Deutscher Kommunalkongress

Was die Parteien den Kommunen vor der Wahl versprechen

Carl-Friedrich Höck20. Juni 2017
Angela Merkel auf dem DStGB-Kommunalkongress
Angela Merkel auf dem DStGB-Kommunalkongress
Wie stehen die verschiedenen Parteien zum Kooperationsverbot, zur Digitalisierung oder Integration? Das zeigte der DStGB-Kommunalkongress auf. Dort äußerte sich erst die Kanzlerin, dann legten vier Bundestagsabgeordnete dar, was ein Wahlerfolg ihrer jeweiligen Partei im September für die Kommunen bedeuten würde.

Die Bundestagswahl naht in großen Schritten. Das Wahlergebnis wird auch darüber mitentscheiden, wie der Bund künftig die Kommunen unterstützt und welche Aufgaben er ihnen aufbürdet. Wie stellen sich die verschiedenen Parteien die künftige Zusammenarbeit mit Städten und Gemeinden vor? Das wurde am Dienstag auf dem Kommunalkongress des Deutschen Städte- und Gemeindebundes (DStGB) deutlich.

Den Auftakt machte die Bundeskanzlerin persönlich. Während einer halbstündigen Rede stellte Angela Merkel dar, wie sie sich die kommenden Regierungsjahre vorstellt. Insgesamt stünden die Kommunen finanziell gut da, führte sie aus. Die Haushaltsüberschüsse seien in der Summe deutlicher als erwartet. Der Bund brauche aber Mittel und Wege, um finanzschwachen Kommunen zu helfen. „Wir müssen darüber nachdenken, wie wir das im Bedarfsfall hinbekommen.“ Das sei nicht mit dem Königsteiner Schlüssel zu schaffen. Einen Vorschlag präsentierte die Kanzlerin jedoch nicht.

Merkel will einen Portalverbund und schnelles Internet

Konkret ging Merkel dafür auf den geplanten digitalen Portalverbund für alle deutschen Verwaltungen ein. Bund und Länder haben sich im Zuge der Finanzreform auf einen rechtlichen Rahmen geeinigt. Nun müsse die Regierung in der kommenden Legislaturperiode in einen Dialog mit den Kommunen treten, um zu besprechen, wie das Portal ausgestaltet werden könne. „Wir wissen, dass die Vielfalt der Leistungen auf kommunaler Ebene stattfindet“, betonte die Regierungschefin.

Die Infrastruktur will Merkel insbesondere im digitalen Bereich weiter ausbauen. Ein flächendeckendes Netz mit 50 Mbit-Verbindungen werde in den kommenden Jahren erreicht, nun müsse man „in den nächsten acht Jahren die Gigabit-Ausrollung hinbekommen.“ Insgesamt müsse Deutschland ein attraktiver Wirtschaftsstandort bleiben und „alles tun, damit die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten erhalten bleibt“, so Merkel. Ausdrücklich verteidigte Kanzlerin das Ziel einer schwarzen Null im Haushalt, man müsse „solide und nachhaltig wirtschaften“. Mit Blick auf das Publikum lässt sich die Aussage durchaus als vorsichtigen Hinweis deuten, dass die Kommunen keine auf Pump finanzierten Wohltaten erwarten sollten.

SPD will kommunale Finanzkraft stärken

Blick auf das Podium. Foto: Bernhard Link

„Wenn wir nicht übers Geld reden, sind wir uns alle einig“, bemerkte der Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch wenig später süffisant. In einer Podiumsdebatte erläuterten vier Bundestagsabgeordnete die Schwerpunkte ihrer Parteien für die anstehende Wahl. Der Sozialdemokrat Bernhard Daldrup betonte: Der begonnene Weg zur Stärkung der kommunalen Finanzkraft müsse weitergegangen werden. Auch müssten die Kommunen weiter bei den Sozialausgaben entlastet werden. Drittens müsse geklärt werden, wie der Bund mit der Verschuldung finanzschwacher Kommunen umgeht. „Es geht um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse“, unterstrich der SPD-Politiker.

