Forderung der Länder

ÖPNV: Bund soll Milliarden für Klimaschutz zahlen

Carl-Friedrich Höck30. Juni 2021
Der ÖPNV soll attraktiver werden und die Zahl der Fahrgäste soll steigen. Um die Kosten wird nun gerungen.
Gerade erst hat der Bund weitere Corona-Hilfen für den Nahverkehr beschlossen – doch aus Sicht der Verkehrsminister der Länder reicht das nicht. Sie fordern einen hohen Milliardenbetrag, um die Klimaschutzziele im Verkehrssektor zu erreichen. Dafür sei eine „erschreckend hohe Summe“ nötig.

Klimaschutz kostet – und für den Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) haben die Länder jetzt eine Rechnung vorgelegt. Die Verkehrsministerkonferenz der Bundesländer fordern den Bund auf, die sogenannten Regionalisierungsmittel deutlich zu erhöhen. Mit diesen beteiligt sich der Bund an den Kosten für den ÖPNV und für den Personen-Nahverkehr auf Schienen (SPNV).

Bund soll Mittel mehr als verdoppeln

Diese Regionalisierungsmittel sollen ab 2022 jährlich um 1,5 Milliarden Euro steigen. Das sieht ein einstimmiger Beschluss der Länder-Verkehrsminister vom Dienstag vor. Bis zum Jahr 2030 würde der Zusatzbetrag somit auf 13,5 Milliarden Euro anwachsen. Das bedeutet: Der Bund müsste seinen Beitrag mehr als verdoppeln. Derzeit plant der Bund – inklusive Klimapaket – für das Jahr 2030 Regionalisierungsmittel-Ausgaben von etwas über 11 Milliarden. Zusammen mit den von der Verkehrsministerkonferenz geforderten Mitteln läge der Gesamtbetrag im Jahr 2030 bei 24,55 Milliarden Euro.

Aktuell geplante und von der VMK geforderte Regionalisierungsmittel. Grafik: VMK

Das sei vielleicht eine erschreckend hohe Summe, sagte Saarlands Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD) nach der Konferenz. Doch da sehe man sich mit der Realität konfrontiert. „Ohne deutlich mehr Geld werden wir die Klimaschutzziele im Verkehrssektor deutlich verfehlen.“

Der Bund hat gerade erst das Klimaschutz-Gesetz geändert. Die neue Fassung sieht vor, dass Deutschland bis 2030 seine Treibausgas-Emissionen um 65 Prozent (gegenüber 1990) reduziert. Nun hat der Verband der Verkehrsunternehmen (VDV) ein Gutachten vorgelegt, wie sich die Klimaschutzziele im Verkehrssektor erreichen lassen und was das kostet. Das Gutachten ist die Grundlage für den Beschluss der Verkehrsminister*innen der Länder.

Verkehrsunternehmen halten Klimaziele für schaffbar

Der VDV kommt zu dem Schluss: Die Klimaziele im Verkehrssektor lassen sich tatsächlich erreichen. „Dafür muss das Bus- und Bahn-Angebot massiv wachsen“, sagt VDV-Präsident Ingo Wortmann. Bund, Länder und Kommunen müssten das nötige Geld bereitstellen. Die Branche gebe ihrerseits das Leistungsversprechen, „die notwendigen Erweiterungen beim Angebot bis 2030 umzusetzen“.

Die Länder wollen die Fahrgastzahlen im ÖPNV verdoppeln. Das VDV-Gutachten sieht vor, die Betriebsleistung – gemessen in Fahrzeugkilometer – um 60 Prozent zu steigern. Die Personen-Kilometer sollen um 24 Prozent gesteigert werden. Die Verkehrsunternehmen rechnen damit, dass für bessere Anbindungen vermehrt kleine Fahrzeuge eingesetzt werden.

Der VDV prognostiziert, dass die Kosten um 90 Prozent steigen werden. Das beinhaltet Personal, laufende Aufwendungen, Energiekosten und neue Bedarfsverkehre in Städten oder im ländlichen Raum. Die Erlöse würden aber nur um 50 Prozent steigen. Dabei geht der VDV von weitgehend gleichbleibenden Ticketpreisen (mit Inflationsausgleich) aus. Preissenkungen sind also nicht einkalkuliert.

Scheuer warnt vor massiven Schulden

Die Finanzierungslücke könnten die Unternehmen nicht alleine tragen, meint die Bremer Senatorin Maike Schaefer (B90/Die Grünen), die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz. Bund, Länder und Gemeinden müssten deutlich mehr in den Schienenpersonenverkehr und den gesamten ÖPNV investieren.

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) äußert sich bisher zurückhaltend. Er verweist darauf, dass der Bund seine Mittel für den ÖPNV bereits aufgestockt hat. 5,2 Milliarden Euro zusätzlich fließen bis zum Jahr 2031 aus dem Klimapaket. Mit dem Corona-Hilfspaket seien noch weitere 3,5 Milliarden Euro vom Bund dazugekommen, so Scheuer. „Der Bund hat geliefert”. Die weitergehenden Forderungen der Länder müssten jetzt vertieft diskutiert werden. „Massive Schulden zu Lasten allein des Bundes wären unverantwortlich“, betont der Minister.

weiterführender Artikel