Bundeskongress der Abfallwirtschaft

Noch ein weiter Weg zur echten Kreislaufwirtschaft

Carl-Friedrich Höck31. Mai 2017
Mülltonnen
Deutschland gilt als Land der Mülltrenner. Aber wieviel davon wird wirklich wiederverwertet?
Während in Brüssel an einer neuen Recycling-Richtlinie gestrickt wird, geht auch in Deutschland die Debatte um das Ziel Kreislaufwirtschaft weiter. Ein Abteilungsleiter des Wirtschaftsministeriums betonte am Dienstag: Für die deutsche Wirtschaft ist ein sparsamer Umgang mit Ressourcen essenziell. Den kommunalen Unternehmen gab er einen Rat mit auf den Weg.

Für die deutsche Abfallwirtschaft sind es turbulente Zeiten. Erst vor wenigen Tagen hat ein neues Verpackungsgesetz den Bundesrat passiert. Nun richten sich die Augen der Branche nach Brüssel. Dort gehen die Verhandlungen über ein Kreislaufwirtschaftspaket in die entscheidende Phase. Angestrebt ist eine geänderte EU-Richtlinie, mit der höhere Recycling- und Wiederverwertungsquoten festgelegt werden sollen.

Branche trifft sich in Berlin

Während am Dienstag EU-Kommission, -Parlament und -Umweltrat ihre Gespräche aufnahmen, thematisierte der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) das Thema Kreislaufwirtschaft auf einem Bundeskongress der kommunalen Abfallwirtschaft und Stadtreinigung in Berlin. Und dort wurde schnell klargestellt, dass eine Kreislaufwirtschaft (also die möglichst vollständige Rückführung der Abfälle als Rohstoffe in den Produktionsprozess) nicht nur ein umweltpolitisches Ziel sei. Sondern ebenso ein wirtschaftspolitisches.

„Der ressourceneffizienteste Standort wird auch der wettbewerbsfähigste sein“, brachte es Wolfgang Scheremet, Abteilungsleiter Industriepolitik im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, auf den Punkt. Als Industrieland sei Deutschland einer der größten Verbraucher von Ressourcen weltweit. Und die deutsche Wirtschaft sei auf eine zuverlässige Versorgung mit Rohstoffen angewiesen. Das seien heute nicht nur Kohle oder Kies, sondern zunehmend seltene Metalle oder Erden, wie sie etwa für Smartphones oder Elektromobile benötigt würden. „Ohne Gallium keine Energiewende“, verdeutlichte Scheremet das Problem.

Vorreiter Deutschland?

Wenn man Ressourcen schützen wolle, liege der Gedanke der Kreislaufwirtschaft nahe, führte Scheremet aus. Deutschland sei hier Vorreiter: Mit einem schon 1994 beschlossenen Kreislaufwirtschaftsgesetz, mit einer Recyclingquote von 70 Prozent der Abfälle, wobei die Quote bei  Stahl, Glas und Papier besonders hoch liege. Dass in die Verwertungsquoten auch die thermische Verwertung von Abfällen mit eingerechnet wird, verteidigte Scheremet ausdrücklich: „Es geht um die Versorgung unserer Wirtschaft – direkt mit Rohstoffen, aber auch indirekt mit Strom oder Wärme, es geht um die mehrfache Verwendung.“

Allerdings liege Deutschland auch bei dem pro Kopf anfallenden Abfall EU-weit vorne. „Das müssen wir ändern“, so Scheremet. Mit dem neuen Verpackungsgesetz, einer Mantelverordnung für das recyceln mineralischer Abfälle und dem neuen Elektrogesetz habe die Bundesregierung das Thema angepackt.

Wirtschaftsministerium sieht Kreislaufwirtschaft noch in weiter Ferne

VKU-Bundeskongress Abfallwirtschaft und Stadtreinigung
Wagen der Berliner Stadtreinigung vor dem Kongresshotel in Berlin

Das geplante Kreislaufwirtschaftspaket der EU werde die Wettbewerbsbedingungen in Europa angleichen. Davon könne Deutschland als Vorreiter profitieren, meint Scheremet. Doch der Abteilungsleiter aus dem Wirtschaftsministerium schränkte auch ein: Eine vollständige Kreislaufwirtschaft – also ein abfallfreies Wirtschaften – werde es vorerst nicht geben. „Es muss technisch machbar und wirtschaftlich vernünftig sein“, begründete er. Teils seien die Kosten zu hoch und die Nachfrage nach den gewonnenen Sekundärrohstoffen nicht groß genug. Es müsse noch viel geforscht werden. „Insofern werden sich neue Investitionen in Entsorgungstechnologien lohnen“, gab er den kommunalen Abfallunternehmen mit auf den Weg.

Kritik am Verpackungsgesetz und Hoffen auf Europa

Anders als das Wirtschaftsministerium ist der VKU mit dem jüngst verabschiedeten Verpackungsgesetz unzufrieden, wie Hauptgeschäftsführerin Katherina Reiche am Dienstag nochmals betonte: „Der VKU hat sich in den letzten Jahren dafür eingesetzt, dass die Kommunen mindestens für die Sammlungen der Verkaufsverpackungen sowie der stoffgleichen Nichtverpackungen zuständig sind.“ Die von den Dualen System erzielten ökologischen Ergebnisse seien angesichts des hohen bürokratischen Aufwands „mehr als dürftig“, real liege die Recyclingquote bei gerade einmal 20 Prozent. (Einer der Gründe: Viele Verbraucher werfen ihren Müll in die falsche Tonne.) Es sei nicht erkennbar, wie die eigentlich angestrebte Vermeidung von Verpackungen gelingen soll.

Die Bemühungen um ein EU-Kreislaufwirtschaftspaket begrüßt der VKU. Dabei habe für den Verband Priorität, die Deponierung von nicht vorbehandelten Siedlungsabfällen zeitnah einzuschränken, teilte der VKU am Dienstag mit. In Deutschland ist die Deponierung von solchen Abfällen seit 2005 verboten, weil derartige Deponien große Mengen Methangas freisetzen und damit das Klima schädigen. Zudem müssten die Berechnungsmethoden der Recyclingquoten angeglichen werden, fordert der VKU. „Die Mitgliedstaaten und ihre Bemühungen zur Förderung des Recyclings müssen besser vergleichbar werden. Nur wenn wir wissen, von welchen Mengen wir reden, können wir Verbesserungen erzielen“, erklärt der VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp.

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