Reformdebatte

ÖPNV-Finanzierung: Länder weisen Kritik des Rechnungshofes zurück

Carl-Friedrich Höck15. Februar 2022
Vorfahrt für den ÖPNV: In den Nahverkehr soll mehr Geld fließen. Umstritten ist, auf welchem Weg.
Der Bericht des Bundesrechnungshofes zur ÖPNV-Finanzierung sei ein „Bremsklotz für die Klimaoffensive“. Das sagt die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz Maike Schaefer. Die Rechnungsprüfer*innen hatten einen undurchsichtigen Förderdschungel moniert und Reformen angemahnt.

Die Vorsitzende der Verkehrsministerkonferenz (VMK), Bremens Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (B90/Grüne), zeigt sich nach dem Bericht des Bundesrechnungshofes zur ÖPNV-Finanzierung verstimmt. Sie teile die Kritik gegenüber den Ländern „nicht in Gänze“, lässt sie per Pressemitteilung ausrichten. Das Kontrollorgan hatte den Ländern vorgeworfen, Gelder ungenutzt liegen zu lassen. Zugleich hat der Rechnungshof eine Reform vorgeschlagen mit dem Ziel, die für den Öffentlichen Nahverkehr eingesetzten Mittel auf Bundesebene besser zu steuern.

Der Bericht komme „wie ein Bremsklotz für die Klimaoffensive aufs Eis“, kritisierte Schaefer. Man könne Verfahren hinterfragen, „aber es geht hier um den Klimaschutz und nicht die Optimierung unseres Bürokratismus“. Man müsse Finanzierungsinstrumente beschleunigen.

Länder wollen deutlich mehr Regionalisierungsmittel

Obwohl die vom Bund bereitgestellten Milliarden bisher von den Ländern nicht voll verausgabt werden, drängen diese auf weiteres Geld. Die Verkehrsministerkonferenz hat den Bund im Juni 2021 aufgefordert, die Regionalisierungsmittel zusätzlich zur gesetzlichen Dynamisierung ab dem Jahr 2022 um jeweils weitere 1,5 Milliarden Euro gegenüber dem Vorjahr zu erhöhen. Das soll auch Thema eines Sondertreffens der VMK am 23. Februar sein. Dort solle zudem eine Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft eingerichtet werden, die den im Ampel-Koalitionsvertrag vorgesehenen Ausbau- und Modernisierungspakt vorbereitet, teilt Schaefer mit.

Die Verzögerungen beim Mittelabruf über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) erklärt Schaefer damit, dass die Maßnahmen „nach mehr als 20 Jahren Stillstand“ Zeit benötigten. Die „umfangreichen Berechnungen und Abstimmungen der Verfahrensanleitungen für die Standardisierte Bewertung” seien sehr komplex. Zum anderen müssten die Länder erstmal baureife Planungen erstellen. Auch könne ein Planfeststellungsverfahren für eine Straßenbahnstrecke sieben bis acht Jahre dauern.

Regionale Zuständigkeit sei Erfolgsmodell

Die Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr wurde 1996 vom Bund auf die Länder übertragen – diese sollten dafür auskömmlich finanziert werden. Schaefer nennt das ein „Erfolgsmodell“. Durch regionale Zuständigkeit und Wettbewerbsverfahren habe man die Leistungen mit den gleichen Geldbeträgen sogar verbessern können. „Aktuell laufen uns Ländern aber die Kosten davon“, beklagt Schaefer. Gründe seien beispielsweise hohe Energiepreise und steigende Löhne. Deshalb müsse der Bund die finanzielle Ausstattung der Länder verbessern. Den Vorwurf, Länder würden die Mittel unwirtschaftlich einsetzen, weist Schaefer zurück.

Richtig sei, dass die Länder formal die zuständigen Behörden als sogenannte „Aufgabenträger“ benennen, heißt es in der Pressemitteilung der VMK-Vorsitzenden. Das seien zum Beispiel Städte, Landkreise und Zweckverbünde, die dann für die Finanzierung und Organisation des ÖPNV zuständig seien. Gerade der hochwertige ÖPNV in den Ballungsräumen wird in der Regel lokal durch Fahrgelderlöse und durch kommunale Haushalte finanziert.

Der Bundesrechnungshof hat mit seinem Bericht auf die von den Ländern angestrebte Aufstockung der Regionalisierungsmittel reagiert – und auf die Pläne der Ampel-Koalition, den Nahverkehr aufzustocken. Rechnungshof-Präsident Kay Scheller spricht von einem „Förderdschungel“, der Bund habe keinen Gesamtüberblick über die von ihm eingesetzten Milliarden für den ÖPNV. Eine bloße Aufstockung der Bundesmittel lehnen die Rechnungsprüfer ab. Sie schlagen unter anderem ein ÖPNV-Gesetz vor, das Zuständigkeiten und Kontrollrechte neu regelt.

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