingen, wenn man auf die Menschen vor Ort zugeht, wenn informiert und diskutiert wird, wenn Möglichkeiten geschaffen werden, sich zu engagieren. „Ob das Pariser Klimaschutzabkommen oder der Klimaschutzplan der Bundesregierung erfolgreich umgesetzt werden, hängt entscheidend von unseren Städten und Gemeinden ab“, sagt die studierte Sinologin. Man müsse das Globale auf das Regionale herunterbrechen.

Volkshochschulen als Kooperationspartner

Daher hat der WWF gemeinsam mit dem REKLIM Helmholtz-Verbund „Regionale Klimaänderungen“ das Projekt „#klimafit“ initiiert. Im Badischen sei man 2017 mit neun Volkshochschulen (VHS) als Kooperationspartner an den Start gegangen, so Münch-Epple. Bereits drei Jahre später wird der Kurs an 32 Volkshochschul-Standorten deutschlandweit angeboten. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer werden zu sogenannten Multiplikatoren ausgebildet, die im Anschluss an die von Expertinnen und Experten durchgeführten Veranstaltungen genau wissen, wie sich die Klimakrise in ihrer Region auswirkt, welche Maßnahmen die Kommune zur Klimaanpassung plant und was sie selbst zum Klimaschutz beitragen können. Jeder Kurs hat sechs Bausteine. Auf Basis aktueller wissenschaftlicher Daten werden konkrete Handlungsoptionen vermittelt, um komplexe Entscheidungen in Sachen Klimaanpassung besser treffen zu können. Gefördert wird das Projekt übrigens von der Robert-Bosch-Stiftung und der Klaus-Tschira-Stiftung sowie der Deutschen Postcode Lotterie.

Auch in Deutschland, so Münch-Epple, häufen sich Wetterextreme: Zuletzt hätten Dürre, Starkregen und lange Hitze­perioden zugenommen. Die Schäden sind unübersehbar. Das bewegt die Menschen und beschert „#klimafit“ einen regen Zulauf. Mehr als 1.000 Multiplikatoren, so der WWF, haben bereits ein Zertifikat erworben. Die Chance genutzt hat zum Beispiel auch die Kleinstadt Schwarzenbek im Kreis Herzogtum Lauenburg. Auf Antrag der SPD-Fraktion gibt es seit Fe­bruar Kurse an der örtlichen VHS. Stadtverordnete Jennifer Fröhlich, die sich dafür eingesetzt hat, liegt die nachhaltige Stadtentwicklung „besonders am Herzen“ wie sie beteuert.

Neben Bürgern spricht der Kurs auch ehrenamtliche Gemeinde-, Stadt- oder Kreisräte, sowie Förster, Landwirte oder Vertreter von Verbänden, ­Umweltinitiativen oder der Wasser- und Energiewirtschaft an. Viele Multiplikatoren haben vor Ort bereits eigene Projekte gestartet: Es wurden Klimaspaziergänge und Exkursionen initiiert, eigene ­Webinare angeboten und Klimastamm­tische gegründet. Teilnehmen können übrigens alle Städte und Gemeinden, die über ­einen Klimaschutzmanager oder Umweltschutzbeauftragten verfügen. Dieser soll aus dem Projekt „#klimafit“ entstehende Ideen und Anregungen in die politischen Entscheidungsprozesse einspeisen.

NRW steigt auf den Zug

Jetzt kommt das Projekt auch ins bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen. Im kommenden Jahr sollen 45 bis 60 Volkshochschulen den Kurs ins Programm aufnehmen Für die Koordina­tion vor Ort hat der WWF mehrere „Hubs“ etabliert, eine Art Steuerungszentrale. Hier laufen die organisatorischen Stränge des Projekts für eine bestimmte Region zusammen, erklärt Anja Surmann, Geschäftsführerin beim Klimadiskurs NRW. Sie hat vor wenigen Wochen ein entsprechendes Abkommen mit den Initiatoren von „#klimafit“ unterzeichnet und ist nun dafür verantwortlich, Standorte und Kursleitende zu akquirieren.
„Das Projekt passt gut zum Klimadiskurs“, sagt Surmann. Der gemeinnützige und unabhängige Verein will den Klimaschutz voranbringen und gleichzeitig den Industrie- und Wirtschaftsstandort NRW sichern. Der diskursive Austausch zu klimarelevanten Themen gehört gleichsam zur DNA des Vereins. Gerade in den Kommunen in NRW spiele Klimaschutz eine immer größere Rolle, so Surmann. Ob beim ÖPNV, beim Thema Flächenverbrauch oder dem Ausbau von Radwegen: Diese Themen stünden heute überall auf der Tagesordnung. Sie habe sich sofort für das Projekt „#klimafit“ begeistert. „Ob die Klimawende in Deutschland gelingt, entscheidet sich in Nordrhein-Westfalen.“ Denn NRW sei das Energieland Nummer eins und der Energieverbrauch sei hier bundesweit am höchsten. Das Engagement gegen die Klimakrise müsse auch und gerade hier vor der Haustür beginnen.

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