Kommunalpanel 2022

Pessimistischer Blick auf Finanzlage

Uwe Roth16. Mai 2022
Investitionen in Neubauten belasten die Kommunen so schwer wie selten.
Florian Gaertner/photothek.de
Das Geld in den Haushalten fehlt, und der Investitionsstau wächst. Das hat die jüngste Befragung der KfW zur Lage der Finanzen bei den Städten und Gemeinden ergeben. Die Stimmung in den Rathäusern ist dem Bericht zufolge eher düster.

Die KfW hat am Montag das Kommunalpanel 2022 veröffentlicht. Chefvolkswirtin Dr. Fritzi Köhler-Geib präsentierte die Ergebnisse der jüngsten Befragung der Städte und Gemeinden zur finanziellen Lage mit einem durchgängig skeptischen Unterton. Dieser lautet in der Zusammenfassung: Die Stimmung in den Rathäusern sei „deutlich pessimistisch“ – trotz der „eigentlich guten Gesamtsituation“. Mit der Corona-Pandemie, den Flutkatastrophen und dem Ukraine-Krieg reihe sich bereits über mehrere Jahre hinweg eine Krisensituation an die nächste. Die Krise drohe, zu einem Dauerzustand zu werden, warnte sie. Wobei die Krisen-Anfälligkeit unter den Kommunen höchst unterschiedlich ausfalle.

Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund zeigte sich vom jüngsten Kommunalpanel alarmiert. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg teilte in einer Erklärung mit: „Die aktuellen Zahlen belegen, dass wir uns um die Lage und Perspektiven der Kommunalfinanzen große Sorgen machen müssen.“ Mit finanziell angeschlagenen Kommunen, die nicht handlungs- und investitionsstark seien, „werden wir die Krisen nicht meistern können und laufen Gefahr, die Zukunft unseres Landes zu verspielen“, so Landsberg.

Unsicherheiten werden sie "massiv verstärken"

Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) hatte die kommunalen Finanzverantwortlichen im vierten Quartal vergangenen Jahres befragt. Deren Antworten ließen keine andere Schlussfolgerung zu als diese: Beim Blick in die Zukunft überwiegt Pessimismus. Mehr als zwei Drittel der Befragten antworteten in dieser Richtung. Etwa die Hälfte gab an, dass das laufende Jahr finanziell schlechter laufe als erwartet. Die Rückmeldungen passen zu den Prognosen der KfW. Aus ihrer Sicht werden sich die Unsicherheiten in den Haushalten der Städte, Gemeinden und Kreise „massiv verstärken“.

Positiv gestimmte Finanzverantwortliche sind die Ausnahme. Freud und Leid sind im Bundesgebiet allerdings unterschiedlich verteilt. Beispiel Einnahmen- und Ausgabenwachstum: Mecklenburg-Vorpommern ist mit einem Minus von knapp sechs Prozent abgeschlagenes Schlusslicht. Der Bundesschnitt liegt bei etwa plus einem Prozent. An der Spitze steht mit einem dicken Plus von über sechs Prozent Rheinland-Pfalz – und das wegen nur eines Unternehmens in Mainz: Biontech. Dicht dahinter folgt in der Rangfolge Baden-Württemberg.

Preise im Tiefbau um fast ein Drittel gestiegen

Den Kommunen fehlt es an Geld für Investitionen, nicht zuletzt wegen der Preisentwicklung im Bau und beim Energie-Einkauf. Seit 2015 sind nach KfW-Berechnungen die Preise im öffentlichen Tiefbau um knapp 30 Prozent gestiegen. Fast die Hälfte der Kommunen geben an, dass der Anstieg der Energiepreise eine Mehrbelastung bedeute, die aber schwer darstellbar sei. Fünf Prozent sagen, die Preissteigerungen fielen nicht ins Gewicht. Der Befragung zufolge wandten die Kommunen im Jahr 2020 im Mittel rund 1,5 Prozent ihrer Ausgaben für Wärme, Strom und Treibstoff auf. Dieser Anteil stieg bis 2022 um rund ein Drittel auf zwei Prozent. Wegen der weiter gestiegenen Energiepreise müssen die Städte und Gemeinden zukünftig Einsparungen wohl bei vielen Haushaltsposten vornehmen, mutmaßt der Städte- und Gemeindebund.

Weil vielerorts die Finanzen fehlen, wird kaum mehr als notwendig investiert. Im Jahresvergleich 2021/2022 steigen die Investitionen leicht von 38,3 auf 40,6 Milliarden Euro. Die Steigerung geht im Wesentlichen auf zusätzliche Mittel aus dem kommunalen Haushalt für Schulen und Straßen zurück. „Die kommunalen Investitionen bleiben unter dem Substanzerhalt“, stellte Chefvolkswirtin Köhler-Geib fest. Der „wahrgenommene Investitionsrückstand“ stieg nach ihren Angaben im vergangenen Jahr um zehn Milliarden Euro auf nunmehr knapp 160 Milliarden Euro. Darunter leiden am heftigsten Schulen, Straßen und die Gebäude, die der Kommunen selbst gehören.

Eigenmittel sind unsicher geworden

„Die Kommunen haben ihr Tafelsilber bereits verkauft“, sagte die Chefvolkswirtin und stellte weiter fest: „Kredite und Fördermittel gewinnen bei der Investitionsfinanzierung an Bedeutung, weil Eigenmittel unsicher sind.“ 46 Prozent der Befragten gaben an, sie verfügten über weniger liquide Mittel als noch 2021. Ebenso viele gaben an, sie würden verstärkt auf Kommunalkredite zurückgreifen. Doch Köhler-Geib warnte: „Der kommunalen Kreditfinanzierung sind aber Grenzen gesetzt, nicht zuletzt durch die steigenden Zinsen.“

Ihr Lösungsvorschlag lautete: „Stabile und krisenfestere kommunale Einnahmen sind das Fundament der notwendigen Investitionen.“ Der Finanzierungsanteil von Steuereinnahmen an den Gesamtausgaben lag 2021 im Schnitt bei unter 40 Prozent. „Wir müssen deshalb stärker daran arbeiten, die Kommunalfinanzen auf stabile Säulen zu stellen, damit die Kommunen in Zukunft unabhängiger von der wirtschaftlichen Großwetterlage ihre Aufgaben vollumfänglich leisten können“, so Köhler-Geib abschließend.

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