Hauptversammlung des Deutschen Städtetages

Olaf Scholz´ Botschaften an die deutschen Städte

Carl-Friedrich Höck24. Mai 2023
Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Hauptversammlung des Deutschen Städtetages
Migrationspolitik, Energiewende, Wohnungsnot und Digitalisierung: Bei all diesen Themen will Olaf Scholz gemeinsam mit den Kommunen neue Wege gehen. Was der Bundeskanzler auf der Hauptversammlung des Deutschen Städtetages sagte.

„Wir brauchen selbstbewusste und starke Städte und Kommunen, wenn wir gemeinsam neue Weg wagen“, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz am Mittwoch auf der Hauptversammlung des Deutschen Städtetages. Deutschland stehe vor großen Aufgaben. Was der SPD-Politiker den 1.300 Delegierten mitzuteilen hatte und welche Unterstützung er zusicherte – wir fassen die wichtigsten Aussagen zusammen.

Flüchtlingskosten: Mehr als eine Million Ukrainer*innen sind seit dem Kriegsausbruch nach Deutschland geflohen. „Sie aufzunehmen war und bleibt ein Gebot der Menschlichkeit“, unterstrich Scholz. Der Kanzler lobte die „beeindruckende Kraftanstrengung“ des gesamten Landes, von den ehrenamtlichen Helfer*innen über Landrät*innen, Bürgermeister*innen und Verwaltungen bis zu den Schulen, Kitas und Ministerien. Auch die Zahl der Asylsuchenden aus anderen Ländern hat in den vergangenen Monaten wieder zugenommen.

„Der Bund leistet seinen Teil dieser Unterstützung“, sagte Scholz. Nach seiner Rechnung wendet der Bund allein in diesem Jahr 15,6 Milliarden Euro für die Aufnahme und Integration Geflüchteter auf – und damit mehr als in den Jahren 2015 und 2016. Diese Summe beinhaltet unter anderem das Bürgergeld, das der Bund an Geflüchtete aus der Ukraine auszahlt. Auf der Ministerpräsident*innen-Konferenz am 10. Mai hat der Bund eine weitere Milliarde zugesagt. Die Kommunen wünschen sich eine andere Regelung. Städtetags-Präsident Markus Lewe erklärte im Gespräch mit dem Kanzler, es gehe den Städten darum eine dauerhafte Finanzierung hinzubekommen – mit einer Pauschalierung, sodass die finanzielle Unterstützung des Bundes sich stets nach der tatsächlichen Anzahl der Geflüchteten bemisst. Scholz konterte, ein solches „fluktualisierendes System“ habe er als Finanzminister schon 2018 den Ländern angeboten. Diese hätten das damals abgelehnt.

Migrationspolitik: Scholz will die Migration besser steuern und ordnen. „Nur wenn uns das gelingt, entlasten wir unsere Kommunen nachhaltig“, sagte er. Wer kein Bleiberecht habe, müsse Deutschland auch wieder verlassen. Der Kanzler bekannte sich unter anderem zu einer besseren Sicherung der EU-Außengrenzen und will neue Migrationspartnerschaften mit Ländern weltweit abschließen. „Unser Angebot ist klar und es ist fair“, so Scholz. Die Partnerländer sollen sich verpflichten, diejenigen zurückzunehmen, die kein Bleiberecht haben. Im Gegenzug biete die Bundesregierung an, dass Menschen, die gut qualifiziert sind, legal nach Deutschland kommen und hier arbeiten können. Mit dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz „schaffen wir eine der fortschrittlichsten Regelungen weltweit“, kündigte der Sozialdemokrat an. Lob dafür bekam er vom Vizepräsidenten des Städtetages Burkhard Jung. Gäbe es den Ukraine-Krieg nicht, wäre der Fachkräftemangel derzeit wohl das größte Debattenthema, mutmaßte der Leipziger Oberbürgermeister. „Wir begrüßen ausdrücklich dieses Gesetz, das die Bundesregierung auf die Reise schicken will“.

Klimaschutz, Energie- und Wärmewende: „Wir wollen, ja wir müssen klimaneutral werden, um den künftigen Generationen einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen“, stellte Scholz klar. Gleichzeitig solle Deutschland eine führende Industrienation bleiben. Um das zu erreichen, müssten unter anderem vier bis fünf neue Windräder an Land gebaut werden – pro Tag. Auch der Ausbau von Solaranlagen müsse schneller gehen. „Das ist machbar, davon bin ich überzeugt.“ Dafür sei aber ein gemeinsamer Kraftakt aller politischen Ebenen notwendig. Dass es auch schnell gehen könne, habe der Bau von LNG-Terminals im vergangenen Jahr gezeigt. Dem Ausbau der Erneuerbaren Energien müsse auch in den Gesetzen Vorrang eingeräumt werden, forderte der Kanzler. Kommunen sollten mehr Spielräume erhalten. Mit dem Wind-an-Land-Gesetz sei das bereits geschehen, Kommunen könnten nun leichter Flächen für Windkraftanlagen ausweisen. Neue Wege wolle die Bundesregierung auch bei der Wärmewende wagen. Sie arbeite an einem Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung und fördere effiziente Wärmenetze mit drei Milliarden Euro.

