Mobilität und Verkehr

Niederflurbahn versus „Bus Rapid Transit“ (BRT)

Uwe Roth08. Januar 2019
Metrobussystem in Istanbul.
Straßenbahnen werden in Städten entdeckt, in denen der klassische Busverkehr an seine Grenzen gekommen ist. Als weitere Alternative kommt der „Bus Rapid Transit“ (BRT) ins Spiel, auch Busway genannt.

Straßenbahnen werden wegen ihrer hohen Kapazitäten im ÖPNV geschätzt. Wird sie mit Ökostrom angetrieben, fährt sie zudem umweltschonend und meistens auch pünktlich durch die Innenstadt. Die Vorteile werden derzeit von Städten entdeckt, in denen der klassische Busverkehr an seine Kapazitätsgrenzen gekommen ist. Drohen Dieselfahrverbote, soll „die Elektrische“ mehr Bürger zum Umstieg auf den ÖPNV bewegen.

Lange Zeiträume erforderlich

Der Nachteil allerdings ist, dass Planungen und Bau eines neuen Schienennetzes eine Menge Zeit und Geld fressen. Von den vorausgehenden Diskussionen mal ganz abgesehen. In der Stadt Regensburg wurden die erste Konzeptstudie für eine Regio-Stadtbahn im Jahr 2006 vorgestellt. Viele Debatten und eine Bürgerbeteiligung schlossen sich an. Im Juni 2018 wurde vom Stadtrat „die Aufnahme der Planung zur Einführung einer Stadt- bzw. Straßenbahn“ beschlossen. Nach dem geschätzten Zeitplan sollen die Schienen ab dem Jahr 2025 verlegt werden. Mit Inbetriebnahme wird zwei Jahre später gerechnet.

Für Kommunen, die akut gegen Dauerstaus und Luftverschmutzung anzukämpfen haben, ist ein solcher Zeitraum quälend lange. Als Alternative zu einer schienengebundenen Bahn ist in Regensburg der „Bus Rapid Transit“ (BRT) in Erwägung gezogen, aber letztendlich abgelehnt worden. Der BRT unterscheidet sich äußerlich wenig von einer Niederflurbahn. Doch statt auf Schienen fährt er mit Gummibereifung. Mit seinen bis zu 24 Meter Länge ist der BRT nichts anderes als ein Bus in einer xxl-Version. Seinen Vorteil kann ein BRT allerdings nur zeigen, wenn ihm zumindest auf den staugeplagten Streckenabschnitten eine eigene Trasse zur Verfügung steht. Für den Verkehrsplaner Volker Deutsch vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen liegt der Charme eines BRT nicht allein in der kürzeren Planungs- und Genehmigungszeit. „Es ist die Flexibilität“, stellt Deutsch fest. Ein BRT kann im allgemeinen Verkehr mitfahren, sollte kein Platz für eine separate Spur sein. An anderer Stelle reicht eine Fahrbahnmarkierung, um einen Weg für den BRT freizuhalten In Frankreich (z. B. Nantes, Metz, Straßburg) Istanbul, Adelaide oder Bogota werden solche Bussysteme in unterschiedlichen Varianten eingesetzt.

BRT als Zwischenlösung?

Dass ein BRT kommunalpolitisch dazu missbraucht werden kann, den Individualverkehr weitgehend unangetastet zu lassen, erlebt die SPD-Fraktion im Gemeinderat von Ludwigsburg. Die Stadtverwaltung will den BRT als Zwischenlösung einführen und zu einem späteren Zeitpunkt eine Niederflurbahn. Die SPD zieht allerdings die Niederflurbahn vor. Die drittgrößte Fraktion sieht die Gefahr, dass die bürgerliche Mehrheit aus CDU und Freien Wählern mit einem BRT nur halbherzig den Individualverkehr einschränken möchte. Diese kämpft um jeden Parkplatz, der für eine Schienenbahn definitiv wegfallen müsste. Fraktionschefin Margit Liepins fürchtet, dass die BRT-Trassen ein Flickwerk bleiben, das gleichzeitig der Niederflurbahn im Weg stehen wird.

Stadtverwaltung und Gemeinderatsmehrheit halten an den BRT-Plänen fest, obwohl in Deutschland in keiner Stadt bislang der Beweis angetreten wurde, dass dieses Transportsystem tatsächlich funktioniert. Auf dem Fuhrparkgelände der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein stehen seit 2016 zwei nagelneue BRT-Fahrzeuge, die nicht betriebsbereit sind. Gründe wollen weder das Verkehrsunternehmen noch der belgische Hersteller nennen. Die Hamburger Hochbahn hat das Modell eines französischen Herstellers getestet und beschlossen, doch lieber normale Elektrobusse in den Einsatz zu bringen, wie ein Unternehmenssprecher mitteilt. Von 2020 an wolle sich Hochbahn ausschließlich E-Busse anschaffen.

In der Stadt Regensburg hat man sich gegen einen BRT als Zwischenlösung entschieden, weil die Gutachter eine zu geringe Kapazität errechnet haben. An eine Niederflurbahn könne man bei Bedarf einen weiteren Zug anhängen. An einen BRT nicht. Dieser Einschätzung folgte die Mehrheit des Stadtrats.