Verkehrsministerkonferenz

ÖPNV: Länder wollen Gratis-Fahrten statt Neun-Euro-Ticket

Carl-Friedrich Höck28. März 2022
Fahrten im Nahverkehr könnten bald deutlich billiger werden – zumindest für 90 Tage.
Wegen der hohen Benzinpreise will die Ampel-Koalition vorübergehend Billig-Tickets für den Öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) einführen. Für nur neun Euro im Monat soll man Bus und Bahn fahren können. Die Länder-Verkehrsminister*innen fordern sogar einen Nulltarif.

Die Verkehrsministerkonferenz (VMK) begrüßt die Pläne der Bundesregierung, rabattierte ÖPNV-Monatskarten einzuführen. Die Ampel-Koalition will es für die Dauer von drei Monaten ermöglichen, Monatskarten für nur neun Euro zu erwerben. Die Kosten für diese „9 für 90“-Tickets will der Bund übernehmen, indem er die Regionalisierungsmittel erhöht. Mit diesen beteiligt sich der Bund an den Kosten der Länder für den Öffentlichen Nahverkehr, insbesondere den Schienenverkehr.

Länder bevorzugen Nulltarif

Die Verkehrsminister*innen der Länder sehen in den Plänen einen wichtigen Beitrag, um nach mehr als zwei Pandemie-Jahren Fahrgäste für den Öffentlichen Nahverkehr zurückzugewinnen. Sie empfehlen jedoch, statt der Neun-Euro-Tickets einen auf drei Monate befristeten Nulltarif umzusetzen. Das würde den administrativen Aufwand minimieren, heißt es in einem Beschluss der VMK vom vergangenen Freitag. Die Finanzierung solle der Bund vollumfänglich übernehmen.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) sagte, es müsse jetzt darum gehen, die Tickets „schnell und unbürokratisch in den regionalen Verkehrsverbünden anzubieten“. Eine bundesweit einheitliche digitale Lösung würde dabei Zeit und Kosten sparen.

Günstige Tickets sind ein Experiment

Die Idee eines „9 für 90“-Tarifs wurde am 23. März als Teil eines Maßnahmenpakets vorgestellt, mit dem die Bundesregierung auf die rasant gestiegenen Energiekosten reagiert. Die Billig-Tickets sollen regelmäßige ÖPNV-Nutzer*innen finanziell entlasten und alle anderen dazu anregen, den Öffentlichen Nahverkehr als Alternative zum Auto auszuprobieren. Verkehrsminister Wissing erklärt, man wolle während der auf 90 Tage befristeten Maßnahme genau beobachten, welche Auswirkungen sie auf das Nutzer*innen-Verhalten hat: „Die Ergebnisse werden in unsere Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Erarbeitung eines Ausbau- und Modernisierungspaktes für den ÖPNV einfließen, um den ÖPNV auch langfristig zu verbessern.“

Unabhängig von der Diskussion um die vergünstigten Tickets hat die Verkehrsministerkonferenz weitere finanzielle Unterstützung gefordert. Zusätzliche Regionalisierungsmittel seien nötig, um den ÖPNV-Rettungsschirm von Bund und Ländern fortzusetzen. Der Bund solle zudem prüfen, ob er im Jahr 2022 eine Einmal-Hilfe in Höhe von 750 Millionen gewähren kann, um außergewöhnliche finanzielle Belastungen bei den Verkehrsmitteln abzufedern. „Wir haben im ÖPNV seit längerem steigende Personal-, Bau- und Energiekosten, die nicht weiter von den Ländern und Kommunen alleine geschultert werden können“, begründet die VMK-Vorsitzende Maike Schäfer die Forderungen.

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