Nachhaltige Mobilität: Bis zum Jahr 2030 sollen 15 Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen fahren. Die Bundesregierung habe deshalb gerade ein Ladeinfrastrukturgesetz beschlossen, sagte Scholz. „Da sind die Kommunen mit einer großen Aufgabe herausgefordert.“ Das neue Deutschlandticket für den Öffentlichen Nahverkehr wertete der Bundeskanzler als Beleg, was man gemeinsam schaffen könne. Sieben Millionen Menschen hätten ein Abo abgeschlossen, davon zwei Millionen Neukunden. Scholz: „Was für ein Erfolg für unsere Klimaziele und den Öffentlichen Nahverkehr!“

Wohnungsbau: Das Ziel, mehr Wohnungen zu schaffen, sei durch den sprunghaften Anstieg der Bauzinsen nicht leichter geworden, räumte Scholz ein. In den 1970er Jahren seien aber schon einmal 800.000 Wohnungen pro Jahr gebaut worden. Damals habe der Bauzins sogar bei neun Prozent gelegen. Die Bundesregierung tue, was sie könne, etwa mit Fördermitteln und Abschreibungsmöglichkeiten. Es würden aber auch private Investor*innen gebraucht, merkte Scholz an.

Digitalisierung: Bis zum Jahr 2025 wolle man die Hälfte aller Haushalte ans schnelle Glasfasernetz anschließen, bekräftigte Scholz. Wo sich der Ausbau unter wirtschaftlichen Aspekten nicht lohne, „helfen wir mit staatlicher Förderung nach.“

Bürokratie: „Neue Regeln müssen Prozesse einfacher und schneller machen, nicht komplizierter“, sagte der Bundeskanzler. Ein neues Bürokratieentlastungsgesetz sei in Arbeit, der Bund habe dazu auch die Expertise des Städtetages und andere Verbände eingeholt. Bund und Länder berieten zudem über die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren.

Kommunale Altschulden: Das Problem werde angegangen, versprach Scholz. „Jetzt reden wir mit allen Seiten, wie wir die nötige Mehrheit erreichen können.“ Gebraucht werde eine verfassungsrechtliche Grundlage, also eine Grundgesetz-Änderung. Deshalb brauche man einen breiten überparteilichen Konsens, „der sich bisher nicht hergestellt hat, aber an dem wir intensiv arbeiten“.

Hauptversammlung des Deutschen Städtetages 2023

Alle zwei Jahre kommen die Delegierten des Deutschen Städtetages zu einer Hauptversammlung zusammen. Gastgeberstadt war in diesem Jahr Köln.

Die Wahl des Präsidiums ergab: Präsident des kommunalen Spitzenverbandes bleibt Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU). Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) wurde zum Vizepräsident gewählt und bekommt mit Bonns Oberbürgermeisterin Katja Dörner (Bündnis 90/Die Grünen) eine weitere Vizepräsidentin zur Seite gestellt.

Zum ersten Stellvertreter des Präsidenten wählten die Delegierten Heidelbergs Oberbürgermeister Eckart Würzner. Er hat das Amt seit 2021 inne. Als weitere Stellvertreter*innen wurden die folgenden Oberbürgermeister*innen gewählt: Ulf Kämpfer (Kiel), Sibylle Keupen (Aachen), Eva Weber (Augsburg), Pit Clausen (Bielefeld), Belit Onay (Hannover), Uwe Conradt (Saarbrücken) und Katja Wolf (Eisenach).

Die Delegierten haben eine „Kölner Erklärung” verabschiedet (hier als PDF). Demnach wollen die Städte sich für gesellschaftlichen Zusammenhalt einsetzen, Digitalisierung und Klimaschutz vorantreiben und Geflüchteten Schutz und Zuflucht geben. Die Erklärung befasst sich außerdem mit den Themen Fachkräftemangel, Bildung, bezahlbarer Wohnraum und Veränderung der Innenstädte.

Der Deutsche Städtetag er vertritt nach eigenen Angaben alle kreisfreien und die meisten kreisangehörigen Städte. In ihm haben sich rund 3.200 Städte und Gemeinden mit rund 53 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern zusammengeschlossen.

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