Die Debatte drehte sich um verschiedene Themen – im Folgenden eine Zusammenfassung:

Flüchtlinge und Integration

Ralph Brinkhaus (CDU) forderte einerseits eine Verstetigung der finanziellen Mittel für Kommunen, will aber „auch bei den Ursachen ansetzen“, also den Fluchtgründen. Menschen ohne Bleibeperspektive sollen nicht mehr in die Verantwortung der Kommunen übergeben werden. Bernhard Daldrup (SPD) erinnerte daran, dass man in den 1990ern schon einmal eine ähnliche Situation gehabt gehabt habe. „Da haben wir sie auch als Kommunen bewältigt“, später habe man die Städte und Gemeinden aber hängen lassen. Das dürfe sich nicht wiederholen. Und: „Integration darf keine Angelegenheit sein, die nur staatlich finanziert wird.“ Sie müsse auch im Arbeitsmarkt gelingen – dazu brauche es einen Dialog.

Christian Kühn (Grüne) forderte ein Einwanderungsgesetz – der Forderung stimmte Daldrup zu – und wandte sich gegen Beschränkungen beim Familiennachzug. Dieser erst ermögliche Integration. Bartsch von der Linken verwies auf eine Mitverantwortung Deutschlands für Flüchtgründe, etwa durch den Export von Waffen oder subventionierten Lebensmitteln.

Kooperationsverbot

Bernhard Daldrup Kommunalkongress DStGB
Bernhard Daldrup, kommunalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion. Foto: Bernhard Link

Mit den jüngsten Grundgesetzänderungen wird das Verbot der Kooperation von Bund und Ländern für den Bildungsbereich etwas aufgebrochen. Geht es nach dem CDU-Politiker Brinkhaus, bleibt dies eine Ausnahme. Wenn Länder für ihre Aufgaben zu wenig Geld hätten, müsse man das über die Umsatzsteuer regeln. Daldrup hielt dagegen: Es gehe ja darum, gezielt finanzschwachen Kommunen unter die Arme zu greifen. Wenn die Notwendigkeit da ist, müsse der Bund eine „Verantwortung für das Ganze“ übernehmen und etwa gleiche Bildungschancen überall ermöglichen. Von einer höheren Umsatzsteuer würden derzeit eher die finanzstarken Kommunen profitieren.

Ähnlich äußerten sich Kühn („Wir wollen das Kooperationsverbot auf Bundesebene weiter aufbrechen“) und Bartsch („Wir wollen eine Gemeinschaftsaufgabe Bildung grundgesetzlich verankern“).

Schere zwischen leistungsstarken und finanzschwachen Kommunen

Brinkhaus forderte eine „Renaissance der Politik für den ländlichen Raum“. Dort müssten etwa notfalls auch einzügige Schulen erhalten bleiben und die Möglichkeiten der Digitalisierung, etwa bei der Telemedizin, genutzt werden. Sonst zögen noch mehr Menschen in die Ballungsräume und verschärften dort die Probleme, etwa die Wohnungsnot. Bartsch konterte mit einem Verweis auf die zwölfjährige Regierungszeit der CDU. Über das Thema Digitalisierung etwa werde seit Jahren geredet, aber zu wenig getan.

Daldrup forderte, die regionale Wirtschaftsförderung weiterzuentwickeln. Zudem müsse der kommunale Entscheidungsspielraum erhalten bleiben – als Beispiel nannte er die Gewerbe- und die Grundsteuer. Da seien auch die Bundesländer gefragt. Große Aufgaben für Kommunen seien neben der Zuwanderung auch der demografische Wandel und die Digitalisierung. Hier dürfe die Veränderungs- und Anpassungsfähigkeit in der Gesellschaft nicht zu sehr auseinanderklaffen. Und Kühn versprach, die Grünen würden die Kommunen „ganz gezielt bei der Daseinsvorsorge unterstützen“ und mehr Geld für die Verkehrsinfrastruktur – etwa gute Bahnverbindungen – bereitstellen.

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