Bauministerin Klara Geywitz

Ohne Kommunen ist Wärmewende nicht zu schaffen

Uwe Roth25. Juni 2022
Deutschland steht erst am Start einer dringend benötigten Wärmewende. In einem Podiumsgespräch machte Bundesbauministerin Klara Geywitz deutlich, dass diese ohne die Städte und Gemeinden nicht zu schaffen sein werde. Eine kommunale Wärmeplanung sei notwendig.

Die SPD-Politikerin war vom Managerkreis der Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) eingeladen worden, um das Thema Wärmewende unter dem sozialen Aspekt zu diskutieren. Tanja Wielgoß, Vorstandsvorsitzende der Vattenfall Wärme Berlin AG, und Rainer Tietzsch, Vorsitzende des Berliner Mietervereins, saßen ebenfalls auf dem Podium. Matthias Dümpelmann, Geschäftsführer 8KU und Sprecher der AG Umwelt & Energie im Managerkreis, führte das Gespräch.

Damit die Wärmewende gelingt, muss diese sozial sein, forderte die Ankündigung der Veranstaltung. Dafür ist Klara Geywitz angetreten. Die Einkommens- und Wohnsituation der Menschen zu berücksichtigen, sei eine selbstverständliche und zugleich herausfordernde Aufgabe für ihr Ministerium sowie das von Robert Habeck (Grüne) geführte Wirtschaftsministerium, sagte sie. Die Herausforderung sei bereits vor dem Erdgas-Entzug durch den russischen Präsidenten Vladimir Putin gewaltig gewesen. Die gewaltsam verursachte Energiekrise komme nun dramatisch und mit unabsehbaren Folgen on top.

Bauministerin lehnt Vorschrift zur Zimmertemperatur ab

Geywitz stellte klar, dass sie nicht die Bevölkerung dazu aufrufen werde, die Heizung abzustellen oder wenigstens den Thermostat stark herunterzudrehen. Das Empfinden von Wärme sei eine sehr persönliche Sache und eine Frage der Zufriedenheit, die über das rein körperliche Empfinden hinausgehe. Die in Potsdam geborene Politikerin erinnerte an den DDR-Spruch, „wir hatten zwar nüscht, aber es war immer schön warm.“ Das zeige, wie emotional das Thema bis heute besetzt sei. Nicht nur im Osten.

Sie treibe jedoch nicht nur die Sorge um, wie im nächsten Winter der Wärmebedarf für die Bevölkerung sichergestellt werden solle. Sorgen bereite ihr ebenso die steigende Nachfrage nach Kühlung, die immer notwendiger werde, um die Sommerhitze insbesondere in den Städten zu überstehen. Kühlung herzustellen, benötigt nicht weniger Energie als die Produktion von Wärme für Heizung und Warmwasser.

„Am Ende bezahlt der Mieter alles“

Die energetische Sanierung von Gebäuden ist kostenintensiv und zeitaufwendig, die Umstellung der Heizungsanlagen auf regenerative Energien nicht weniger. Staatliche Förderprogramme schaffen auch in Zukunft Anreize, solche Investitionen in Angriff zu nehmen. Der überwiegende Teil der Finanzierung kommt aber von den Eigentümer*innen einer Immobilie und Mieter*innen.

Tietzsch stellte klar, dass am Ende „der Mieter alles bezahlt“, was die Vermieter beschlössen. Die Mieter*innen hätten dabei keinen Einfluss auf den Umfang der Sanierung und die Wahl der Heizungsanlage. Sie könnten nicht kontrollieren, ob ihr Geld gut investiert sei. Der Vorsitzende des Mietervereins rät allein unter sozialen Gesichtspunkten davon ab, über Umlagen die Investitionen aufbringen zu wollen. Mietumlagen sind aus seiner Sicht höchst ineffizient.

Kommunale Wärmeplanung muss kommen

Wie aber bewältigt Deutschland die Wärmewende, ohne die Menschen mit wenig Einkommen, die meistens zur Miete wohnen, über Gebühr zu belasten? Bauministerin Geywitz setzt auf die Unterstützung der Kommunen. „Die Wärmewende wird teuer werden, insofern müssen wir im Quartier denken und die Kommunen mit einbeziehen. Dafür brauchen wir die kommunale Wärmeplanung“, stellte sie fest. Gleichzeitig bekräftigte die Bauministerin, dass unspezifische Förderprogramme der Vergangenheit angehörten. Bezuschusst werde nur noch, was erwiesenermaßen zur Verringerung der CO2-Belastung beitrage.

Matthias Dümpelmann machte in seinem Statement deutlich, wie sehr die Wärmewende noch am Anfang stehe. Ein Drittel des Primärenergiebedarfs gehe in den Wärmesektor. Die Gebäudewärme stehe mit fast 40 Prozent für den höchsten Energieverbrauchsanteil in Deutschland. Das Problem sei: Sanierungsfortschritte und Wohnflächenzuwachs saldierten sich bisher auf null. Die Wärmewende sei „in den letzten Jahren auf halber Strecke stehengeblieben“.

2040 als Ziel für volle Dekarbonisierung

Vattenfall-Vorständin konnte die eher mäßigen Zahlen für Berlin nur bestätigen. 80 bis 90 Prozent der Wärme werde nach wie durch fossile Brennstoffe erzeugt. Gas-Kraftwerke, die sowohl Wärme als auch Strom produzierten, seien hoch effizient. Wie sich dies bei den rasant steigenden Gaspreise weiter zu bewerten sei, bleibe abzuwarten. Das Unternehmen halte dennoch am Ziel fest, bis 2040 die volle Dekarbonisierung zu erreichen. Sie drücke aufs Tempo, denn auch in der Hauptstadt sei „eine echte Wärmeplanung noch nicht erfolgt“.

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