Corona-Pandemie

NRW: Bürgermeister kritisieren Regierung Laschet

Karin Billanitsch06. Mai 2020
Corona-Krisenmanagement per Pressemitteilung ist keine Lösung, kritisieren mehrere SPD-Bürgermeister die Regierung von Ministerpräsident Armin Laschet CDU).
Bei Bürgermeistern aus Nordrhein-Westfalen hat sich viel Ärger über das Krisenmanagement der Landesregierung unter Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) aufgestaut. Sie bemängeln zu kurzfristige, sich teilweise sogar widersprechende Anordnungen.

Bürgermeister aus Nordrhein-Westfalen-Westfalen werfen der Landesregierung schlechtes Krisenmanagement vor. „Die ständigen Presseankündigungen verunsichern die Beschäftigten in den Kommunen und schaffen Unsicherheit in der Bevölkerung. Sie tragen maßgeblich dazu bei, dass die Akzeptanz der beschlossenen Corona-Maßnahmen bei den Menschen immer weiter verloren geht“, kritisierten mehrere Bürgermeister in einer Pressemitteilung der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) in NRW.  Das gefährde den Zusammenhalt im ganzen Land, mahnten die Bürgermeister Michael Stock (Wegberg), Reiner Breuer (Neuss), Tim Kähler (Herford), Rajko Kravanja (Castrop-Rauxel) und Dirk Speckmann (Borgholzhausen) sowie die Bürgermeisterin Marion Weike (Werther).

Die obersten Vertreter der Kommunen kritisierten sich widersprechende Mails aus dem Schulministerium unter Ministerin Yvonne Gebauer (FDP). „Eine Schulministerin, die offensichtlich überfordert ist, und ein Ministerpräsident, der öffentlich sein Kabinett bloß stellt und die Eltern völlig durcheinanderbringt, sind augenscheinlich nur die Spitze des Eisberges und erwecken den Anschein, dass die Landesregierung den Ernst der Lage aus dem Blick verloren hat“, erklärte Michael Stock (SPD), Bürgermeister von Wegberg.

Sich widersprechende Anordnungen aus dem Schulministerium

Konkret zielt die Kritik darauf, wie der Schulstart in NRW bewerkstelligt werden soll. Da geht es darum, bestimmte Hygienevoraussetzungen zu schaffen, etwa ob es reicht, Seife bereitzustellen oder daneben auch Desinfektionsmittel; auch ob beispielsweise Masken ausgegeben werden sollen, müssen die Kommunen wissen. „Da haben wir es erlebt, dass wir zunächst Mails bekommen haben, dass kein Desinfektionsmittel benötigt wird, auf einmal hieß es dann – ich sage das jetzt etwas salopp – wir starten übermorgen mit der Schule und haltet auch Desinfektionsmittel zu Verfügung“, kritisiert Stock.

Er nennt auch ein zweites Beispiel verwirrender Anordnungen aus dem Schulbereich: Schulministerin Gebauer hatte verkündet, dass ab dem 11. Mai die Schule für alle Grundschüler in einem rotierenden System startet. „Und am Nachmittag musste sich Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) vor die Presse stellen, und einräumen, dass man nur mit den 4. Klassen starten werde.

Wirrwarr auch bei Regelungen für den Einzelhandel

Nicht nur im Schulbereich werden die Kommunen mit kurzfristigen Regelungen konfrontiert, die nicht verlässlich sind: „Am Mittwoch kündigt der Ministerpräsident an, ab montags gelte eine Maskenpflicht im Einzelhandel – Freitagnachmittag wird die entsprechende Verordnung erlassen. Diese trifft dann plötzlich wesentlich weitergehende Regelungen und bezieht beispielsweise die Beschäftigten mit ein.

„Die Landesregierung blendet vollständig aus, dass die Einzelhändlerinnen und Einzelhändler sich danach zunächst an die kommunalen Ordnungsämter wenden, um offene Fragen zu klären, und dann für eine Umsetzung in einem sehr angespannten Markt für Hygieneartikel keine Zeit mehr haben“, lautet die Kritik der Kommunalen. „Wie sollen die Kommunen die vielen Gewerbetreibenden verlässlich in existenziellen Fragen beraten, wenn neue Regelungen nur per Pressekonferenz verkündet werden, ohne Konzept und ohne Verordnung im Gepäck?“ fragen die Bürgermeister.

Die Liste lässt sich weiter verlängern: Friseure sollen sich laut einer Vereinbarung der Länderchefs vom 15. April mit der Bundeskanzlerin auf eine Öffnung am 4. Mai vorbereiten, kommunale Ordnungsbehörden und Friseure wurden dann aber von der Landesregierung mit der Vorbereitung allein gelassen, moniert Stock.

Kritik an Kommunalministerin Schnarrenbach

Die Bürgermeisterin von Werther, Marion Weike (SPD) bemängelte darüber hinaus die Entscheidung von Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU), die Großhandelsbetrieben erlaubt hat, auch an Endverbraucher zu verkaufen. „Mit Erlass vom 21.04.2020 hat sie die Bauaufsichtsbehörden gezwungen, den Verkauf an Endverbraucher zu dulden. Dies auch, wenn er der Baugenehmigung widerspricht und damit illegal ist,“ kritisiert Weike.

Diese Regelung sei nicht erforderlich, weil es abgesehen von Schutzausrüstung keine Versorgungsengpässe gab. „Gerade die Einzelhandelsbetriebe sind durch die Auswirkungen der Corona- Pandemie in ihrer Existenz bedroht und dürfen nicht zusätzlich geschwächt werden durch den Großhandel“, so Weike.

„Durcheinander bei der Kinderbetreuung“    

Als weiteres Beispiel bringt der Wegberger Bürgermeister Stock das Thema Kinderbetreuung ins Spiel: Auch bei Fragen der Kinderbetreuung herrschte großes Durcheinander: Am 17. April teilt Familienminister Joachim Stamp via Pressemitteilung mit, dass vom 27. April die Notbetreuung auf berufstätige Alleinerziehende ausgeweitet werden soll. Die notwendige Änderung der entsprechenden Verordnung wurde den Kommunen allerdings erst am Freitag vor dem Inkrafttreten bekannt gemacht – am 24. April gegen 22.00 Uhr.

„Wie sollen sich Kommunen, Erzieherinnen und Erzieher, Alleinerziehende oder Kinder darauf einstellen?“ fragt Stock. „Der Ärger hat sich bei uns einfach aufgestaut, erklärt Stock die Entscheidung der Bürgermeister, an die Öffentlichkeit zu gehen.

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