Blickpunkt Umweltgerechtigkeit

Natur auf Wanderschaft

Silke Hoock 05. Juli 2018
Die Bäume in Töpfen sollen ein besseres Klima bringen
Die Bäume in Töpfen sollen ein besseres Klima bringen und wechseln alle paar Monate den Standort. Später werden sie eingepflanzt.
Gerade im Sommer kann es unangenehm heiß werden, wenn versiegelte Flächen in der Innenstadt Wärmeinseln erzeugen. In einkommensschwächeren Stadtteilen der Stadt Bottrop verbessern in Kübel gepflanzte Bäume das Mikroklima.

Bottrop. Blauer Himmel, grüne Stadt. So lautete im Jahr 2010 das Motto eines Wettbewerbs des Initiativkreises Ruhr. Im Ruhrgebiet wurde die Klimastadt der Zukunft gesucht. Die Wahl fiel auf Bottrop. Der Ausstoß an Kohlendioxid konnte seitdem im Pilotgebiet drastisch gesenkt und die Lebensqualität gesteigert werden. Die InnovationCity Ruhr soll Vorbild für die Erneuerung des gesamten Ruhrgebiets, aber auch anderer industriell geprägter Metropolen weltweit werden.

Nachhaltig und lebenswert

Inzwischen ist Bottrop InnovationCity und auch Zukunftsstadt. Bei beiden Projekten spielen die Themen Stadtklima, Verringerung von Immissionen, Verbesserung der Lebensqualität in den – gerade auch benachteiligten – Stadtquartieren eine zentrale Rolle. Die Zukunftsstadt wird gefördert und war als Wettbewerb ausgeschrieben vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Sie will zeigen, wie Bürger und Forschung schon heute dazu beitragen können, Städte nachhaltig und lebenswert zu gestalten.

Die InnovationCity wird unter anderem begleitet vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Die beiden ­wissenschaftlich begleiteten Projekte bauen aufeinander auf. Am Ende sollen der Masterplan „Klimagerechter Stadtumbau“ und die „Vision 2030+“ die Leitziele für die zukünftige Stadtentwicklung darstellen und Lösungsansätze für die Bewältigung wichtiger Zukunftsaufgaben aufzeigen.

Wanderbäume gegen Wärmeinseln

Doch seit wann spielt der Umweltgedanke im Rathaus der Stadt an der Emscher eine Rolle? „Spätestens seit Ende der 90er Jahre zum Finale der Internationalen Bauausstellung IBA. Doch profilieren konnte sich Bottrop durch den Zuschlag beim Wettbewerb des Initiativkreises Ruhr“, sagt Stadtsprecher Ulrich Schulze.

Teil des Ganzen ist ein Projekt, das unter dem Namen „Wanderbäume“ ­realisiert wurde. „Wegen der hohen Versiegelung von Flächen bilden sich in der Innenstadt Wärmeinseln, die die Aufenthaltsqualität mindern“, erläutert Stadtsprecher Schulze den Hintergrund. Doch was steckt hinter den Wanderbäumen, die über die Fakultät Raumplanung der TU Dortmund Teil des EU-Projekts ­iSCAPE sind?

Bis zu zwei Jahre im Kübel mobil

Wanderbäume sind bewegliche, in Kübel gepflanzte Bäume, die auf Rollbrettern transportiert werden und bis zu zwei Jahre in den Kübeln bleiben können. In Bottrop wurde darauf geachtet, dass die vorgeschlagenen Baumarten in die hiesige Straßenbegrünung passen und beispielsweise wenig Laub produzieren oder insektenfreundlich sind. In der ehemaligen Bergbaustadt in Nordrhein-Westfalen kommen die Bäume im einkommensschwächeren Süden zum Einsatz, um das Mikroklima zu verbessern, denn sie sind ein gutes Mittel, um Kühlung zu bringen.

Ihr Umweltprofil schärfen will die 117.000 Einwohner zählende Stadt unter anderem auch durch den Einsatz besonderer Pflastersteine. Diese haben eine Vorsatzschicht aus Titandioxid, das photokatalytische Eigenschaften hat und Stickoxide in der Luft reduzieren soll. In Bottrop sind die Steine unter anderem in der Innenstadt verbaut und im Zuge des Projekts InnovationCity soll deren Wirkung im praktischen Einsatz nachgewiesen und vermessen werden.

Die Verwaltung wurde umgekrempelt

Motor der Umwelt-Entwicklung sind unter anderem der ehemalige Planungsamtsleiter und heutiger Bottroper Oberbürgermeister Bernd Tischler (SPD) und der Technische Beigeordnete Klaus Müller. Beide waren Absolventen im Fach Raumplanung der TU Dortmund. „Durch den guten Kontakt auf allen Ebenen gibt es immer wieder Ansatzpunkte für gemeinsame Projekte, bei denen eine wissenschaftliche Begleitung notwendig ist“, so Sprecher Schulze.

Nach der Kommunalwahl 2009, aus der Bernd Tischler als OB hervorging, gab es zahlreiche Neuerungen in der ­Verwaltung. So wurde aus dem ehemaligen Grünflächenamt der Stadt Bottrop und der Abteilung für Umweltangelegenheiten ein neuer Fachbereich „Umwelt und Grün“ gegründet. Untergebracht sind hier die unteren Umweltbehörden sowie die gesamte Grünflächenverwaltung der Stadt, angefangen von den Friedhöfen, über Parks bis hin zum Stadtwald. „Das war zu dieser Zeit bereits ein klares Signal für den zukünftigen Stellenwert von klimarelevanten und ökologischen Fragen in einer traditionellen Industriestadt wie Bottrop“, stellt der Stadtsprecher fest. Relativ neu in der Verwaltung ist eine zentrale Koordinierungsstelle „Integrierte Stadtentwicklung / InnovationCity“.